Die Zukunft der Industrie im Saarland hängt laut Wirtschaftsminister Jürgen Barke am Einsatz von Atomstrom. Um grünen Stahl wettbewerbsfähig produzieren zu können, brauche es realistische Lösungen – nicht Ideologie. Wasserstoff allein aus erneuerbaren Energien werde nicht in ausreichender Menge bereitstehen. Deshalb solle auch französischer Atomstrom zum Einsatz kommen. „Wir müssen pragmatisch handeln, nicht ideologisch“, so Barke beim Sommergespräch in der Staatskanzlei (saarbruecker-zeitung: 06.08.25).
Ohne Atomstrom keine Versorgungssicherheit
Grüner Stahl setzt grünen Wasserstoff voraus – doch dieser steht derzeit nicht im nötigen Umfang bereit. Die saarländische Stahlindustrie, insbesondere Dillinger Hütte und Saarstahl, plant dennoch die vollständige Umstellung. Um Versorgungsengpässe zu vermeiden, will Barke Atomstrom aus Frankreich in der Übergangszeit einbinden. „Da gehört Atomkraft dazu“, betont er.

Die EU-Kommission stuft Atomstrom offiziell als grün ein. Fachlich gesehen handelt es sich bei der Nutzung in der Elektrolyse um roten oder violetten Wasserstoff – die chemische Methode bleibt identisch. Entscheidend ist die Herkunft der Energie. Ohne diese Alternative droht der Zeitplan zur CO₂-Reduktion zu kippen.
Förderfristen laufen, CO₂-Kosten steigen
Die Bundesregierung hat Milliarden für die klimafreundliche Transformation zugesichert. Doch die Fördergelder sind an klare Fristen gekoppelt. Verzögerungen beim Wasserstoff-Ausbau könnten Förderzusagen entwerten. Gleichzeitig steigen durch die CO₂-Bepreisung die Kosten für herkömmliche Produktionsverfahren. Barke warnt vor dieser doppelten Belastung.
„Wenn die CO₂-Belastung die größte Herausforderung für den Planeten ist – was ich nicht infrage stelle –, dann müssen wir die Industrieproduktion über CO₂-freie Herstellungsverfahren aufrechterhalten.“ Übergangstechnologien seien dabei unverzichtbar.
Gipfeltreffen für Stahl gefordert
Um Klarheit zu schaffen, fordert Barke einen Stahlgipfel. Politik und Industrie sollen gemeinsam die nächsten Schritte festlegen. Dabei richtet sich sein Appell nicht nur an Kanzler Friedrich Merz, sondern auch an Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reich. Barke ist überzeugt: „Im grünen Stahl stecken deutlich mehr Chancen als Risiken.“ Deutschland könne technologische Maßstäbe setzen – sofern der politische Rahmen stimme.
Für eine stabile Wasserstoffversorgung sieht Barke Frankreich als kurzfristigen Partner. Langfristig müsse der günstige Wasserstoff jedoch aus Nordafrika oder Südspanien kommen. Eine europäische Strategie sei daher dringend erforderlich.
Atomstrom als Teil des Transformationsmodells
Atomstrom bleibt für Barke auch übergangsweise ein zentraler Faktor. Nur so lasse sich der Umbau zur klimaneutralen Stahlproduktion mit Verlässlichkeit organisieren. Die aktuelle Bundesregierung denke zwar ordnungspolitisch, doch das allein reicht nicht. „Man kann sich die Zukunft der Industrie nicht nur mit Subventionen erkaufen.“
Für den Minister zählt jetzt die Umsetzung. „Wir brauchen jetzt Rahmenbedingungen, wir müssen jetzt Prozesse umsetzen.“ Die neue Bundesministerin solle zeigen, dass sie mehr als nur Verwaltung wolle. „Das ist, was ich einfordere.“ Für Barke steht außer Frage: „Das Schicksal der deutschen Industrie entscheidet sich nicht erst in zehn Jahren, sondern heute.“
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