Der Chef der Atomenergiebehörde spricht Klartext: Deutschland kann sich der Kernkraft nicht mehr verschließen. Ohne das richtige Wetter hat Deutschland einen der schmutzigsten Strommixe Europas. Eine Neuausrichtung der Energiepolitik ist nötig. Die Regierung muss die Debatte um Atomstrom wieder aufnehmen. Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), brachte diese Botschaft auf der Uno-Klimakonferenz in Baku deutlich zum Ausdruck. Der Schritt wäre „logisch und rational“, so Grossi gegenüber deutschen Journalisten (nzz: 18.11.24).
Klimafreundliche Emissionsbilanz im Fokus
Die Vorteile der Atomkraft sind offensichtlich, sagt Grossi: „Länder, die Atomenergie haben, wollen mehr davon. Und viele, die keine haben, wollen sie.“ Nur Deutschland hat sich vollständig zurückgezogen. Kritiker könnten meinen, es sei naheliegend, dass ein Vertreter der Atombranche für diese Technologie wirbt. Doch die Fakten sprechen für sich.
Der Zeitpunkt seiner Äußerungen ist nicht zufällig gewählt. Deutschlands Wirtschaft leidet unter Energieproblemen, während sich die Regierung mit internen Streitigkeiten aufreibt. Der politische Fokus lag zuletzt auf den Auseinandersetzungen innerhalb der Ampelkoalition, während der Strommarkt immer neue Schwächen zeigte.
Strompreise explodieren während politischer Turbulenzen
Am Abend des 8. Novembers explodierten die Börsenstrompreise. Der Wert kletterte auf über 800 Euro pro Megawattstunde – ein drastischer Anstieg. Hauptgrund war das Wetter: Kein Wind, keine Sonne, und die Erneuerbaren lieferten kaum Energie. In solchen „Dunkelflauten“ greift Deutschland auf Gas und Kohle zurück, obwohl diese Ressourcen eigentlich ausgemustert wurden.
Fossile Brennstoffe lieferten Anfang November 71 Prozent des deutschen Stroms – ein Wert, der seit über einem Jahrzehnt nicht mehr erreicht wurde. Im Vergleich dazu war der deutsche Strom 17-mal emissionsreicher als der französische. Dort sorgen Atomkraftwerke für konstante und saubere Energie.
Fortschritt blockiert durch Ideologie
Die Kritik an Atomkraft ist nicht unbegründet. Bauprojekte sind oft teurer und verzögern sich. Besonders in den Sommermonaten, wenn Solarenergie im Überfluss verfügbar ist, bleibt Atomstrom oft unrentabel. Doch in der Atomforschung tut sich einiges: Investitionen in modulare Kleinreaktoren boomen, vorangetrieben von US-Tech-Konzernen. Diese Reaktoren könnten die benötigte Grundlast liefern, die Erneuerbare nicht garantieren können.
Deutschland verweigert sich bei der Energiepolitik solchen Entwicklungen. Neue Technologien werden nicht einmal in Betracht gezogen, was in Anbetracht der Klimaherausforderungen unverantwortlich ist.
Politische Akteure fordern Kurswechsel
Einige Parteien erkennen den Handlungsbedarf. Die CDU und FDP plädieren für eine Kehrtwende in der Energiepolitik. Sollte eine neue Regierungsbeteiligung diese Forderungen umsetzen, könnte ein sinnvoller Energiemix entstehen. Angesichts der drängenden Klima- und Wirtschaftsprobleme kann eine ideologisch motivierte Blockade nicht länger bestehen.
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