Regierung nimmt Kürzungspläne bei Bauern teilweise zurück – Protest geht weiter

Angesichts massiver Proteste der Landwirte nimmt die Bundesregierung einen Teil ihrer Kürzungspläne im Agrarbereich im Haushalt 2024 zurück. Die Begünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft bleibt anders als geplant erhalten, wie die Regierung am Donnerstag mitteilte. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung für Agrardiesel erfolge nun schrittweise bis 2026. Die Bauern halten das nicht für ausreichend und wollen weiter protestieren.


Koalition lenkt bei Agrardiesel ein: Fair oder wirtschaftlicher Irrsinn

Die Ampel-Regierung hatte nach langem Ringen im Dezember als Folge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts milliardenschwere Kürzungen im Etat für 2024 verkündet. Sie trafen zu einem Teil die Bauern, die darauf Großproteste starteten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) einigten sich nun auf Änderungen am ursprünglichen Haushaltskompromiss, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit mitteilte. Die Regierung will die Steuerbegünstigung für Agrardiesel demnach in diesem Jahr nur noch um 40 Prozent und nicht ganz kürzten. 2025 und 2026 folgen dann jeweils nochmals Verringerungen um je 30 Prozent, bis zur kompletten Abschaffung.

Die nun gefundene Lösung sei „ein guter und fairer Weg“, erklärte Wirtschaftsminister Habeck. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (gleichfalls Grüne) betonte, eine überproportionale Belastung der Land- und Forstwirtschaft sei „damit vom Tisch“. Finanzminister Lindner sagte „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“, die Koalition nehme Hinweise auf eine wirtschaftliche Überforderung der Betriebe ernst. Deshalb werde der Subventionsabbau nun „zeitlich gestreckt“.

Einlenken im Agrarhaushalt 2024: Regierung reagiert auf Massenproteste der Landwirte mit überraschenden Änderungen
Einlenken im Agrarhaushalt 2024: Regierung reagiert auf Massenproteste der Landwirte mit überraschenden Änderungen
Bild: JOHN MACDOUGALL / AFP

Streit um Agrarsubventionen: Bauern gegen Greenpeace und Politik

Der Deutsche Bauernverband hält die teilweise Rücknahme der Kürzungspläne für „unzureichend“. „Dies kann nur ein erster Schritt sein“, erklärte Präsident Joachim Rukwied. „Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch.“ Es gehe um die Zukunftsfähigkeit der Branche. An den Protesten gegen die Streichung von Subventionen in der kommenden Woche will der Bauernverband deshalb festhalten.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte diese Position „völlig unverständlich“. „Dem Verband scheint es weniger um die Sache zu gehen, sondern ums Prinzip“, erklärte ihr Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter. „Auch die Landwirtschaft, die jährlich mit Milliarden an Steuergeldern subventioniert wird,  muss einen Beitrag leisten, um die Klimaschutzziele in Deutschland zu erreichen“.

Der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Albert Stegemann (CDU), kritisierte hingegen weiter „eine massive Belastung“ für Landwirtschaftsbetriebe. Es sei „Augenwischerei, wenn die Ampel jetzt eine radikale Kürzung abschwächt“, sagte er dem Portal t-online.


Überraschende Haushaltsänderungen: Plastikabgabe, Bahninvestitionen und mehr

Die Spitzenvertreter der „Ampel“ einigten sich auch auf weitere Änderungen am Haushaltskompromiss. Demnach wird die geplante Umstellung bei der EU-Plastikabgabe auf den 1. Januar 2025 verschoben. Sie wird bisher aus dem Haushalt beglichen und sollten eigentlich bereits dieses Jahr von den Herstellern und dem Handel – und damit letztlich von den Verbrauchern – gezahlt werden.

Als Beitrag „zur Deckung des zusätzlichen Investitionsbedarfs bei der Deutschen Bahn“ soll diese nach der Vereinbarung der Ampel-Spitzenvertreter bis 2029 „mit Eigenkapitalerhöhungen im Umfang von insgesamt 20 Milliarden Euro gestärkt werden“, erklärte Hebestreit weiter. In den Jahren 2024 und 2025 sind demnach „jeweils Eigenkapitalerhöhungen von 5,5 Milliarden Euro vorgesehen“. Dazu sollten Beteiligungserlöse eingesetzt werden.

Die am Donnerstag verkündeten Änderungen verringern das bisher vorgesehene Einsparvolumen im Haushalt um 2,5 Milliarden Euro, wie Hebestreit erklärte. Im Gegenzug sollen demnach Einnahmen aus der Wind-Offshore-Ausschreibung im Jahr 2023 im Umfang von 780 Millionen Euro nun in den Bundeshaushalt fließen. Zudem ist ein zusätzlicher Einsparbeitrag im Etat des Landwirtschaftsministeriums von 100 Millionen Euro vorgesehen. Der Rest soll durch Spielräume im Haushalt ausgeglichen werden.

Die Bundesregierung strebt den Angaben zufolge an, den Haushalt 2024 noch im Januar im Bundestag zu beschließen. Der Bundesrat könnte demnach am 2. Februar 2024 „das Gesetzgebungsverfahren dann abschließen“.

AFP

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