Kürzlich haben Spanien, Portugal und Deutschland Pläne angekündigt, die riesige iberische LNG-Regasifizierungs- und Speicherindustrie mit anderen europäischen Märkten über eine neue Gaspipeline zu verbinden. Während Bundeskanzler Scholz argumentierte, dass der iberische Gasmarkt direkt mit seinen europäischen Nachbarn verbunden werden sollte, um einen größeren Versorgungsengpass in diesem Winter zu vermeiden, scheinen französische Politiker über den Vorschlag nicht erfreut zu sein. Es scheint, dass Paris den Schritt entweder nicht für notwendig hält oder einige interne politische und wirtschaftliche Einwände gegen die Pläne hat.(oilprice.com, 18.08.2022)
Bau der Gaspipeline bereits 2019 gescheitert
Die Äußerungen von Bundeskanzler Scholz Mitte August zum Aufbau einer Gasleitungsverbindung zwischen Spanien und Mitteleuropa stießen sowohl in Spanien als auch in Portugal auf Begeisterung. Berlin ist bestrebt, die Risiken eines möglicherweise sehr kalten Winters und einer wirtschaftlichen Rezession zu verringern. In einer Reaktion letzte Woche forderte der portugiesische Premierminister Antonio Costa die europäischen Staats- und Regierungschefs auf, das Pipeline-Projekt uneingeschränkt zu unterstützen. Auch der spanische Industrieminister Reyes Maroto sicherte die volle Unterstützung Madrids für die Pläne zu.
Beide Länder könnten mit ihren enormen LNG-Regasifizierungs- und Speichervolumina dazu beitragen, der russischen Bedrohung für andere EU-Mitgliedsländer entgegenzuwirken. Das bereits vorhandene LNG und auch neue Mengen könnten über eine neue Pipeline nach Frankreich und weiter transportiert werden. Gleichzeitig wird auch über eine neue Gaspipeline zwischen Spanien und Italien diskutiert, bei der Frankreich aufgrund der Einwände gegen den ersten Plan umgagen werden würde. Die Hauptthemen in dieser Diskussion sind ökologischer und wirtschaftlicher Art. Das Pipeline-Projekt, das ursprünglich 2013 versucht wurde, wurde im Januar 2019 aus denselben Gründen abgebrochen. Wäre das Projekt damals nicht gescheiter, stünden die europäischen Gasmärkte heute in einer weitaus besseren Verfassung.
Derzeit baut sich der Druck auf Frankreich auf, da Deutschland und viele andere nordwest- und mitteleuropäische Länder in den kommenden Monaten mit einer potenziellen Gaskrise konfrontiert sind. Die Einrichtung der Pyrenäenroute ist viel praktikabler als eine Unterwasserverbindung zwischen Spanien und Italien. Die voraussichtlichen Kosten des neuen Projekts liegen bei etwa 600 bis 700 Millionen Euro. Eine Unterwasserverbindung wäre deutlich teurer.
Spanien und Portugal setzten früh auf LNG-Terminals
Der iberische Gasmarkt war in den letzten Jahrzehnten ein seltsamer Markt. Der historisch kritisierte Ansatz Spaniens, eine übermäßige LNG-Regasifizierungs- und Speicherkapazität aufzubauen, scheint nun klug gewesen zu sein. Die Iberische Halbinsel erhält nicht nur LNG aus aller Welt, sondern ist auch über Pipelines mit Algerien verbunden, was bedeutet, dass eine Vielzahl von Zufahrten vorhanden sind. Es gibt jedoch keine Hauptverbindung zwischen der iberischen Gaspipeline-Infrastruktur und dem Rest Europas. Spanien verfügt über sechs LNG-Regasifizierungsanlagen, darunter die größte Europas in Barcelona. In Portugal steht ebenfalls eine. Die Iberische Halbinsel hält rund 30 % der gesamten europäischen LNG-Verarbeitungskapazität.
Jetzt werden alle Augen auf das wiederbelebte Pipeline-System gerichtet sein. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass es für den kommenden Winter oder sogar den folgenden bereit sein wird. Der erste Versuch, diese Pipeline durchzusetzen, wurde 2013 unternommen, um Katalonien mit Südostfrankreich zu verbinden, aber französische Einwände und fehlende Finanzierung machten sie zunichte.
Kurzfristige Umsetzung nicht möglich
Der Optimismus in spanischen Zeitungen und der Politik, dass diese Pipeline innerhalb von 8-9 Monaten gebaut werden könnte, ist sehr seltsam. Die Verbindung Frankreich-Spanien würde die Verlegung eines weiteren Pipelineabschnitts erfordern, um das spanische Netz mit dem französischen zu verbinden, dessen normaler Umsetzungszeitraum zwischen 2 und 2,5 Jahren liegt, wenn alles nach Plan läuft. Umweltschützer und andere NGOs müssten gezwungen werden, sich nicht in das Projekt einzumischen. Der spanische Netzbetreiber Enagas stellte klar, dass die Pipeline mit Kosten von 600 bis 700 Millionen Euro in 2 1/2 Jahren fertig gestellt werden könnte.
In den kommenden Monaten werden wahrscheinlich weitere dieser hochkarätigen Projekte vorgestellt. Höchstwahrscheinlich werden auch Griechenland oder Italien ähnliche Ambitionen öffentlich machen. Doch während die Politiker glauben wollen, dass es eine sofortige Lösung geben kann, sieht die Marktrealität oft ganz anders aus. Beim Bau eines großen Gaspipeline-Projekts geht es nicht nur um Geld und Umweltprobleme. Technische Fragen und realistische Zeitrahmen spielen eine wichtige Rolle. Insbesondere Deutschland, die Niederlande und Mitteleuropa, werden sich damit auseinandersetzen müssen, dass es für die aktuelle Krise keine kurzfristigen Lösungen gibt. In den nächsten Jahren, wird Europa unter einer Gas- und möglicherweise sogar einer Energieknappheit leiden. Es gibt keine kurzfristigen Lösungen, um die russische Gasdominanz auf den EU-Märkten zu beseitigen.
LNG Liefermengen werden sich reduzieren
LNG-Mengen, die derzeit Nordwesteuropa und andere Orte überschwemmen, werden in den nächsten Monaten wahrscheinlich zurückgehen. Die Konkurrenz aus Asien, dem Nahen Osten und Lateinamerika wird das Angebot beeinträchtigen. Der Optimismus in europäischen politischen Kreisen ist immer noch derselbe, unrealistisch. Brüssel muss eine echte Energiestrategie entwickeln und alle verfügbaren Lösungen unterstützen.
Auch die Hoffnung Europas, dass US-LNG weiterhin in den derzeitigen Mengen nach Europa fließen wird, ist fehl am Platz. Die ersten Anzeichen für US-LNG auf dem Weg nach Asien sind bereits sichtbar. Die politische Zukunft von US-Präsident Biden ist auch an die Erdgaspreise für US-Verbraucher gekoppelt. Das bedeutet, dass der Druck auf US-Politiker zunehmen wird, mehr Erdgas im Inland zu behalten.
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