Die Europäische Union fordert seit Jahren hohe Strafzahlungen von Autoherstellern, die mehr Kohlendioxid (CO₂) ausstoßen als erlaubt. Ein rechtliches Gutachten von Martin Kment, Professor an der Universität Augsburg, zeigt nun, dass diese Milliardenstrafen möglicherweise unrechtmäßig sind. Bereits 2008 kritisierten prominente Politiker wie Markus Söder und Christian Wulff diese Maßnahmen. Söder, damals bayerischer Staatsminister, argumentierte, dass Bußgelder die Preise für Autos in die Höhe treiben würden. Auch rechtliche Grundlagen für diese Strafen fehlten seiner Meinung nach (welt: 07.08.24).
Neues Gutachten belegt: EU kassiert zu Unrecht Milliardenstrafen von Autobauern
Nach der Sitzung des Bundesrats im März 2008 setzte die EU Flottengrenzwerte fest. Zunächst durften Neuwagen durchschnittlich nur 130 Gramm CO₂ pro Kilometer ausstoßen. Heute sind es 95 Gramm, und ab 2035 sollen es null sein. Diese Regelung bedeutet faktisch das Ende der herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Hersteller, die diese Vorgaben nicht einhalten, müssen hohe Strafen zahlen.
Laut Kments Gutachten zieht die EU seit 2009 zu Unrecht Milliarden von Autoherstellern ein. Diese Praxis sei nicht durch die europäischen Verträge gedeckt. Auch die Überführung der Strafzahlungen in den EU-Haushalt widerspreche den Verträgen.
EU-Milliardenstrafen möglicherweise illegal – Gutachten enthüllt mögliche Rückerstattungen für Autobauer
UNITI, ein Verband für synthetische Kraftstoffe, beauftragte das Gutachten. Kment stellte fest, dass nur die Mitgliedstaaten die Befugnis haben, Strafen für verfehlte Klimaziele zu verhängen. Die EU selbst habe kein Recht dazu. Andere Juristen teilen diese Ansicht und halten es für möglich, dass betroffene Unternehmen Anspruch auf Rückerstattung haben könnten.
E-Fuels als mögliche Alternative
Das Thema E-Fuels gewinnt in der Debatte an Bedeutung. Diese synthetischen Kraftstoffe könnten eine Lösung sein, um den Verbrennungsmotor zu retten. Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing setzte sich für eine Ausnahmeregelung ein, damit Autos, die mit E-Fuels betrieben werden, auch nach 2035 zugelassen bleiben. Technisch wäre es möglich, Autos so umzurüsten, dass sie nur mit E-Fuels fahren können. Sensoren könnten den Unterschied zwischen herkömmlichem Kraftstoff und E-Fuels erkennen und den Motor entsprechend steuern.
Politisch bleibt die Lage jedoch kompliziert. Die EU-Kommission war lange gegen E-Fuels und lenkte erst auf Druck der konservativen Fraktionen im EU-Parlament ein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht in ihrem Programm von einem technologieneutralen Ansatz, bei dem auch E-Fuels eine Rolle spielen sollen. Dennoch ist die genaue Rolle von E-Fuels weiterhin unklar.
Effizienz und rechtliche Hürden
Die Effizienz von E-Fuels im Vergleich zu Elektroautos ist ein weiterer Streitpunkt. Die NGO Transport & Environment rechnete vor, dass E-Fuel-Autos fast fünfmal weniger effizient seien als Elektroautos. Die Herstellung von E-Fuels verbraucht große Mengen Strom, wesentlich mehr als für das Laden von Elektrofahrzeugen benötigt wird.
Zusätzlich gibt es rechtliche Unsicherheiten. Noch ist unklar, wie E-Fuels in die Flottengrenzwerte eingerechnet werden sollen. Die EU bewertet Autos nach den Emissionen, die aus dem Auspuff strömen. E-Fuels gelten trotz ihrer klimaneutralen Herstellung als schmutzig, weil sie bei der Verbrennung CO₂ freisetzen.
Kment kritisiert diesen Ansatz und betont, dass die EU nur einen Teil der Emissionen berücksichtigt, nämlich jene beim Fahren. Elektroautos gelten als sauber, obwohl ihre Stromquelle nicht immer umweltfreundlich ist. Die EU ignoriert, ob der Strom für ein Elektroauto aus Windkraft oder Kohle stammt, solange das Auto selbst kein CO₂ ausstößt.
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