Das Jahr 2023 brachte für das deutsche Stromnetz eine Herausforderung mit sich: Die Kosten für die Bewältigung von Netzengpässen beliefen sich auf knapp 3,1 Milliarden Euro. Diese Summe unterstreicht die finanziellen Auswirkungen, die durch die unzureichende Kapazität der Übertragungsnetze entstehen. Windräder in Norddeutschland mussten ihre Produktion drosseln, da die existierenden Netze den Transport des erzeugten Stroms in den verbrauchsintensiven Süden nicht bewältigen konnten. Die Anzahl der Engpässe ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Bundesnetzagentur liefert mit ihrer jüngsten Statistik Einblicke in diese Entwicklung (spiegel: 08.04.24).
Netzengpässe 2023: Warum Deutschlands Windräder stillstehen und Ihre Stromrechnung steigt
Die finanziellen Folgen dieser Engpässe im deutschen Stromnetz sind erheblich. Die Kosten, die durch das Abregeln von Stromerzeugern und die Aktivierung alternativer Kraftwerke entstehen, werden über die Netzentgelte an die Verbraucher weitergegeben. Im Jahr 2023 gingen mehr als 19 Terawattstunden Strom aufgrund von Netzkapazitätsengpässen verloren, was in etwa vier Prozent der gesamten Stromproduktion Deutschlands entspricht.
Besonders betroffen von den Abschaltungen waren Windparks, sowohl offshore als auch onshore. Diese Situation zwang dazu, insbesondere Kohle- und Gaskraftwerke in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zu aktivieren, die sonst nicht zum Einsatz gekommen wären. Diese mussten zusammen gut 14 Terawattstunden Strom zusätzlich erzeugen, um den Ausfall zu kompensieren. Dies verdeutlicht die paradoxale Situation, in der trotz einer Zunahme erneuerbarer Energien vermehrt auf fossile Brennstoffe zurückgegriffen werden musste.
Gründe für die Netzengpässe und ihre Bewältigung
Die räumliche Trennung zwischen der Erzeugung von Windenergie und den Gebieten mit hohem Strombedarf stellt eine zentrale Herausforderung dar. Windkraftanlagen, die primär in Norddeutschland errichtet werden, sind oft weit entfernt von den süddeutschen Verbrauchszentren. Diese geografische Diskrepanz führt zu einer Überlastung der Übertragungsnetze. Die Infrastruktur, die wie Stromautobahnen das Land durchzieht, stößt an ihre Kapazitätsgrenzen. Der Ausbau dieser Netze hat nicht mit dem rasanten Wachstum der erneuerbaren Energien Schritt gehalten, was zu den besagten Verzögerungen und Effizienzverlusten führt.
Trotz einer Zunahme der Engpassmengen konnte im Jahr 2023 eine Reduktion der Kosten verzeichnet werden. Dies ist vor allem auf die Entspannung der Energiemärkte zurückzuführen. Die Preise für wichtige Brennstoffe wie Steinkohle und Erdgas sind gesunken, ebenso die Großhandelspreise für Strom. Diese Entwicklung trägt dazu bei, die finanziellen Auswirkungen der Netzengpässe zu mildern. Doch dieser positive Aspekt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass strukturelle Probleme im deutschen Stromnetz bestehen bleiben.
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