Europas Marktführer bei Wärmepumpen, der Heizungsbauer Viessmann, hat beschlossen, das lukrative Segment an den US-Konzern Carrier Global zu verkaufen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat angekündigt, den Deal genau zu prüfen. Er betonte, dass es wichtig sei, sicherzustellen, dass die Vorteile der deutschen Energiepolitik und die damit erzielten Gewinne auch weiterhin dem Standort Deutschland zugutekommen. Es herrscht allerdings eine eher entspannte Stimmung, da die Aufregung vermutlich deutlich größer wäre, wenn ein chinesischer Konkurrent Viessmann übernommen hätte (Fr: 04.05.23). In der Branche geht die Furcht um, dass sich das Photovoltaik-Debakel bei den Wärmepumpen wiederholen könnte.
Wärmepumpenbranche kämpft mit Wettbewerb aus Asien: Befürchtungen, dass sich das Photovoltaik-Debakel wiederholt
Die Wärmepumpenbranche in Deutschland hat mit starkem Wettbewerb zu kämpfen, insbesondere aus China und den USA, die als die gefährlichsten Konkurrenten gelten. Diese Geräte spielen eine entscheidende Rolle bei der Wärmewende und sind in ganz Europa auf dem Vormarsch. Bisher wurden die Wärmepumpen für den deutschen Markt hauptsächlich in Deutschland hergestellt. Jedoch drängen mehrere Hersteller aus China, Japan, Südkorea und den USA auf den boomenden Markt. Es ist auch zu beobachten, dass immer mehr Komponenten aus Asien stammen, hauptsächlich Chips aus Taiwan und andere Teile aus der Volksrepublik China.
Besteht bei den Wärmepumpen die Gefahr, dass sich das Photovoltaik-Debakel wiederholt? Vor einigen Jahren stürzte die deutsche Photovoltaik-Branche aufgrund eines Überangebots an preisgünstigen Anlagen von staatlich subventionierten Herstellern aus China ab. Der deutsche Marktanteil von weltweit rund 20 Prozent fiel dramatisch ab, beginnend ab 2008. Viele Anbieter gingen pleite und Bosch löste seine Solarsparte auf. Dieses Ereignis verdeutlichte, wie schnell eine solide Wettbewerbsposition verloren gehen kann. Damals wollte der Staat nicht unterstützend eingreifen. Dies hat sich nun geändert: Sowohl die Regierung in Berlin als auch die Europäische Union sind sich bewusst, dass sie angesichts subventionierter Wettbewerber in den Schlüsseltechnologien der Zukunft auch selbst Geld in die Hand nehmen müssen.
Konkurrenz für die Wärmepumpenbranche in Europa: Anbieter aus Asien und den USA im Vormarsch
Björn Schreinermacher, der Leiter Politik beim Bundesverband Wärmepumpe, betont, dass niemand das Negativbeispiel der Photovoltaik-Industrie wiederholen möchte, da es allgegenwärtig präsent ist. „Wir befinden uns in einer heiklen Übergangsphase, wo wir die ganze Zeit auch gucken müssen, wie die Wettbewerber sich aufstellen“, fügt er hinzu. Obwohl europäische Wärmepumpenhersteller in einigen Bereichen, insbesondere bei wassergeführten Wärmepumpensystemen, führend bei der Technologie sind, ist dieser Vorteil nicht von Dauer, da Wettbewerber aus Asien und Nordamerika dank der dortigen Subventionen schnell aufholen können.
In den USA ist einer der Anbieter für Wärmepumpen Carrier Global. Bekannte Unternehmen aus Japan sind Daikin und Mitsubishi. Der riesige Mischkonzern Samsung aus Südkorea, der hierzulande eher durch seine Smartphones bekannt ist, produziert ebenfalls Wärmepumpen für den Export. Außerdem gehören große Haushaltsgerätehersteller wie Gree, Midea oder Haier zu den größten Wärmepumpenlieferanten Chinas. China hat bislang vor allem Europa im Visier, insbesondere bei den Luftwärmepumpen, die es auch im Inland immer häufiger einsetzt. Im ersten Halbjahr 2022 stiegen Chinas Exporte von Luftwärmepumpen stark an. Laut eines Berichts der staatlichen China Daily erhöhte sich allein nach Bulgarien das Volumen mehr als siebenmal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Nach Polen war es das Fünffache und nach Italien das Dreifache.
Wärmepumpen erleben Boom in Europa und Deutschland mit starkem Wachstumspotential
Die EU ist ein attraktiver Markt für Wärmepumpen, da er derzeit mit 35 Prozent das schnellste Wachstum aller Regionen der Welt aufweist. Die Internationale Energie-Agentur (IEA) prognostiziert für 2030 einen jährlichen Absatz von bis zu sieben Millionen Geräten, im Vergleich zu zwei Millionen im Jahr 2021. Auch in China boomt die Technologie, dort wurden laut IEA im Jahr 2021 rund 13 Millionen Wärmepumpen installiert.
In Deutschland wurden im vergangenen Jahr etwa 236.000 Wärmepumpen verkauft, was einer Steigerung von 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Deutsche Hersteller erwirtschafteten 2022 rund 2,8 Milliarden Euro. Die Bundesregierung hat das Ziel, jährlich 500.000 Stück zu verkaufen. Um dies zu erreichen, investieren die Hersteller in den Ausbau ihrer Kapazitäten. Vaillant erhöhte seine Kapazität durch die Eröffnung einer Mega-Fabrik in Senica, Slowakei, um jährlich 300.000 Wärmepumpen auf insgesamt mehr als eine halbe Million Geräte. Auch Viessmann plant, bis 2025 eine Milliarde Euro in den Ausbau seiner Produktion zu investieren.
Viessmann Group plant durch Fusion mit Carrier „globalen Erfolg im Klimaschutzmarkt“
Max Viessmann, CEO der Viessmann Group, bekannt, dass sein Familienunternehmen nicht mehr allein tätig sein möchte. Er sagte: „Wir können die weltweite Energiewende nur erfolgreich meistern, wenn Unternehmen global denken, handeln und zusammenarbeiten.“ Die Fusion mit Carrier führe zu einem „zukunftssicheren“ globalen Anbieter von Klimaschutzlösungen. „Durch den Zusammenschluss entsteht aus einer Position der Stärke heraus ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt.“
Viessmanns Worte verpacken den Deal positiv, zeigen aber doch den ganzen Respekt, der in der Branche vor den künftigen Wettbewerbern herrschen muss. Noch liege der Anteil Chinas auf dem deutschen Markt nur bei gut 20 Prozent, teilt der Bundesverband Wärmepumpe unter Berufung auf das Fraunhofer-Institut mit. Doch so hatte es bei der Photovoltaik auch angefangen. Der Verband und die Hersteller drängen daher auf staatliche Unterstützung. „Der Wettbewerb in der Wärmepumpen-Industrie wird sich auch über den Preis entscheiden – und daher sind Subventionen schon entscheidend“, sagt Schreinermacher. Auch in Europa läuft eine Kampagne für eine Antwort auf die Subventionen der USA, Chinas und anderer Staaten. Die Angst, dass sich das Photovoltaik-Debakel bei den Wärmepumpen wiederholt, ist groß.
Unsicherheit nach Fusion von Viessmann und Global Carrier in der Wärmepumpenbranche
Derzeit ist noch unklar, welche Auswirkungen die Fusion von Viessmann und Global Carrier haben wird. Könnte Carriers großes Kapital dazu beitragen, die nötige Größe zu erreichen, um asiatische Konkurrenz abzuwehren? Oder könnte das Unternehmen in erster Linie daran interessiert sein, einen europäischen Konkurrenten auszuschalten? Carrier-Chef David Gitlin betonte jedoch, dass sie gekommen seien, um in Deutschland zu investieren, in die Belegschaft zu investieren und in Wachstum zu investieren.
Die Bundesregierung betrachtet das Zusammengehen von Viessmann und Global Carrier nicht als Rückschlag für die Wärmepumpen-Branche. Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, dass es vielmehr zeige, dass deutsche Hersteller über Know-how für zukunftsweisende Technologien verfügten und internationales Kapital anzögen. Wirtschaftsminister Habeck widersprach einem Vergleich zur deutschen Solarindustrie und erklärte, dass das Vorhaben im Rahmen der vorgesehenen Prüfschritte geprüft werde und er im Gespräch mit dem Verkäufer und dem Investor sei. Das Ziel sei, dass das Projekt der Wirtschaft und dem Standort Deutschland zugutekomme. Das Statement zeigt aber auch, dass im Wirtschaftsministerium die Angst umgeht, dass die Wärmepumpenindustrie durchaus aus Deutschland abwandern könnte und ähnlich wie das Photovoltaik-Debakel enden könnte.
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