Massiver Stellenabbau in der Autoindustrie und das ist erst der Anfang

Die deutsche Autoindustrie rutscht tiefer in die Krise. Binnen eines Jahres ging die Zahl der Beschäftigten von 780.000 auf 744.000 zurück. Das entspricht einem Rückgang um 4,6 Prozent. Besonders hart trifft es die Zulieferer, deren Mitarbeiterzahl um zehn Prozent eingebrochen ist. Neue Zahlen des Verbands der Automobilindustrie (VDA) zeigen: Die Branche nähert sich einem Tiefstand, wie ihn Deutschland zuletzt in den 1990er-Jahren gesehen hat (welt: 04.04.25).


Zulieferer der Autoindustrie besonders stark betroffen

Während die großen Hersteller wie VW, BMW oder Mercedes noch vergleichsweise glimpflich davonkommen, spitzt sich die Lage bei den Zulieferbetrieben dramatisch zu. Dort hängt ein Unternehmen am anderen – eine lange Kette, in der jede Schwächung nach unten durchschlägt. Viele kleine Betriebe sehen sich mittlerweile in ihrer Existenz bedroht. Wenn Großkonzerne wie Volkswagen ankündigen, jede vierte Stelle in Deutschland abzubauen, schrumpfen automatisch auch die Aufträge für Zulieferer. Gleichzeitig plant VW eine Halbierung der Werkskapazitäten im Inland. Das zieht weite Kreise.

Die Autoindustrie hat bereits mehrere Zehntausend Stellen gestrichen – doch Experten rechnen mit noch deutlich größeren Entlassungswelle
Die Autoindustrie hat bereits mehrere Zehntausend Stellen gestrichen – doch Experten rechnen mit noch deutlich größeren Entlassungswelle

Die Lage hat sich nicht plötzlich verschärft. Seit Jahren deuteten sinkende Beschäftigungszahlen auf einen langsamen Abschwung hin. Doch nun zeigt der Trend ungebremst nach unten. Laut VDA beschäftigt die Zulieferindustrie so wenige Menschen wie zuletzt 1995. Auch Bosch und ZF Friedrichshafen planen umfassende Kürzungen. Der Strukturwandel trifft nicht nur einzelne Firmen, sondern das gesamte industrielle Gefüge.

Transformation frisst Arbeitsplätze in der Autoindustrie

Zwei Entwicklungen gelten als Haupttreiber des Umbruchs: die Elektromobilität und die zunehmende Digitalisierung. Beide führen zu automatisierten Prozessen und weniger Bedarf an Fachkräften. „Dass Arbeitsplätze in der Automobilindustrie im Zuge der Transformation entfallen, ist nicht neu und immer klar gewesen“, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Zwar bemühen sich Unternehmen um sozialverträgliche Lösungen, doch die aktuellen Zahlen liegen weit über dem, was als normaler Wandel gelten könnte.

Zusätzlich schwächelt die europäische Konjunktur. Zwar stiegen die Verkaufszahlen leicht auf 16,1 Millionen Fahrzeuge, doch die Produktion sank. Vor allem internationale Wettbewerber, allen voran Hersteller aus China, drängen aggressiv auf den europäischen Markt und nehmen deutschen Anbietern spürbar Marktanteile ab. Gleichzeitig fehlt es an politischen Gegenmaßnahmen, die dem Standort den Rücken stärken könnten.

Wirtschaftspolitische Impulse gefordert

Für Hildegard Müller ist klar: Deutschland braucht eine wirtschaftspolitische Trendwende. „Während der Rest der Welt mit konkreten Programmen und Reformen die Wettbewerbsfähigkeit stärkt und somit Unternehmen und Investitionen lockt, werden Deutschland und Europa in Standort-Rankings zunehmend durchgereicht.“ Neben Investitionen müssten strukturelle Reformen erfolgen – insbesondere zugunsten des industriellen Mittelstands. Dieser gilt als Rückgrat der Branche, leidet aber unter Energiepreisen, Fachkräftemangel und einer wachsenden Bürokratielast.

Auch das Ifo-Institut bestätigt den negativen Trend. Das Beschäftigungsbarometer sank im März auf 92,7 Punkte – der niedrigste Stand seit Monaten. Vor allem in der Industrie verringert sich die Zahl der Arbeitsplätze stetig. Seit fast zwei Jahren hält diese Entwicklung an. Die leichte Erholung in anderen Branchen reicht nicht aus, um den massiven Abbau in der Industrie aufzufangen.


Die Prognose für die Autoindustrie bleibt düster

Insgesamt schrumpft das Fundament, auf dem die Autoindustrie jahrzehntelang gewachsen ist. Laut einer Analyse der Beratungsfirma EY fiel der Umsatz der Branche im Jahr 2024 um fünf Prozent auf 536,1 Milliarden Euro. Zwar lag das Vorjahr auf Rekordniveau, doch der Abwärtstrend setzt sich fort. Der Reformdruck steigt.

Ein Ende des Stellenabbaus ist nicht in Sicht. Stattdessen drohen neue Kürzungswellen, die sich durch sämtliche Ebenen der Lieferkette ziehen. Die Branche kämpft nicht nur gegen technologische Umbrüche, sondern auch gegen politische Untätigkeit und globale Konkurrenz. Die Zahlen liefern ein deutliches Signal: Ohne entschlossenes Gegensteuern rutscht die deutsche Autoindustrie weiter in die Krise.

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Zuletzt aktualisiert am Januar 14, 2025 um 21:39 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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