Seit Januar gelten erstmals CO2-Flottengrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge in Europa. Die Logistikbranche steht dadurch unter massivem Veränderungsdruck. Ohne gezielte politische Entlastung drohen ein Investitionsstopp, milliardenschwere Strafzahlungen und ein drohender Zusammenbruch weiter Teile der Branche. Speditionen und Hersteller kämpfen mit technischen, finanziellen und bürokratischen Hürden, die kaum zu bewältigen sind (welt: 11.06.25).
Logistikbranche im Würgegriff der Klimapolitik
Die neuen Grenzwerte erzwingen eine schrittweise Reduktion der CO2-Emissionen: minus 45 Prozent bis 2030, minus 65 Prozent bis 2035 und minus 90 Prozent bis 2040 im Vergleich zu 2019. Hersteller sollen mehr emissionsfreie Fahrzeuge anbieten, während Spediteure ihre Flotten modernisieren müssen. Hohe Kosten erschweren diesen Wandel erheblich.

Der Branchenverband Acea warnt vor gravierenden finanziellen Konsequenzen. Praktisch jeder große europäische Lkw-Hersteller – darunter Daimler Trucks, Volvo, Scania und MAN – steht vor milliardenschweren Strafzahlungen. Noch fahren über 90 Prozent aller neu zugelassenen Lkw mit Dieselmotor. Der Anteil elektrisch aufladbarer Fahrzeuge liegt bei nur 3,5 Prozent.
Marktverzerrung durch hohe Anschaffungskosten
Auch bei Reisebussen bleibt der Umstieg zäh: Über 60 Prozent rollen weiterhin mit Dieselantrieb. Die Nachfrage nach klimafreundlichen Alternativen stagniert. Ursache sind die deutlich höheren Anschaffungskosten. Ein batterieelektrischer oder wasserstoffbetriebener Lkw kostet bis zu 2,5-mal mehr als ein Dieselmodell.
Besonders kleinere Unternehmen, die das Rückgrat der Logistikbranche bilden, verfügen selten über ausreichendes Kapital. Ein flächendeckender Umstieg erscheint unter diesen Bedingungen kaum machbar. Der politisch geforderte Technologiewechsel droht am Markt zu scheitern. „Berlin wirft die Branche ins kalte Wasser“, so der Tenor in Brüssel.
CO2-Abgabe und Regulierungen als zusätzliche Belastung
Der nationale Emissionshandel hat die Kraftstoffpreise deutlich erhöht. Seit Einführung der CO2-Abgabe im Jahr 2021 stieg der Preis pro Tonne von 25 auf 55 Euro. Für Logistikunternehmen bedeutet das höhere Betriebskosten – allein 2025 kamen etwa drei Cent pro Liter Diesel hinzu.
Zudem setzen neue Gesetze wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) viele Betriebe weiter unter Druck. Über 1.000 Kennzahlen müssen erfasst, geprüft und gemeldet werden. Zeit und Ressourcen gehen dadurch verloren.
Bürokratie lähmt Arbeitsprozesse
Besonders deutlich zeigen sich die Auswirkungen im Betriebsalltag. Fahrer und Disponenten verbringen laut einer Studie der International Road Transport Union (IRU) bis zu 30 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Dokumentationspflichten. Die eigentliche Transportleistung leidet erheblich unter dem wachsenden Verwaltungsaufwand.
Kleine und mittelständische Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Ohne Fördermaßnahmen oder realistischere Übergangsfristen könnte der Umbau zur emissionsfreien Mobilität für viele Unternehmen das Aus bedeuten.
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