Lieferengpässe für fast alles – das sind die Ursachen

In nahezu allen Branchen fehlt der Nachschub für Waren. Die Ursache für die Lieferengpässe ist allerdings nicht unbedingt der Mangel an den entsprechenden Produkten, sondern hauptsächlich die weltweit fehlenden Transportkapazitäten. Das globale Transportsystem ist aus dem Takt gekommen und es wird noch lange dauern bis es wieder richtig funktioniert.


Containerschiffe stauen sich vor den Häfen der Welt

In der San Pedro Bay vor Kalifornien stauen sich kilometerweit die Frachtschiffe aus China. Die Schiffe warten auf die Einfahrt in die Häfen von Los Angeles und Long Beach. Dabei kommt es zu Wartezeiten von bis zu zwei Wochen, bis die Schiffe nach Ankunft in die Häfen einlaufen können und dadurch auch zu Lieferengpässe im ganzen Land.

Die beiden Häfen haben den zehngrößten Containerumsatz der Welt. An zahlreichen anderen Häfen der Welt zeigt sich das gleiche Phänomen. Im Oktober lagen 386 Containerschiffe vor dem größten Hafen der Welt Shanghai und dem welweit drittgrößten Hafen in Ningbo-Zhoushan an der chinesischen Ostküste. Auch in Großbritannien Häfen stauen sich immer mehr Containerschiffe mit Wartezeiten von über einer Woche bis zur Entladung.

Lieferengpässe für fast alles - das sind die Ursachen. Corona, Blockade des Suezkanals und Brexit Stören die weltweite Lieferketten
Lieferengpässe für fast alles – das sind die Ursachen. Corona, Blockade des Suezkanals und Brexit Stören die weltweite Lieferketten

Unternehmen beklage mangelnden Nachschub

Es gibt unterschiedliche Gründe für die Staus an den Häfen, aber alle Staus führen zur gleichen Auswirkung. Sie stören die weltweite Logistikkette massiv. Deshalb kommen bestellte Produkte und Rohstoffe nicht termingerecht beim Handel, Lieferanten und Endkunden an. Der „US Supply Constraint Indicator“ hat den höchsten Wert seit über 20 Jahren erreicht. Dieser Indikator misst die Abhängigkeit der US-Wirtschaft vom Mangel an Waren und Rohstoffen. Nach einer Umfrage des Ifo-Instituts klagen mittlerweile fast 70 Prozent der deutschen Industrieunternehmen über mangelnden Nachschub.


Lieferengpässe führen zu Kurzarbeit und Infaltion

Mangel an Nachschub wirkt sich natürlich auch auf die Beschäftigung und vor allem auf die Preise aus. In Deutschland stieg die Zahl der Kurzarbeiter im Oktober von 504.000 auf 580.000 an. Dazu kommt, dass die Lieferprobleme die Inflation beschleunigen. Wenn sich das Angebot reduziert steigen zwangsläufig auch die Preise für die betroffenen Produkte. Aber auch die Frachtkosten steigen enorm, denn die Kosten für die Containerschiffe verteilen sich auf weniger transportierte Ware. Durch die langen Liegezeiten vor den Häfen haben sich die Kosten für eine Containerverschiffung von Shanghai nach Rotterdam dieses Jahr bereits um 600 Prozent erhöht.

Kreislauf im weltweiten Containerverkehr gestört

Vor Corona lief der internationale Warenverkehr auf den Weltmeeren in einem ständigen Kreislauf nahezu störungsfrei. Schiffe, die in China beladen wurden fuhren Häfen in USA und Europa an, wurden dort entladen und mit neuen Containern wieder beladen, die dann nach China gebracht wurden. Die Liegezeiten in den Häfen beschränkte sich ausschließlich auf die Zeit zum Entladen und Beladen.

Mit dem Corona-Ausbruch in China kam das System 2020 aus dem Takt. Während China bereits Fabriken schloss, hat man im Rest der Welt immer noch weiter konsumiert. Dadurch begannen sich leere Container in den Häfen anzusammeln, die am anderen Ende der Welt dringend zum Beladen benötigt wurden. Da die weltweite Anzahl an Containern aber begrenz ist fehlten diese dann in den Ländern in denen es noch keine Einschränkungen durch Corona gab.

Dazu kam dann noch die mehrtägige Blockade des Suez-Kanals im März. Zusammen mit dem wochenlang gesperrten Kanal führten die coronabedingten Produktionsausfälle in China zu ersten Komplikationen im Transportsystem auf allen Kontinenten.


Lockdown in Europa und Brexit verschärfen Situation zusätzlich

Danach kamen die ersten Lockdowns in Europa, durch die sich wiederum die Entladezeiten der Schiffe in den Häfen verzögerte. Dazu zeigen sich auch noch Auswirkungen des Brexits, die zu weiteren Problemen führten. In Großbritannien fehlten plötzlich tausende von Lkw-Fahrern, die ihren Aufenthaltsstaus verloren haben. Dies führte sogar soweit, dass die Belieferung von Tankstellen nicht mehr gewährleistet war, obwohl es in den Raffinerien genug Kraftstoff gab.

Stromausfälle in China verschärfen Situation zusätzlich

Ein weiterer Faktor der zur Störung der Lieferketten beitrug waren großflächige Stromausfälle in wichtigen Industrieregionen Chinas. Dies führte zu längeren Produktionsausfällen und Verzögerungen bei der Be- und Entladung in den betroffenen Häfen. Wir haben darüber bereits in unserem Artikel „Großflächige Stromausfälle in China“ berichtet.

Störung der Logistikkette dauern noch Monate

Die weltweiten Staus vor den Häfen aufzulösen wird nach Angaben von Logistikexperten mindestens noch vier bis sechs Monate dauern. Deshalb rechnet auch die deutsche Industrie noch mit Lieferengpässen bis zum Sommer 2022. Dadurch wir auch die Inflation in diesem Zeitraum weiter hoch bleiben und eventuell auch noch weiter steigen. Unter Umständen muss man demnächst auch bei uns in bestimmten Bereichen aufgrund der Lieferengpässe mit leeren Verkaufsregalen rechnen.


Kurzfristige Lösung nicht in Sicht

Das Problem lässt sich allerdings nicht so schnell lösen. Denn die Kapazität der Häfen zu erhöhen ist eher eine langwierige Angelegenheit. Den Transport eher auf die Schien zu verlagern wird ähnlich lange dauern. Gleichzeitig bekommen wir das gleiche Problem wie Großbritannien, denn der größte Teil unserer LKW-Fahrer hat bald die Altersgrenze erreicht und es fehlt an Nachwuchs. Der Job ist unattraktiv, sowohl von den Arbeitsbedingungen, als auch von der Bezahlung. Die Logistik-Unternehmen müssen hier langfristig attraktivere Bedingungen bieten. Auch das wird zu höheren Transportkosten und somit zur Verteuerung für den Endverbraucher führen. Um den Logistikkreislauf weniger störanfällig zu gestalten müsste weltweit wieder mehr vor Ort produziert werden. Letztendlich wäre das auch viel umweltfreundlicher, als die Waren um die halbe Welt zu verschiffen und würde auch zu weniger Abhängigkeit von Drittstaaten führen. Billiger wird es für den Verbraucher aufgrund unserer höheren Löhne aber nicht werden.

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