Xellia Pharmaceuticals, letzter europäischer Hersteller bestimmter Antibiotika-Wirkstoffe, verlagert große Teile seiner Produktion nach China. Die traditionsreiche Fabrik in Kopenhagen schließt dauerhaft. Die „Financial Times“ berichtet, dass damit der einzige EU-Standort für einige lebenswichtige Substanzen entfällt. Rund 500 Arbeitsplätze in Dänemark gehen verloren. Einzig das Werk in Budapest bleibt vorerst bestehen und dient als kostengünstigerer Ersatz (ft: 06.05.25).
Rückschlag für Europas Antibiotika-Souveränität
Die Europäische Union versucht seit Jahren, die Abhängigkeit von außereuropäischen Herstellern zu verringern. Doch dieser Schritt konterkariert diese Strategie massiv. Schon heute stammen etwa 80 Prozent der pharmazeutischen Wirkstoffe aus China. Mit dem Verlust der Xellia-Fabrik droht der EU der Zugriff auf essenzielle Antibiotika-Wirkstoffe zu entgleiten. Das verbliebene Werk in Budapest kann diese Lücke kaum füllen, auch wenn es vorerst weiterarbeitet.

Wirtschaftlicher Druck und zunehmende Konkurrenz aus Asien haben Xellia zu diesem Schritt bewogen. Nur durch Standortverlagerung lasse sich die Wettbewerbsfähigkeit noch sichern. Europa verliert damit nicht nur Produktionskapazitäten, sondern auch strategisches Know-how.
CEO fordert Subventionen zum Schutz der Versorgung
Michael Kocher, Geschäftsführer von Xellia, betont die strukturellen Probleme. Solange staatlich finanzierte Gesundheitssysteme keine höheren Preise für Generika akzeptieren, sehen sich europäische Hersteller gezwungen, nach Asien auszuweichen. Ohne Subventionen, so Kocher, lasse sich der Verlust der Arzneimittelproduktion nicht aufhalten. Viele der betroffenen Stoffe stünden auf der EU-Liste kritischer Arzneien – ihre sichere Verfügbarkeit sei damit akut gefährdet.
Xellia beliefert über 500 Unternehmen in 80 Ländern. Die internationale Bedeutung des Unternehmens unterstreicht die Tragweite dieser Entscheidung. Die Schließung der dänischen Fabrik trifft nicht nur die Versorgung, sondern auch die industrielle Selbstständigkeit Europas.
Gefahr eines dauerhaften Kontrollverlusts
Mit dem Abzug zentraler Produktionslinien verliert die EU ein weiteres Stück technologischer Souveränität. Die Herstellung von Antibiotika gilt als besonders komplex und sicherheitsrelevant. Ein Wiederaufbau der Kapazitäten auf europäischem Boden dürfte mindestens zehn Jahre beanspruchen – falls er politisch überhaupt gewollt ist.
Der Ruf nach Unabhängigkeit verhallt wirkungslos, solange wirtschaftliche Realität und politische Absicht so weit auseinanderliegen. Der Verlust der Xellia-Produktion könnte andere Hersteller zur Nachahmung bewegen, wenn keine industriepolitische Wende erfolgt.
Kritische Arzneimittelversorgung in Gefahr
Besonders alarmierend ist, dass viele dieser Wirkstoffe auf der offiziellen Liste lebenswichtiger Medikamente stehen. Fehlen europäische Produktionsstätten, erhöhen sich die Risiken bei Handelskonflikten, Lieferengpässen oder geopolitischen Krisen. Die verbleibende Fabrik in Budapest kann diese Unsicherheiten nicht auffangen.
Trotz eines Übergangszeitraums von rund zehn Jahren bedeutet die Schließung der Kopenhagener Anlage einen schnellen Rückbau der europäischen Produktionsbasis. Antibiotika aus Europa könnten bald der Vergangenheit angehören – mit gravierenden Folgen für Patienten und Gesundheitssysteme.
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