Die Bauindustrie in Deutschland kämpft mit einer Krise. Staatliche Finanzhilfen sind jedoch nicht die Lösung, so die Bundesregierung. Die Bauministerin Klara Geywitz und Finanzminister Christian Lindner erklärten beim Tag der Bauindustrie in Berlin, dass der Staatshaushalt zu klein sei für zusätzliche Staatshilfen. Stattdessen sollen Genehmigungen schneller erteilt und kosten treibende Vorschriften gestrichen werden (welt: 07.06.24).
Hohe Kreditzinsen und teure Materialien lähmen die Branche – jetzt streicht die Ampel auch sie Staatshilfen
Seit zwei Jahren leidet die Branche unter hohen Kreditzinsen und teuren Baumaterialien. Unternehmen berichten von fehlenden Neuaufträgen und Stornierungen geplanter Projekte. 2022 und 2023 wurden jeweils nur rund 295.000 Wohnungen fertiggestellt, obwohl die Ampel-Regierung 400.000 Wohnungen jährlich anstrebt. Bundeskanzler Olaf Scholz betont die Dringlichkeit: „Neubau im großen Stil“ sei notwendig, um zu verhindern, dass Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen aus den Städten verdrängt werden.
Bauministerin Geywitz unterstreicht die Bedeutung der Bauindustrie für das Wirtschaftswachstum. „Deutschland hat ein Problem mit dem Wirtschaftswachstum und wenn die Bauwirtschaft nicht wieder ins Wachstum kommt, dann wird das mit dem Gesamtwirtschaftswachstum auch nicht funktionieren.“ Sie sieht punktuelle Förderprogramme für Infrastruktur als möglich an, aber die Branche dürfe nicht nur auf staatliche Subventionen setzen. Ziel müsse es sein, privat finanzierte und rentable Bauprojekte schnell umzusetzen.
Private Investitionen statt Staatshilfen
Finanzminister Lindner setzt ebenfalls auf private Investitionen im Wohnungsbau. Öffentliche Infrastruktur wie Brücken, Schienen, Straßen und Digitalisierung seien hingegen Sache des Staates. Er warnt davor, die bereits hohen Standards für Energieeffizienz, Lärmschutz oder Brandschutz weiter zu erhöhen. Auch eine Verschärfung des Mietrechts über die Mietpreisbremse hinaus sei nicht ratsam.
Kanzler Scholz schlägt vor, dass Unternehmen wieder mehr Wohnungen für ihre Mitarbeiter bauen könnten. „Das ist ja auch irgendwie ein wenig aus der Mode gekommen und ich hoffe, dass es ein bisschen anders wird“, so Scholz. Die Bundesregierung habe dafür steuerliche Vorteile mit der neuen Wohngemeinnützigkeit eingeführt. Nun liege es an den Unternehmen, diese Vorteile zu nutzen. Das Kabinett hat kürzlich Steuervorteile für sozial orientierte Unternehmen beschlossen, die Wohnungen zu Mieten unter Marktniveau anbieten.
Die Baubranche steht vor großen Herausforderungen, aber die Lösung liegt nicht allein in staatlichen Hilfen. Schnelle Genehmigungen, weniger kosten treibende Vorschriften und private Investitionen sind Schlüssel zur Überwindung der Krise. Unternehmen könnten durch den Bau von Mitarbeiterwohnungen ebenfalls einen Beitrag leisten und gleichzeitig von steuerlichen Vorteilen profitieren. Die Zukunft der Bauindustrie hängt von einer Kombination aus privatem Engagement und gezielten staatlichen Maßnahmen ab.
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