Nach zahlreichen Änderungen im Heizungsgesetz sieht die Bundesregierung Gefahr, ihre Bauziele für Wärmepumpen zu verfehlen. Der Verkauf der Geräte ist stark zurückgegangen, da potenzielle Kunden auf neue Fördermöglichkeiten warten. Die Industrie unternimmt daher Anstrengungen, um die Situation zu retten (Welt: 26.09.23).
Warum die Wärmepumpen-Branche in Deutschland ein Debakel erlebt
Vor einigen Monaten war die Wärmepumpen-Branche noch voller Hoffnung. Das Bundeswirtschaftsministerium schlug ein strenges Gesetz für die Gebäudeenergie vor. Dieses Gesetz sah vor, dass ab 2024 die Installation von Wärmepumpen bei Heizungsaustausch fast obligatorisch sein würde.
Zudem waren die Gaspreise hoch, was strombetriebenen Heizungen einen Vorteil verschaffte. Der Verkauf von 500.000 bis bald einer Million Geräten pro Jahr von Unternehmen wie Viessmann, Bosch & Co. schien sicher.
Aber es kam anders. Das aktuelle Heizungsgesetz hat Auswirkungen: Es schwächt die Wärmepumpenpflicht und verschiebt sie in die Zukunft. Dies geschieht, weil Städte und Gemeinden zuerst Wärmepläne vorlegen müssen. Zusätzlich ist der Gaspreis gesunken und liegt knapp über dem Niveau vor der russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022. Der Vorteil der strombetriebenen Wärmepumpe hat sich in einen Nachteil verwandelt, da die Strompreise weiterhin hoch sind.
Die Verbraucher reagieren entsprechend. Seit Januar dieses Jahres stagnieren die Bestellungen von Wärmepumpen. Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) verfolgt dies anhand der Förderanträge für neue Geräte im Zusammenhang mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Allein anhand dieser Anzahl geförderter Geräte sank der Absatz von Januar bis August um 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Warum die Wärmepumpen-Industrie um finanzielle Unterstützung kämpft
Obwohl in neue Produktionsanlagen, Schulungen für die Installation und Ausbildungsinitiativen zur Förderung von Wärmepumpen in Deutschland investiert wurde, gibt es einen deutlichen Nachfrageeinbruch. Dies betont BWP-Geschäftsführer Martin Sabel. Das angestrebte Ziel von 500.000 neu installierten Wärmepumpen pro Jahr, sowohl in der Branche als auch vonseiten der Bundesregierung, wird in diesem Jahr voraussichtlich nicht erreicht. In fast 60 Prozent der Fälle werden erneut Gasheizungen installiert, was einen Anstieg von fast 30 Prozentpunkten bei Neuinstallationen bedeutet.
Die Branche fordert trotz der großzügigen BEG-Förderung von bis zu 35 Prozent der Installationskosten zusätzliche finanzielle Unterstützung für die elektrische Wärmeerzeugung. BWP-Chef Sabel hebt hervor, dass die staatlichen Abgaben am Strompreis in Deutschland etwa doppelt so hoch sind wie im europäischen Durchschnitt. Strom ist nach wie vor stärker steuerlich belastet als fossiles Erdgas.
Anlässlich des dritten Wärmepumpengipfels mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) fordert der Verband die Abschaffung der Stromsteuer, die als „Relikt der Vergangenheit“ betrachtet wird. Zusätzlich wird eine Senkung der Mehrwertsteuer für Wärmepumpen-Stromtarife gefordert. BWP-Chef Sabel betont, dass es dabei nicht um eine Sonderbehandlung geht, sondern um die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen. Es muss deutlich gemacht werden, dass sich der Betrieb einer Wärmepumpe schnell rentiert.
DUH warnt vor Unsicherheit beim Klimaschutz und steigenden Kosten für Wärmepumpen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) äußert starke Bedenken zum Gebäudeenergiegesetz. DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz betont, dass die Bundesregierung die Verbraucher im Ungewissen lässt, was den Klimaschutz betrifft.
Obwohl die Wärmepumpe als umweltfreundlich gilt, emittiert sie während der Heizsaison aufgrund des hohen Kohleanteils oft mehr als 600 Gramm CO₂ pro erzeugter Kilowattstunde Strom. Im Vergleich dazu liegt der Emissionswert von Gasheizungen bei 200 Gramm. Zudem ist der Betrieb von Wärmepumpen in Deutschland teurer. Eine Beispielrechnung zeigt einen Verbraucher-Strompreis von 46 Cent pro Kilowattstunde und einen Gaspreis von etwa 15 Cent.
Der Abstand zwischen den Preisen hat sich inzwischen verringert, da der Neukunden-Strompreis auf etwa 33 Cent gesunken ist und die geforderten Erleichterungen fast erreicht hat.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) schlägt vor, den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Gas früher als geplant auf 19 Prozent anzuheben, nämlich bereits zu Jahresbeginn 2024. Die SPD ist gegen diesen Vorschlag, aber das Thema dürfte in den Haushaltsberatungen eine wichtige Rolle spielen.
Wie deutsche Wärmepumpenhersteller mit internationaler Konkurrenz konfrontiert sind
Obwohl die Voraussetzungen für Wärmepumpen günstig sind, scheint das Geschäft nicht anzuziehen. Viele Verbraucher warten auf das neue Förderkonzept der Bundesregierung für die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), das noch in Arbeit ist. Es gibt Vorschläge für einen „Speedbonus“, der bis zu 50 Prozent der Kosten für frühe Wärmepumpen-Installationen abdecken könnte. Viele warten daher ab, was sich nächstes Jahr ergeben wird.
Nicht nur deutsche Hersteller setzen auf Wärmepumpen, sondern auch in Osteuropa entstehen große Produktionsanlagen. Beispielsweise baut der japanische Hersteller Daikin in Łódź, Polen, eine Anlage mit tausend Arbeitsplätzen. Deutsche Unternehmen wie Viessmann investieren ebenfalls in Anlagen im Ausland, z. B. 200 Millionen Euro in Legnica, Polen, und Vaillant plant die Produktion von 300.000 Geräten pro Jahr in Senica, Slowakei.
Diese Entwicklungen bedeuten eine Herausforderung für den Industriestandort Deutschland, wenn Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden. Kai Schiefelbein, BWP-Vize und Geschäftsführer bei Stiebel Eltron, warnt vor dem Verlust der Führungsrolle in der Heizungstechnik, wenn nicht gehandelt wird.
Im Wettbewerb mit den günstigeren Anbietern aus Asien haben deutsche Unternehmen weiterhin Schwierigkeiten. BWP-Geschäftsführer Sabel sieht derzeit kein Potenzial für Preissenkungen. Preissenkungen könnten erst in der Zukunft möglich sein, wenn die Stückzahlen steigen und die Kosten für bestimmte Bauteile sinken.
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