Die Bundesnetzagentur (BNetzA) beabsichtigt, den Strom für Haushalte mit E-Auto-Ladestationen oder Wärmepumpen zu begrenzen. Damit will sie eine Überlastung des Stromnetzes während Stoßzeiten vermeiden. Juristen einer Anwaltskanzlei argumentiert jedoch, dass dies rechtswidrig sein könnte und Verbraucher diskriminiert würden (Welt: 31.01.23). Es war bereits erwartet worden, dass es zu einer Auseinandersetzung zwischen Lobbyisten kommen würde. Dies ist bereits der zweite Versuch, Regeln für ein zukünftiges Problem zu schaffen. Wenn immer mehr Haushalte Wärmepumpen und private Elektroauto-Ladestationen installieren, wird das Stromnetz an vielen Stellen an seine Belastbarkeitsgrenzen stoßen.
Kontroverse um geplante Drosselung von E-Auto-Ladestationen und Wärmepumpen
Zur Vermeidung von Überlastungen im Stromnetz und möglichen Stromausfällen bei gleichzeitiger Nutzung von E-Auto-Ladestationen und Wärmepumpen in Stoßzeiten plant die Bundesnetzagentur die Drosselung der Stromleistung für diese Nutzer. Als steuerbare Verbrauchseinheiten gelten sie laut Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes. Die Bundesnetzagentur hat bereits ihre Pläne für verbindliche Regeln in einem Eckpunktepapier vorgestellt. Dazu erwartete sie bis zum 27. Januar 2023 eine Stellungnahme von Interessenvertretern und Verbänden.
Es war vorhersehbar, dass die Pläne der Bundesnetzagentur, E-Auto-Ladestationen während Stoßzeiten zu drosseln, bei der Autoindustrie auf Unzufriedenheit stoßen werden. Die Branche befürchtet einen Rückgang des Interesses an Elektrofahrzeugen, wenn Kunden nicht mehr die Möglichkeit haben, ihr Auto jederzeit zu laden.
Obwohl viele E-Auto-Besitzer bereits Vereinbarungen mit ihren Energieversorgern treffen, um bei Spitzenzeiten langsamer zu laden, was Überlastungen vermeiden soll, möchte die Bundesnetzagentur in Zukunft keine Wahlmöglichkeiten mehr lassen und die Drosselung verpflichtend machen.
Pläne zur Drosselung von E-Autos und Wärmepumpen drohen gegen geltendes Recht zu verstoßen
Doch eine rechtliche Stellungnahme im Auftrag eines Automobilunternehmens sieht die Pläne kritisch. Juristen der Kanzlei Assmann Pfeiffer stellen in ihrem Kurzvermerk fest, dass eine Regelung, die pauschal alle steuerbaren Verbraucher vorsieht, gegen geltendes Recht verstoßen könnte.
Laut Bundesnetzagentur soll die Drosselung in zwei Stufen umgesetzt werden. Ab dem nächsten Jahr soll eine Übergangsregelung bis Ende 2028 gelten. In dieser Zeit werden die Leistungen nicht nur in Phasen mit drohender Überlastung gedrosselt. Stattdessen ist eine statische Steuerung geplant. Dabei soll die Leistung bereits zu bestimmten Zeiten reduziert werden, selbst wenn noch keine Überlastung des Netzes vorliegt. Die Übergangsphase ist nötig, da bisher keine digitale Messtechnik in den Netzen vorhanden ist, um eine mögliche Überlastung zu erfassen. In dieser Übergangszeit wird daher von einer „Drosselung per Zeitschaltuhr“ gesprochen. Ab 2029 soll ein dynamisches Zielmodell greifen. Dann wird der Strombezug nur dann gedrosselt, wenn es die Kapazitäten des Netzes unbedingt erfordern.
Rechtswidrige Drosselung: Automobilunternehmen sieht Übergangs- und Zielmodell kritisch
Die Juristen, die vom Automobilunternehmen beauftragt wurden, haben befunden, dass beide Regelungen, Übergangs- und Zielmodell, rechtswidrig sind. Sie argumentieren, dass eine Teilnahmepflicht bezüglich der Übergangsregelung überflüssig und unverhältnismäßig sei, da der Nutzen für das Netz im Vergleich zu den Eingriffen gering sei.
Die geplante Regelung würde auch dazu führen, dass einige Stromkunden im Vergleich zu anderen benachteiligt wären. Verbraucher mit Wärmepumpen, Wallboxen oder Batteriespeichern könnten schlechter gestellt werden als Verbraucher mit Saunen, Pools oder anderen Verbrauchern, die nicht von Paragraf 14a EnWG betroffen sind. Der Zugang zum Netz müsse jedoch nach EU-Recht diskriminierungsfrei erfolgen.
Marktbasierte Mechanismen und faire Belohnungen als Alternative
Stattdessen sollten marktbasierte Mechanismen, wie ein variabler Strompreis, eingesetzt werden, um den Strombedarf zu steuern. Wer während besonders kritischer Zeiten auf das Laden verzichtet oder die Leistung reduziert, sollte mit einem niedrigeren Netzentgelt belohnt werden. Die bisherigen Pläne der Bundesnetzagentur sehen jedoch nur ein allgemein leicht gesenktes Netzentgelt für alle Kunden vor, unabhängig davon, ob die Leistung tatsächlich gedrosselt wurde. Dies ist ein Eingriff in die Rechte der Verbraucher, der vermieden werden kann, indem bessere Möglichkeiten gefunden werden, den Strombedarf zu steuern.
VDA befürwortet variable Netzentgelte für effiziente Stromsteuerung
Der Verein der Automobilindustrie (VDA) gibt zu, dass es sinnvoll ist, dass Netzbetreiber über angemessene Werkzeuge zur Steuerung von steuerbaren Geräten verfügen sollten, um akute Bedrohungen für die Netzstabilität abzuwenden. Allerdings dürfen direkte Steuerungseingriffe des Netzbetreibers, die den Komfort des Kunden beeinträchtigen können, nur als letztes Mittel, also bei unvermeidbaren Engpässen im Netz, angewendet werden. Laut VDA sind netzzustand-abhängige, zeitvariable Netzentgelte am besten geeignet, eine effiziente, netzorientierte Steuerung von steuerbaren Geräten zu gewährleisten.
Juristen bemängeln Verstoß gegen Grundrechte und Eigentumsrechte betroffener Verbraucher und Autohersteller
Die Juristen kamen in ihrer Stellungnahme zu dem Schluss, dass die erzwungene Teilnahme an der Drosselung unverhältnismäßig und ein Verstoß gegen die Grundrechte der betroffenen Verbraucher sein könnte, da es ein massiver Eingriff in ihre Eigentumsrechte darstellt, indem sie ihre Wärmepumpen und Elektroautos nicht vollständig nutzen können.
Auch die Rechte der Autohersteller werden beschränkt, da ihre Produkte durch den Verlust des Komforts weniger attraktiv werden. Daher könnte der Teilnahmezwang für steuerbare Verbraucher, der von der Bundesnetzagentur als wirksamer Beitrag angedacht wurde, sowohl hinsichtlich des Übergangszeitraums als auch des Zielzeitraums unverhältnismäßig sein.
Streit um verpflichtende Drosselung: Netzbetreiber unterstützen Pläne, Autoindustrie kritisiert
Die Entscheidung über die Regelungen für die Drosselung dürfte noch eine Weile andauern. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) unterstützt die Pläne der Bundesnetzagentur für eine verpflichtende Drosselung. In dem Verband sind unter anderem die Netzbetreiber organisiert, die auf die Einführung der Drosselung drängen, um das Stromnetz stabil zu halten. Die Autoindustrie hingegen kritisiert die Pläne.
Bis zum Ende des Jahres soll die Bundesnetzagentur eine endgültige Regelung bekannt geben. Bis dahin werden weitere Diskussionen stattfinden.
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