Die Energiewende ist an einem kritischen Punkt angekommen. Der Ausbau der Windkraft stagniert und mit der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke kehren immer mehr Kohlekraftwerke aus der Reserve ans Netz zurück (Handelsblatt: 06.10.22). Gas ist als Brückentechnologie zur Stromerzeugung spätestens mit dem Beginn des Ukrainekriegs keine Option mehr. Durch den Boykott der Lieferungen aus Russland steht dazu nämlich nicht genug Gas zur Verfügung. Gleichzeitig nimmt der Stromverbrauch durch immer mehr Elektroautos und Wärmepumpenheizungen zu. Hinzu kommt, dass viele Industriebetriebe ihre Prozesse von teurem Gas auf Strom als Energieträger umstellen, wo immer es möglich ist.
Ist der komplette Ausstieg aus fossilen Energieträgern bis 2045 möglich?
Deshalb stellt sich die Frage, ob es überhaupt möglich ist, wie geplant aus der Nutzung fossiler Energieträger bis zum Jahr 2045 vollständig auszusteigen und die Versorgung ausschließlich durch grüne Energie sicherzustellen. Unsere Politiker meinen „ja“ und wollen den Kohleausstieg sogar noch vorziehen. Dabei berufen sie sich meist auf wissenschaftliche Studien, die allerdings davon ausgehen, dass mehrere technische Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört zum Beispiel die Nutzung von grünem Wasserstoff und der Einsatz gigantischer Batteriespeicher.
Es fehlt an allem: Rohstoffen, Fachkräften, neuen Technologien und Investoren
Was bei diesen Studien allerdings meist nicht berücksichtigt wird, sind die realen Verhältnisse. Dies sind zum Beispiel die Menge der verfügbaren Rohstoffe, Fachkräfte, die Entwicklungsgeschwindigkeit der geforderten neuen Technologien sowie die erforderlichen Kosten. So wird immer wieder der Ruf nach grünem Wasserstoff laut, obwohl es dafür so gut wie keine technische Anwendung gibt und auch in absehbarer Zeit nicht breitbandig geben wird. Das Gleiche gilt bei den Speicherbatterien, die weder im erforderlichen Umfang verfügbar sind noch bezahlbar wären.
Inflation hält Investoren zurück – Kosten nicht mehr kalkulierbar
Dazu kommt mittlerweile eine zweistellige Inflation, die die Kosten ins Unermessliche treibt. Die sowieso immer schwierigere Situation am Rohstoffmarkt macht so die Investitionen in neue Anlagen unkalkulierbar. Infolgedessen halten sich Investoren, wie gerade bei den Windkraftanlagen, zurück. Dazu kommt ein immer größerer Mangel an Fachkräften, die man zum Ausbau dringend benötigt. Zudem müsste man in Deutschland auch noch entsprechende Zukunftstechnologien aufbauen. Doch die hohen Energiepreise und Steuerbelastung, sowie immer mehr Vorschriften halten Investoren davon ab, in Deutschland zu investieren. Das Gegenteil ist sogar der Fall, immer mehr Firmen verlagern ihre Unternehmen ins Ausland, wie zum Beispiel der Windradbauer Nordex.
Dass die Energiepreise wieder fallen werden ist äußerst unwahrscheinlich, weil mit dem Wegfall des russischen Erdgases langfristig kein billiger Ersatz in Sicht ist. Die immer wieder zitierte Umstellung auf Wasserstoff zeigt einmal mehr die Lücke zwischen Wunschdenken der Politik und den realen physikalischen Möglichkeiten auf. Denn selbst wenn es die Technologie gäbe, woher soll der Wasserstoff denn kommen? Die erneuerbaren Energien können zurzeit noch nicht einmal die Hälfte des jährlichen Strombedarfs decken. Der Ausbau müsste mehr als vervierfacht werden, um genügend Energie zur Wasserstoffgewinnung übrig zu haben, zumal der Wirkungsgrad dabei recht bescheiden ist.
Industrie wandert ins Ausland ab
Das ideologische Festhalten am Atomausstieg tut ein Übriges. Das hält die Strompreise auf lange Sicht hoch und schwächt weiterhin die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie massiv. Jeder Versuch der Wirtschaft, diesbezüglich Einfluss auf die Politik auszuüben, ist gescheitert. Dies zeigt jetzt auch die skandalöse Prüfung zur Laufzeitverlängerung der letzten Atomkraftwerke. Die Wirtschaft wird aber nicht auf die Barrikaden gehen, wie mancherorts bereits die Bürger. Sie wird, wie zum Beispiel der Chemieriese BASF, Produktionsstätten schließen und im Ausland investieren.
Selbst wenn die Energiewende noch möglich wäre, können wir sie uns nicht mehr leisten
Mit der Deindustrialisierung des Landes werden dem Staat aber auch noch die Steuereinnahmen wegbrechen, die er für Hilfspakete benötigt, um den hohen Energiekosten entgegenzuwirken. Die Energiewende wie heute geplant umzusetzen, werden wir uns dann schlicht nicht mehr leisten können.
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