Hohe Mikroplastikbelastung bei Wildschweinen – Abrieb von Windkraftanlagen im Verdacht

Windkraft gilt als umweltfreundlich, doch bestimmte Aspekte geraten selten in den Fokus. Eine aktuelle Untersuchung deutet darauf hin, dass Windräder zur Verbreitung von PFAS, sogenannten Ewigkeits-Chemikalien, beitragen. Ein aussagekräftiger Indikator für PFAS-Belastung sind Wildschweinlebern. Diese Wildschweine halten sich das ganze Jahr über in der Natur auf und nehmen Schadstoffe aus ihrer Umgebung auf. In Rheinland-Pfalz lagen die Werte in Proben so hoch, dass die Lebern nicht mehr verkauft werden durften. Laut Untersuchungen könnten Windkraftanlagen als Quelle infrage kommen (klimanachrichten: 29.01.25).


Hohe PFAS-Konzentrationen in Wildschweinen

Ein unabhängiges Labor untersuchte 60 Proben von Wildschweinen aus Rheinland-Pfalz. Die Ergebnisse zeigen alarmierende Werte. Sämtliche Lebern überschritten den seit dem 1. Januar 2023 gültigen EU-Grenzwert von 50 Mikrogramm PFAS pro Kilogramm (µg/kg). Die gemessenen Werte lagen zwischen 98 und 738 µg/kg. Der Durchschnitt betrug 310 µg/kg, also mehr als das Sechsfache des zulässigen Höchstwerts.

In Rheinland-Pfalz lagen die PFAS-Werte in Proben mehrere Wildschweine so hoch, dass die Lebern nicht mehr verkauft werden durften
In Rheinland-Pfalz lagen die PFAS-Werte in Proben mehrere Wildschweine so hoch, dass die Lebern nicht mehr verkauft werden durften

Um Gesundheitsrisiken zu vermeiden, darf Wildschweinleber nicht mehr verkauft oder verarbeitet werden. Auch Jäger sollten auf den Verzehr verzichten. Das Vorsorgeprinzip im Lebensmittelrecht sieht solche Maßnahmen vor.

Windkraftanlagen als potenzielle Ursache

Windräder bestehen aus Verbundmaterialien, die unter Witterungseinflüssen verschleißen. UV-Strahlung, Wind, Hagel, Regen, Temperaturwechsel und Blitze setzen die Rotorblätter starkem Abrieb aus. Besonders moderne Anlagen, die durch ihre Höhe höhere Windgeschwindigkeiten erreichen, verlieren jährlich zwischen 30 und 150 Kilogramm Material. In küstennahen Regionen oder bei sehr hohen Anlagen liegt der Abrieb noch höher.

Brisant ist, dass diese Partikel in Regionen gelangen, die bislang kaum durch industrielle Emissionen belastet waren. Eine flächendeckende Kontamination zuvor unberührter Gebiete könnte die Folge sein. Insbesondere PFAS-belastete Partikel könnten so in Böden, Gewässer und letztlich in die Nahrungskette gelangen.

Wissenschaftliche Einschätzungen

Studien zeigen, dass Wildschweine als Messinstrument gut geeignet sind. Sie legen große Strecken zurück und nehmen Schadstoffe aus unterschiedlichen Gebieten auf. Dadurch lassen sich Umweltbelastungen großflächig nachweisen. Thorsten Reemtsma, Experte des UFZ-Departments Analytik, stellt fest: „Die PFAS sind überall und zum Teil in hohen Konzentrationen vorhanden.“

Vergleichbare Untersuchungen haben bereits bekannte Hotspots bestätigt. Die Forschung zeigt, dass bestimmte Regionen stärker betroffen sind als andere. Eine genaue Zuordnung der Quellen ist jedoch schwierig.

Kontroverse um Abrieb und Umweltgefahr

Während unabhängige Untersuchungen alarmierende Werte belegen, sieht eine Lobbyseite das Problem ganz anders. Energiewende.eu argumentiert, dass Abrieb von Reifen und Schuhsohlen eine viel größere Quelle von Mikropartikeln darstellt. Die Belastung durch Windkraft sei demnach zu vernachlässigen.

Vergleichbar ist diese Argumentation mit der Debatte um Vogelschlag an Windkraftanlagen. Hier wurde behauptet, dass Hauskatzen weit mehr Vögel töten als Windräder. Naturschutzverbände kritisieren solche Vergleiche, da Greifvögel besonders gefährdet sind und deren Verluste nicht mit denen von Singvögeln gleichzusetzen sind.

Auch bei den Abriebmengen gibt es unterschiedliche Zahlen. Unabhängige Berichte sprechen von bis zu 4,5 Tonnen Abtrag durch Windkraftanlagen pro Jahr. Die Lobbyisten schätzen den Gesamtwert hingegen auf lediglich 1.400 Tonnen, was pro Anlage nur 45 Kilogramm bedeuten würde. Unabhängig von der genauen Menge ist jedoch klar: Diese Stoffe reichern sich in der Umwelt an.


Unklarheiten in der Datenerhebung

Nicht alle Berichte geben an, wie die Mengen des Abriebs gemessen wurden. Wissenschaftlich belastbare Daten fehlen. Das erinnert an die Debatte um Vogelschlag, bei der nur grobe Schätzungen existieren. Naturschutzorganisationen fordern schon länger präzisere Untersuchungen.

Auch in der Medienberichterstattung wird das Problem oft relativiert. So wird das Argument „Aber Glasscheiben sind gefährlicher“ immer wieder gebracht. Dabei sind solche Vergleiche wissenschaftlich fragwürdig.

Die Diskussion um PFAS-Belastung durch Windkraftanlagen zeigt, dass umweltfreundliche Energiequellen nicht automatisch frei von negativen Folgen sind. Untersuchungen legen nahe, dass Rotorblatt-Abrieb eine ernstzunehmende Umweltgefahr darstellt. Wie groß das Problem wirklich ist, bleibt jedoch unklar. Weitere Forschung ist dringend notwendig.

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