Hohe Energiepreise: Stadtwerke geraten in Zahlungsschwierigkeiten

Die ersten deutschen Stadtwerke geraten durch die hohen Energiepreise in Bedrängnis. Sie haben unter anderem ein Liquiditätsproblem: Verkäufer von Strom und Gas verlangen vor der Lieferung hohe Summen als Sicherheitsgarantien, die inzwischen einige städtische Versorger nicht mehr aufbringen können. Insider bezeichnen die Lage als extrem angespannt.


Zahlungsschwierigkeiten bei Stadtwerken

Wie das Handelsblatt aus Branchenkreisen erfahren hat, sind mehrere Stadtwerke inzwischen von Zahlungsschwierigkeiten betroffen. Unter anderem gibt es solche Meldungen aus Leipzig, jedoch auch aus anderen Städten. Die Stadt Leipzig will nun ihre Versorgungsgesellschaft mit einem Kredit bis 400 Millionen Euro stützen. Der VKU (Verband kommunaler Unternehmen) ist in großer Sorge, auch wenn er noch kein flächendeckendes Problem ausmacht.

Der Geschäftsführer von Energy Brainpool Tobias Federico erklärte gegenüber ntv.de, dass die viele Stadtwerke durch die gestiegenen Energiepreise gleich doppelt belastet würden: Sie kaufen durchschnittlich bis zu 20 % ihres Bedarfs kurzfristig über die Strom- und Gasbörsen ein, an denen die Preise derzeit stark schwanken. Allein schon hierfür benötigen sie deutlich mehr Liquidität als früher – sowohl für die Energie als auch für die höheren Sicherheitsgarantien. Zusätzlich haben sie langfristige Verträge für den restlichen Bedarf abgeschlossen. Auch für diese müssen sie Sicherheiten hinterlegen (n-tv, 14.09.2022).

Die ersten deutschen Stadtwerke geraten durch die hohen Energiepreise in Bedrängnis. Sie haben unter anderem ein Liquiditätsproblem.
Hohe Energiepreise: Stadtwerke geraten in Zahlungsschwierigkeiten

Vor den exorbitanten Preissteigerungen wurden diese Kautionen allerdings meistens nur per Zusage verlangt. Inzwischen müssen sie tatsächlich gezahlt werden. Betroffen von den kurzfristigen Preisschwankungen sind etwa 200 der 900 deutschen Stadtwerke. Diese sind an den Börsen aktiv und laufen damit in besondere Gefahr, nicht mehr zahlen zu können. Die beschriebene Einkaufsstrategie war bisher nicht riskant, sie konnte im Gegenteil zu günstigeren Einkaufspreisen führen. Inzwischen sorgt sie für erhebliche Mehrausgaben. Die Stadtwerke können aber nicht einfach auf langfristige Verträge ausweichen: Diese bieten die Lieferanten kaum noch an, weil sie schwer kalkulierbar erscheinen. Ein VKU-Sprecher teilte mit, dass es kaum noch Terminkontrakte für Energiemengen gebe.

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Zusätzliche Belastungen durch Zahlungsausfälle bei Kunden

Erschwerend hinzu kommt für alle Stadtwerke, dass sie mit Zahlungsausfällen ihrer Kunden in Größenordnungen rechnen müssen, die es so noch nie gab. Die Verbraucher müssen Preissteigerungen von teilweise über 50 % stemmen, die viele nicht bewältigen werden. In normalen Zeiten liegen die Zahlungsausfälle bei Strom- und Gaskunden im niedrigsten einstelligen Prozentbereich. Doch schon in den nächsten Wochen und Monaten rechnet der VKU mit einer Quote von 8 bis 15 %, die für die meisten Stadtwerke bedrohlich ist.

Wird es Insolvenzen von Versorgern geben?

Der Energiemarktexperte Federico rechnet nicht mit Insolvenzen von kommunalen Versorgern, weil diese von ihrer jeweiligen Kommune gerettet werden. Das ist zwingend, weil sonst die gesamte städtische Versorgung in den Bereichen Energie, Wasser, Abwasser, ÖPNV und Müllversorgung zusammenbricht, wie der Präsident des Deutschen Städtetages Markus Lewe kürzlich kommunizierte. Lewe ist gleichzeitig der OB von Münster und kennt die Verhältnisse aus erster Hand. Federico erwartet allerdings durchaus Insolvenzen bei kleinen privaten Versorgern.

Das sind teilweise auch Grundversorger. Wenn diese ausfallen, finden Kunden, denen ein Anbieter den Vertrag kündigt, keinen Vertragspartner mehr, der sonst in der Regel ein Grundversorger ist. Anbieterwechsel sind in jüngster Zeit ohnehin schwer oder zumindest sehr teuer geworden. Beim Szenario der Insolvenz von Grundversorgern könnte es also Kunden geben, die plötzlich ohne Strom- und Gasversorgung dastehen.


Belastung für die Kommunen

Der VKU weist darauf hin, dass die strauchelnden öffentlichen Stadtwerke ihre Kommunen extrem belasten könnten. Diese helfen zwar ihren Stadtwerken, doch ihre eigene Kapitaldecke kann dünn sein. Sie können sich selbst verschulden, was wiederum enorme Herausforderungen auf Jahre und Jahrzehnte schafft. Aus diesem Grund fordert der VKU für die Stadtwerke einen KfW-Rettungsschirm zur Liquiditätssicherung. Diesen gibt es schon für andere Bereiche, nur haben Stadtwerke kaum Zugang dazu: Das aktuelle Hilfspaket der Bundesregierung schließt sie mehrheitlich davon aus.

Hier sei eine Nachbesserung nötig, so der VKU. Die Hilfen sollten außerdem allen Stadtwerken zugutekommen, auch denen, die nicht im Börsenhandel tätig waren. Die beste Lösung wäre laut VKU ein eigener Schutzschirm speziell für die Stadtwerke. Dieser würde Sicherheit auch für diejenigen Versorger schaffen, die bislang noch als kerngesund gelten. Sie unterliegen prinzipiell denselben Risiken. Daher müsse die Bundesregierung auf bestehende und potenzielle Liquiditätsnöte von Stadtwerken angemessen reagieren, so ein VKU-Sprecher.

Gefahren für systemrelevante Unternehmen

Dass die Energieversorger in solchen Gefahren schweben, ist ein ernstes Zeichen. Sie sind systemrelevante Unternehmen. Wenn diese in Schieflage geraten, ist eine handfeste Wirtschaftskrise in der Regel nicht mehr weit weg.

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