Obwohl der Wirtschaftsminister behauptet, dass die Nutzung erneuerbarer Energie nicht nur für das Klima, sondern auch aus finanziellen Gründen lohnenswert ist, zeigen Analysen, dass Gas oft noch kostengünstiger ist. Der behauptete Kostenvorteil von Wärmepumpen über der Betriebszeit ist weitgehend schöngerechnet (FAZ: 08.04.23).
Heizungspläne der Bundesregierung: Frist für Stellungnahmen endet und Novelle des GEG soll im April beschlossen werden
Die Frist für Verbände und Bundesländer, um ihre Stellungnahme zu den kontroversen Heizungsplänen der Bundesregierung abzugeben, endete am 11. April um 18 Uhr. Die Betroffenen waren über die kurze Frist von einer Woche und auch noch über die Osterfeiertage verärgert. Trotzdem plant das Kabinett, die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) noch im April zu beschließen und dem Bundestag vorzulegen. Ab dem 1. Januar 2024 soll jede neu installierte Heizung mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen.
Laut Habeck ist eine Wärmepumpe langfristig günstiger als eine Gasheizung
Viele Hauseigentümer erwägen derzeit, eine neue fossile Heizung zu bestellen, bevor die neuen Vorschriften in Kraft treten. Im Durchschnitt kostet eine neue Gasheizung etwa 10.000 Euro, während eine elektrische Wärmepumpe, die politisch bevorzugt wird, etwa 30.000 Euro kostet. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) widersprach dieser Sichtweise kürzlich in einem Gespräch mit der F.A.Z. Er sagte, dass die Wärmepumpe über den Lebenszyklus hinweg günstiger sei als eine Gasheizung.
Das Ministerium nennt im Anhang zum Gesetzentwurf Zahlen, die diese Behauptung stützen: Es kostet im Durchschnitt 19.115 Euro mehr, eine Luft-Wasser-Wärmepumpe anstelle einer neuen Gasheizung in einem Einfamilienhaus zu installieren. Im Gegenzug ergeben sich über eine Betriebszeit von 18 Jahren Einsparungen von 21.996 Euro. Der durchschnittliche Einfamilienhausbesitzer spart also knapp 3.000 Euro. Mit staatlichen Fördermitteln, die 25 bis 40 Prozent der Kosten für die Wärmepumpe abdecken, sind die Einsparungen sogar noch höher, so die Behauptung aus dem Wirtschaftsministerium.
Strom oder Gas: Welche Heizung ist langfristig günstiger?
Die Frage ist jedoch, ob die Rechnung wirklich so eindeutig zugunsten der Wärmepumpe ausfällt, wie es das Ministerium von Habeck darstellt. Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität Köln (EWI) hat für die F.A.Z. vier Szenarien durchgerechnet, die sich auf die Entwicklung der Energiepreise beziehen. Hierbei wurde ein bereits saniertes Einfamilienhaus in Nordrhein-Westfalen als Beispiel genommen und die Kosten für die Installation der neuen Heizung auf die Betriebsdauer umgelegt. Dabei wurden 25 Prozent staatliche Förderung bereits abgezogen. Trotzdem ist in allen Szenarien, Stand heute, die Installation einer neuen Gasbrennwertheizung auf die Laufzeit der Heizung gerechnet, günstiger als eine Luft-Wärmepumpe.
Unter der Annahme, dass die Strom- und Gaspreise bis 2026 in etwa auf dem Niveau der derzeit geltenden Energiepreisbremsen bleiben und danach steigen, müssen Eigentümer für eine neue Gasheizung der Analyse zufolge, im Schnitt mit 17,7 Cent je Kilowattstunde kalkulieren. Für die Luft-Wärmepumpe sind es dagegen mit einem Haushaltsstromtarif 20,2 Cent. Mit einem vergünstigten Wärmepumpen-Strompreis sinkt der Betrag auf 19,4 Cent. Erst für Einbauten vom Jahr 2027 an ändert sich das Verhältnis, dann schneidet die Luft-Wärmepumpe in der Laufzeitbetrachtung besser ab als die Gasheizung, was mit dem steigenden CO₂-Preis auf Gas, aber auch unterstellten Effizienzgewinnen der Wärmepumpe zu tun hat.
Wie sich Erdwärmepumpen im Vergleich zu Gas- und Luft-Wärmepumpen schlagen
Wenn auch die Sole-Wasser-Wärmepumpe in den Vergleich einbezogen wird, die mit Wärme aus dem Erdreich arbeitet, fällt das Fazit etwas anders aus. In der EWI-Rechnung kommt dieser Heizungstyp mit einem gewöhnlichen Stromtarif schon heute mit 18,1 Cent nah an die Kosten der Gasheizung heran. Mit einem vergünstigten Wärmepumpen-Stromtarif entsprechen die Kosten denen einer Gasheizung. EWI-Managerin Johanna Bocklet sagt: „Erdwärmepumpen werden wegen der hohen Investitionskosten oft gescheut. Es lohnt sich aber, auch die Kosten über den gesamten Lebenszyklus zu vergleichen. Da schneiden diese Anlagen oft besser ab.“ Allerdings werden Erdwärmepumpen nicht überall genehmigt.
Sinkender Gaspreis macht Heizen mit Gas attraktiver als mit Wärmepumpen
In jüngster Zeit ist der Gaspreis im Vergleich zum Strompreis deutlich stärker gesunken. Neukunden zahlen laut dem Vergleichsportal Verivox aktuell nur noch 10,4 Cent anstelle von 40 Cent für eine Kilowattstunde Gas im August 2022. Der Strompreis hat sich seit seinem Höchststand nur halbiert und liegt derzeit bei 33,9 Cent. Das Heizen mit Gas ist dadurch wieder attraktiver geworden. Das Wirtschaftsministerium hat diese Entwicklung erkannt und die Energiepreisbremsen entsprechend angepasst. Mit dem Kabinettsbeschluss vom vergangenen Mittwoch wird ein spezieller Strompreisdeckel von 28 Cent statt der üblichen 40 Cent je Kilowattstunde für Heizstrom eingeführt. Voraussetzung dafür ist, dass die Wärmepumpe einen eigenen Zähler hat. In diesen Fällen gewähren Stromversorger oft Preisnachlässe, haben aber auch das Recht, die Wärmepumpe bei zu hoher Netzlast zu drosseln. Schätzungsweise haben etwa die Hälfte der installierten Wärmepumpen einen eigenen Zähler.
Bundesverband Wärmepumpe fordert staatliche Förderung für den laufenden Betrieb von Wärmepumpen
Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP), fordert nicht nur staatliche Förderungen für den Kauf von Wärmepumpen, sondern auch für den laufenden Betrieb, nämlich die Stromkosten. Deutschland und Belgien seien in Europa das Schlusslicht beim Verhältnis von Strom- zu Gaspreis. Eine Untersuchung des Prognos-Instituts zeigt, dass der Einbau einer Wärmepumpe in einem Mehrfamilienhaus zwar günstiger ist als der einer neuen Gasheizung, aber nur knapp. Der BWP plädiert daher für eine Senkung der Stromsteuer auf 0,1 Cent je Kilowattstunde und den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent für Heizstrom.
EWI-Managerin warnt vor zu hohen Erwartungen – Strompreis wird in absehbarer Zeit kaum sinken
Wirtschaftsminister Habeck betont den Vorteil einer perspektivisch günstigeren Stromversorgung durch den Ausbau von Wind- und Solarenergie im Vergleich zu teureren Kohle- und Gasbeschaffungskosten. Allerdings warnt EWI-Managerin Johanna Bocklet vor zu hohen Erwartungen. „Ob der Strompreis zeitnah mit dem Ausbau der Erneuerbaren deutlich sinken wird, ist fraglich“, sagt sie. „Solange Gas zur Stromerzeugung genutzt wird, treibt der Gaspreis in diesen Stunden den Strompreis.“ Dazu kommt noch, dass auf den Strompreis auch noch höhere Netzentgelte erhoben werden, um den dringend notwendigen Netzausbau zu finanzieren.
In vielen älteren Häusern ist neben dem Einbau einer neuen Heizung auch eine bessere Dämmung und neue Heizkörper erforderlich. Diese Kosten sind in der Betrachtung noch gar nicht einbezogen und können im Einzelfall die Kosten des Heizungstausches um ein Vielfaches übersteigen.