Robert Habeck kämpft für ein beschlussreifes Gesetz zur Kohlendioxidspeicherung. Doch seine eigene Partei stellt sich quer. Die Grünen-Bundestagsfraktion verweigert ihm die Unterstützung, obwohl es um ein zentrales klimapolitisches Projekt geht (wiwo: 03.12.24).
Konflikt um das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz
Im Fokus steht die Novelle des Kohlendioxid-Speicher- und Transportgesetzes (KSpG). Sie wurde von der Ampelregierung im Mai verabschiedet und im Bundestag diskutiert. Noch fehlt die endgültige Abstimmung. Ohne diese droht, dass das Vorhaben nach der Bundestagswahl komplett neu aufgesetzt werden muss.
Ein erheblicher Zeitverlust ist absehbar, was für Habecks klimapolitische Ziele und die Wirtschaft ein gravierender Rückschlag wäre. Sein Ministerium bezeichnet die Novelle als „zentrale Grundsatzentscheidung für die Zukunft des Industriestandorts Deutschland“.
Klimapolitische Technologien im Zentrum
Das Gesetz betrifft die Technologien CCS (Carbon Capture and Storage) und CCU (Carbon Capture and Utilization). Diese Verfahren ermöglichen es, CO2 abzuscheiden, zu speichern oder industriell zu nutzen. Besonders die Zementindustrie sieht hierin eine Schlüsseltechnologie für die klimaneutrale Produktion. Laut dem Ministerium stellt die Novelle einen „wirtschafts- und industriepolitischen Meilenstein“ dar. Sie soll Investitionen fördern und eine Infrastruktur für diese Technologien zur Kohlendioxidspeicherung schaffen. Verzögerungen könnten die Dekarbonisierung der Industrie und damit verbundene Klimaziele gefährden.
Doch genau an diesem Punkt scheitert die Unterstützung innerhalb der Grünen. Die Bundestagsfraktion setzt andere Prioritäten, etwa das Deutschland-Ticket oder Änderungen im Mietrecht. Beide Themen werden als dringlicher eingestuft.
Industrie warnt vor Verzögerungen
Industrievertreter, darunter führende Unternehmen der Baustoff- und Zementbranche, mahnen zur Eile. Projekte wie ein klimaneutrales Zementwerk von Holcim in Schleswig-Holstein oder ähnliche Vorhaben in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg stehen auf der Kippe. Thorsten Hahn, Holcim-Deutschlandchef, beschreibt die Unsicherheiten: „Wir brauchen Rechtssicherheit und eine verlässliche Planungsgrundlage. Ohne diese drohen Kostenexplosionen und eine Verzögerung um Jahre.“
Das KSpG gilt als essenziell für Investitionen in Technologien zur CO2-Abscheidung und Speicherung. Ohne die Gesetzesnovelle können Unternehmen ihre Projekte nicht starten. Das Risiko steigender CO2-Preise setzt die Zementindustrie zusätzlich unter Druck.
Interne Spannungen bei den Grünen
Die Konflikte innerhalb der Grünen zeigen sich deutlich. Während Habeck einen Strategiewechsel hin zu CCS und CCU vollzogen hat, verweigern relevante Teile seiner Partei die Unterstützung. Ursprünglich lehnten die Grünen diese Technologien ab, da sie auf CO2-Vermeidung statt Lagerung setzen. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace befürchten, die Technologien könnten missbraucht werden, um Emissionen zu umgehen.
Habeck hingegen sieht in CCS und CCU unverzichtbare Bausteine für die Klimaneutralität. Doch die grüne Bundestagsfraktion hält weiterhin an ihrer skeptischen Haltung fest. Ohne deren Zustimmung ist das Gesetz kaum durchsetzbar.
Politisches Risiko für Habeck
Für Habeck birgt diese Situation erhebliche Risiken. Sollte die Novelle zur Kohlendioxidspeicherung scheitern, droht nicht nur ein Rückschlag für seine Klimapolitik. Auch seine Glaubwürdigkeit in der Wirtschaft könnte erheblich leiden. Ein Scheitern des Gesetzes würde Milliardeninvestitionen gefährden und zentrale Weichenstellungen der deutschen Klimapolitik ins Wanken bringen. Die grüne Transformation der Industrie würde erheblich verzögert. Gleichzeitig schadet der interne Konflikt seiner Position als Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl.
Die kommenden Wochen entscheiden, ob die Grünen bereit sind, die Weichen für einen industrie- und klimapolitischen Meilenstein zu stellen – oder ob interne Querelen und Prioritätenverschiebungen das Vorhaben endgültig stoppen.
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