Offshore-Windkraft galt bislang als zentrale Säule der Energiewende. Mehr Anlagen, schnellerer Ausbau, höhere Klimaziele – das war der Kurs. Nun stellen ausgerechnet große Energieunternehmen wie RWE und E.ON diese Logik infrage. Sie fordern: Weniger Windräder auf See, dafür besser geplante Projekte. Ihre Argumente haben es in sich (zeit: 25.04.25).
Überkapazitäten drohen: Strombedarf wächst langsamer als erwartet
RWE-Chef Markus Krebber warnte kürzlich, dass der Offshore-Ausbau am Bedarf vorbeilaufe. Wenn der Staat an seinen ehrgeizigen Ausbauplänen festhalte, könnten enorme Überkapazitäten entstehen. Der Markt könne die Mengen nicht aufnehmen, was die Energiewende für Verbraucher unnötig teuer mache. Besonders kritisch sieht Krebber die Belastungen durch den gleichzeitig notwendigen Netzausbau.

Auch E.ON-CEO Leonhard Birnbaum fordert einen „Neustart der Energiewende“. Er betont, dass der Ausbau der Stromnetze und der Windparks besser koordiniert werden müsse. Ohne eine Anpassung drohten ineffiziente Investitionen und hohe Kosten, die am Ende auf Industrie und Haushalte abgewälzt würden.
Dicht an dicht: Offshore-Windparks behindern sich gegenseitig
Ein weiteres Problem liegt in der dichten Bebauung auf See. Viele Windparks in unmittelbarer Nähe beeinträchtigen sich gegenseitig – die Anlagen nehmen sich buchstäblich den Wind aus den Rotorblättern. Die Effizienz sinkt, die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde steigen. Eine überlegte Planung mit größeren Abständen zwischen den Parks könnte daher wirtschaftlich sinnvoller sein.
RWE argumentiert, dass weniger, aber effizienter positionierte Windräder die gleichen Energiemengen liefern könnten – jedoch zu geringeren Gesamtkosten. Die bisherigen Ausbaupläne seien aus Sicht der Wirtschaftlichkeit und Netzintegration dringend überarbeitungsbedürftig.
Widerstand aus der Branche: Verband hält an Ausbauzielen fest
Die Forderungen von RWE und E.ON stoßen jedoch nicht überall auf Zustimmung. Der Bundesverband Windenergie Offshore hält an den bestehenden Ausbauzielen fest. Er verweist auf die große Bedeutung der Windkraft für Klimaschutz, Innovation und Arbeitsplätze. Ein Stopp oder eine Reduzierung des Ausbaus gefährde Investitionen in Milliardenhöhe.
Auch politisch bleibt die Debatte heikel. Die künftige Bundesregierung unter Friedrich Merz plant zwar, die Ausbauziele auf Effizienz zu überprüfen. Doch die öffentliche Erwartungshaltung bleibt klar: Der Umstieg auf erneuerbare Energien darf nicht ins Stocken geraten.
Energiewende braucht Tempo – aber auch Plan
Die Diskussion zeigt: Mehr Anlagen allein lösen nicht alle Probleme. Wirtschaftlichkeit, Netzintegration und eine sinnvolle Planung entscheiden über den Erfolg der Energiewende. Es geht nicht nur darum, möglichst viele Windräder aufzustellen, sondern die richtigen – am richtigen Ort und zur richtigen Zeit.
Eine Energiewende mit Augenmaß könnte die Klimaziele ebenso erreichen – und dabei Kostenexplosionen für Wirtschaft und Verbraucher verhindern.
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