Gericht ordnet Offenlegung an – EU-Kommission verletzt Transparenzpflicht im Pfizer-Deal

Ein Urteil des EU-Gerichts in Luxemburg bringt die Kommission in Erklärungsnot. Die Richter entschieden, dass Textnachrichten zwischen Ursula von der Leyen und dem Pfizer-Chef Albert Bourla nicht einfach zurückgehalten werden dürfen. Die Kommunikation stand in direktem Zusammenhang mit einem milliardenschweren Impfstoffgeschäft während der Corona-Krise. Der Fall offenbart gravierende Mängel im Umgang mit Transparenz – mitten in einer Phase höchster politischer Sensibilität (euractiv: 14.05.25).


Brisante Pfizer-Kommunikation blieb unter Verschluss

Die Klage der New York Times richtete sich gegen die Weigerung der Kommission, Einblick in SMS-Nachrichten zu gewähren. Diese Nachrichten stammten aus dem Jahr 2021, also aus der Zeit, als Verhandlungen über einen Pfizer-Impfstoffvertrag im Volumen von 35 Milliarden Euro liefen. Die Kommission verweigerte den Zugang und lieferte keine nachvollziehbare Erklärung für das Zurückhalten der Inhalte.

Mangelnde Transparenz bei Impfstoffbestellungen - Ursula von der Leyen muss auf Gerichtsbeschluss Kommunikation mit Pfizer offenlegen
Mangelnde Transparenz bei Impfstoffbestellungen – Ursula von der Leyen muss auf Gerichtsbeschluss Kommunikation mit Pfizer offenlegen
Photo by ELOISA LOPEZ / POOL / AFP

Das Gericht stellte fest, dass „keine plausible Erklärung zur Rechtfertigung“ dieser Entscheidung vorlag. Zudem blieb unklar, ob und wie die Nachrichten archiviert wurden. Genau dies hätte die Kommission laut EU-Recht belegen müssen – besonders, wenn Dokumente Informationen mit öffentlichem Interesse enthalten könnten.

Ursula von der Leyen unter Druck

Die direkte Kommunikation der Kommissionspräsidentin mit dem Pfizer-Chef erfolgte offenbar außerhalb der üblichen Verfahrenswege. Kritiker monieren einen Führungsstil, der zentrale Strukturen umgeht und wichtige Entscheidungen hinter verschlossenen Türen trifft.

Zudem verstärkt der Fall den Eindruck, dass die EU-Institutionen unzureichend kontrolliert agieren. Transparenzregeln gelten nicht als unverbindliche Empfehlung – sondern als demokratische Pflicht.

Gericht entkräftet zentrale Argumente der Kommission

Besonders deutlich fiel die Zurückweisung der zentralen Verteidigungslinie aus. Die Kommission hatte behauptet, die SMS seien nicht mehr auffindbar oder archiviert. Doch die Richter urteilten, dass die New York Times „die Vermutung zu widerlegen“ vermocht habe, wonach keine Speicherung erfolgt sei.

Gleichzeitig fehlte ein glaubhafter Nachweis, dass die Nachrichten keine „wichtigen Informationen“ enthielten. Wäre dies der Fall gewesen, hätte eine Pflicht zur Archivierung und Offenlegung bestanden. Genau das sieht die EU-Verordnung über den Zugang zu Dokumenten vor.


Pfizer-Deal wird zum Symbol mangelnder Kontrolle

Der Skandal rund um den Pfizer-Vertrag steht inzwischen stellvertretend für ein tiefer liegendes Problem. Vertrauen entsteht nicht durch politisches Kalkül, sondern durch überprüfbare Abläufe. Besonders bei Verträgen mit globalen Konzernen wie Pfizer muss Klarheit herrschen, nicht nur intern – sondern vor allem gegenüber der Öffentlichkeit.

Die Bedeutung unabhängiger Medien zeigt sich in diesem Verfahren deutlich. Ohne die Klage der New York Times hätte ein zentrales Kapitel europäischer Impfstoffpolitik womöglich im Verborgenen gelegen. Ob aus dem Urteil auch strukturelle Änderungen in der EU folgen, bleibt abzuwarten. Der politische Druck jedenfalls wächst.

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