Geplante Strompreisreform gefährdet den Industriestandort Deutschland

Die geplante Strompreisreform der Bundesnetzagentur stellt die deutsche Industrie vor immense Herausforderungen. Das Ziel, die Stromnetze zu stabilisieren und die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern, klingt zunächst ambitioniert. Doch die Umsetzung könnte für viele Unternehmen fatale Konsequenzen haben. Produktionsstopps, unkalkulierbare Kosten und ein erhöhter Wettbewerbsdruck bedrohen den Industriestandort Deutschland (finanzmarktwelt: 14.02.25).


Produktionsumstellung durch die Strompreisreform

Die Strompreisreform zwingt rund 400 Industrieunternehmen, ihre Produktionsabläufe flexibel an das Angebot von Wind- und Solarstrom anzupassen. Das bedeutet: Bei Flaute oder bedecktem Himmel sollen Maschinen abgeschaltet werden, während an Tagen mit Überangebot die Produktion hochgefahren wird.

Die geplante Strompreisreform soll die Industrie dazu zwingen,  ihre Produktion an die Verfügbarkeit von Wind- und Solarstrom anzupassen
Die geplante Strompreisreform soll die Industrie dazu zwingen, ihre Produktion an die Verfügbarkeit von Wind- und Solarstrom anzupassen
Bild: KI-generiert

Was auf dem Papier als Beitrag zur Netzstabilisierung erscheint, stellt in der Praxis für viele Unternehmen ein existenzielles Risiko dar. „Es macht keinen Sinn, die Arbeiter morgens kommen zu lassen, um sie dann in eine mehrstündige Pause zu schicken, weil kein Wind weht“, erklärt Heinrich Eufinger, Geschäftsführer von HEUS Betonwerke. Ähnlich problematisch sieht es Aurubis, einer der größten Kupferrecycler weltweit. Schmelzöfen lassen sich nicht spontan herunterfahren, ohne erhebliche wirtschaftliche Verluste zu riskieren.

Infineon, Deutschlands führender Chiphersteller, betont ebenfalls, dass die Produktion auf konstante Betriebsbedingungen angewiesen ist. Unterbrechungen könnten schwerwiegende Folgen haben und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig beeinträchtigen.

Fehlende Infrastruktur und explodierende Kosten

Die Umsetzung der Strompreisreform scheitert schon an der fehlenden Infrastruktur. Viele Betriebe haben Netzanschlüsse, die die nötigen Energiemengen gar nicht bereitstellen können. Lars Baumgürtel, Geschäftsführer des Verzinkungsunternehmens ZINQ, berichtet, dass der Anschluss einer einzigen Fabrik mit Kosten von rund zwei Millionen Euro verbunden wäre. „Das ist schlicht nicht finanzierbar“, so Baumgürtel.

Zudem verschärfen politische Fehlentscheidungen die Situation. Der Ausstieg aus der Atomkraft und der verschleppte Ausbau neuer Gaskraftwerke haben die Versorgungssicherheit in Deutschland erheblich beeinträchtigt. Bereits heute müssen Netzbetreiber regelmäßig Windräder abschalten, um Überlastungen zu verhindern. Wie das Netz eine zusätzliche Flexibilisierung verkraften soll, bleibt fraglich.

Subventionsauslauf bringt neue Gefahren

Die Strompreisreform fällt zeitlich mit dem Ende der sogenannten Bandlastprivilegierung zusammen, die 2028 ausläuft. Bisher konnten energieintensive Unternehmen bis zu 90 % ihrer Netzentgelte einsparen, wenn sie konstant große Strommengen abnahmen. Diese Subventionen entfallen jedoch bald, da sie nicht mit den EU-Klimazielen vereinbar sind.

Für viele Unternehmen ist die Umstellung auf eine flexible Stromnachfrage nicht nur technisch anspruchsvoll, sondern auch extrem teuer. Maximilian Strötzel von der IG Metall warnt: „Die Situation ist für viele Unternehmen bereits existenzbedrohend.“ Zahlreiche Betriebe denken bereits über eine Verlagerung ihrer Produktion ins Ausland nach, um den steigenden Energiepreisen zu entgehen.


Abwanderung und Standortschließungen drohen

Übergangsfristen könnten Unternehmen zwar kurzfristig helfen, sich auf die neuen Bedingungen der Strompreisreform einzustellen, lösen jedoch die grundsätzlichen Probleme nicht. Betriebe, die auf gleichmäßigen Energieverbrauch angewiesen sind, werden auch mittelfristig kaum eine Lösung finden, ihre Prozesse vollständig zu flexibilisieren.

Die Strompreisreform wird unweigerlich zu einer weiteren Belastung für den Industriestandort Deutschland. Besonders für energieintensive Unternehmen stellt sie ein untragbares Risiko dar. Die hohen Investitionskosten, gepaart mit der unsicheren Energieversorgung, könnten zahlreiche Firmen dazu zwingen, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Erste Verlagerungen zeichnen sich bereits ab. Ohne Korrekturen drohen weitere Standortschließungen und eine Abwanderung ganzer Branchen.

Für die deutsche Wirtschaft wäre dies ein herber Rückschlag. Die Politik ist gefordert, praktikable Lösungen zu finden, bevor es zu spät ist. Andernfalls könnte die Strompreisreform das Gegenteil dessen bewirken, was sie ursprünglich erreichen sollte – den Niedergang einer der wichtigsten Industrienationen Europas.

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Zuletzt aktualisiert am Januar 14, 2025 um 20:39 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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