Großbritannien steht vor einem massiven Engpass bei Gasreserven. Nach Angaben des Energiekonzerns Centrica könnte die Nachfrage nur noch wenige Tage gedeckt werden (ntv: 10.01.25). Die Regierung signalisiert dennoch Zuversicht.
Schwindende Reserven durch kalte Wintertage
Der Mutterkonzern von British Gas, Centrica, berichtet von einem kritischen Stand der Gasreserven. Niedrige Temperaturen und der Stopp russischer Gaslieferungen durch die Ukraine hätten die Vorräte drastisch reduziert. „Besorgniserregend niedrig“ sei das Niveau, wie das Unternehmen mitteilte. Ende Dezember lagen die Gasspeicher bereits weit unter dem Vorjahreswert. Die aktuelle Füllquote betrage nur noch etwa 50 Prozent.
Ein Sprecher von Premierminister Keir Starmer hob hervor, dass das Land trotz der angespannten Lage gut aufgestellt sei. Das britische Energiesystem sei „vielfältig und widerstandsfähig“ genug, um die Nachfrage im Winter zu decken. Gleichzeitig verdeutlichte Centrica, dass die Reserven im Vergleich zu anderen europäischen Ländern viel kleiner seien.
Probleme bei der Nachfüllung der Speicher
Bereits Anfang Dezember zeigte sich, dass die Speicher hinter den gewohnten Füllwerten zurückblieben. Hohe Gaspreise erschwerten es, die Reserven über die Feiertage aufzufüllen. Centrica betonte, dass die angespannte Versorgungslage nicht nur Großbritannien betrifft. In ganz Europa sanken die Speicherbestände von 84 Prozent im Vorjahr auf aktuell 69 Prozent.
Großbritannien verfügt über eine geringere Speicherkapazität als andere europäische Länder wie Deutschland oder Frankreich. Centrica-Chef Chris O’Shea erklärte, dass diese Unterschiede nun deutlich spürbar seien. „Unser Energiesystem ist stark von Importen abhängig“, betonte er.
Abhängigkeit von Flüssiggas-Importen
Flüssigerdgas (LNG) spielt eine entscheidende Rolle in der britischen Energieversorgung. Die Hauptlieferungen kommen aus den USA. Allerdings steht Großbritannien im internationalen Wettbewerb, insbesondere mit asiatischen und anderen europäischen Ländern.
Die begrenzte Speicherkapazität verschärft die Abhängigkeit von täglichen Importen. Laut Centrica ist das Land dadurch weniger flexibel und stärker von Preis- und Lieferveränderungen betroffen. Die aktuelle Situation verdeutlicht, wie dringend langfristige Investitionen in die Energiespeicherung benötigt werden.
Ende der russischen Gaslieferungen durch die Ukraine
Ein weiterer Faktor für die Krise ist das Auslaufen des Transitvertrags für russisches Erdgas durch die Ukraine. Seit 1991 liefen Gaslieferungen über dieses System. Doch die ukrainische Regierung entschied, den Vertrag nicht zu erneuern. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begründete dies mit dem Ziel, Russland finanzielle Mittel für den Krieg zu entziehen.
Diese Entscheidung traf sowohl Russland als auch europäische Länder. Während Moskau Transitgebühren verlor, mussten viele europäische Staaten alternative Lieferquellen suchen. Für Großbritannien bedeutet dies eine zusätzliche Herausforderung, da das Land ohnehin von LNG-Importen abhängt.
Dringender Handlungsbedarf
Die aktuelle Energiekrise zeigt die Schwächen des britischen Energiesystems auf. Eine geringe Speicherkapazität und die Abhängigkeit von Importen machen das Land anfällig für Versorgungsengpässe. Langfristige Lösungen, wie der Ausbau von Speichermöglichkeiten und Investitionen in erneuerbare Energien, sind unverzichtbar, um künftige Krisen zu verhindern.
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