Fast täglich rufen die Politiker die Verbraucher dazu auf, Gas zu sparen. Die aufgrund des Gasmangels gestiegenen Preise sollen die Verbraucher über die Gasumlage abfedern. Um so verwunderliche ist es, dass im Juli die Gaskraftwerke mehr Strom als im Vorjahr produziert haben (FAZ: 18.08.22). Bereits im Mai haben die Gaskraftwerke trotz Gasmangellage eine Rekordstrommenge produziert (Blackout-News: 29.06.22). Dabei sollten die Gaskraftwerke eigentlich weniger Strom erzeugen, um die Speicher schneller füllen zu können.
Gaskraftwerke produzieren immer noch mehr Strom als im Vorjahr
Laut Wirtschaftsminister Habeck soll die Einschränkung der Nutzung von Erdgas zur Stromerzeugung einen möglichen Gasmangel im kommenden Winter vermeiden helfen. Im vergangenen Jahr haben Gaskraftwerke 12 Prozent des gesamten Stroms in Deutschland erzeugt. Die Gaskraftwerke sollten deshalb gedrosselt und weitgehend durch das Hochfahren von Kohlekraftwerken aus der Reserve oder sogar bereits stillgelegter Kohlekraftwerke ersetzt werden. Jetzt zeigen Daten der Bundesnetzagentur, dass die Gaskraftwerke im Juli 2022 sogar erheblich mehr Strom aus Erdgas erzeugten als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Gleichzeitig stieg der Strompreis an der Strombörse aufgrund der hohen Gaspreise auf einen neuen Rekordwert.
Habecks Plan Kohlekraftwerke zu reaktivieren geht nicht auf
Habecks Plan ist, wieder einmal, nicht aufgegangen. Ursache für die höhere Gasverstromung ist zu einem der Mangel an anderen Energieträgern und zum anderen der Strommangel in Frankreich. Die Politik versucht jetzt die Ursache mit aktuellen Trockenheit und den damit verbundenen niedrigen Wasserständen der Flüsse zu erklären. Dadurch wird zu einem die Transportkapazität der Binnenschiffe eingeschränkt und zum anderen müssen Atomkraftwerke in Frankreich ihre Leistung drosseln, da nicht genug Kühlwasser zur Verfügung steht. Deshalb hat Deutschland im ersten Halbjahr bereits 12 TWh Strom nach Frankreich exportiert. Das ist allerdings nur ein Teil der Wahrheit. Denn das Hochfahren der Kohlekraftwerke ist bei weitem viel schwieriger als von Wirtschaftsminister Habeck geplant.
Anfahren alter Kohlekraftwerke gestaltet sich schwierig
Seit dem Beschluss alte Kohlekraftwerke zur Sicherung der Stromversorgung wieder anzufahren ist nur ein einziges Kraftwerk im niedersächsischen Mehrum wieder ans Netz gegangenen. Das Anfahren anderer Kohlekraftwerke gestaltet sich allerdings schwierig, denn die Branche hat sich bereits auf die Abschaltung vorbereitet. Ein Branchenkenner kommentiert den Sachverhalt so: „Das beginnt beim Kranführer in Rotterdam und reicht bis zur Ertüchtigung von Eisenbahnwaggons für den Kohletransport – überall herrscht Mangel“. Dazu kommt, dass die betroffenen Kohlekraftwerke ihre Kohlevorräte abgebaut haben und die Lieferung nicht schnell genug vorankommt.
Auch staatliche Vorgaben behindern das Anfahren abgeschalteter Kohlekraftwerke
Aber auch die Politik behindert das Anfahren der Kohlekraftwerke. Denn die Bedingungen für die Rückkehr von abgeschalteten oder zu Abschaltung vorgesehenen Kohlemeilern ans Netz sind eng gefasst. Die Ausnahmeregelungen gilt nur bis zum Frühjahr nächsten Jahres. Deshalb befürchten die Betreiber, dass sie auf den Kosten für die derzeit extrem teuren Kohle sitzen bleiben könnten. Da die erneuerbaren Energien Vorrang haben, ist für die Betreiber völlig unklar, wie viel Strom sie erzeugen dürfen. Es könnte sogar so weit kommen, dass sie nach dem Anfahren gar keinen Strom einspeisen dürfen. Dazu kommen zusätzliche Umweltauflagen. So müsste das Kraftwerk Jänschwalde aus der Sicherheitsreserve erst entsprechend dem Bundesimmissionsschutzgesetz aufwändig nachgerüstet werden. Eine Investition, die sich in Anbetracht der kurzen vorgesehenen Laufzeit nicht rechnet.
Kraftwerkbetreiber fehlt auch Fachpersonal
Letztendlich kommt auch noch dazu, dass die Kraftwerksbetreiber bereits den größten Teil des Personals abgebaut haben. Für das Wiederanfahren müssten hunderte Stellen neu besetzen werden, was aufgrund des Fachkräftemangels nahezu unmöglich ist. Der Energiekonzern RWE will deshalb sogar seine Mitarbeiter aus dem Ruhestand zurückholen. Es wird vermutlich noch lange dauern, bis genug Kohlekraftwerke wieder am Netz sind, um die Gaskraftwerke spürbar zu drosseln. Solange wird aufgrund des hohen Gasverbrauchs sowohl der Gaspreis, als auch der Strompreis weiter steigen.
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