Die Heizwende von Habeck wird Hunderte von Milliarden Euro kosten, aber ist es tatsächlich effektiv für den Klimaschutz, auf Strom umzusteigen? Der Ökonom Manuel Frondel hat Zweifel daran, dass Habecks Heizhammer erfolgreich sein wird. Außerdem zeigen Zahlen aus dem Wirtschaftsministerium, dass die Umstellung von Öl- und Gasheizungen auf Wärmepumpen den CO₂-Ausstoß nur minimal reduziert (Focus: 08.05.23).
Habecks Heizhammer in der Kritik: Sollte das Gebäudeenergiegesetz beschlossen werden?
Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG), auch bekannt als Habecks Heizhammer, bleibt ein umstrittenes Thema, das die Gemüter erhitzt. Bürger befürchten um ihr Wohneigentum, Verbände und die Opposition lehnen das 170 Seiten starke Bürokratiemonster ab. Selbst innerhalb der Koalition wird immer noch über Ausnahmen und Änderungen gestritten. Der öffentliche Diskurs hat sogar dazu geführt, dass die Verwandtschaftsverhältnisse an der Spitze des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), das für die Heizwende zuständig ist, und diverser grüner Vorfeld-Organisationen auseinandergenommen wurden.
Daher stellt sich die Frage, ob ein Gesetz, das bereits vor Inkrafttreten zu solchen gesellschaftlichen Verwerfungen führt, tatsächlich beschlossen werden sollte.
Habeck verteidigt umstrittenes Gebäudeenergiegesetz
In einem Interview mit dem Deutschlandfunk äußerte sich Habeck zu einem neuen Gesetz, das seiner Meinung nach über Jahrzehnte hinweg Wirkung entfalten werde und ein Meilenstein in der deutschen Klimapolitik sei. Er findet es richtig, dass das Gebäudeenergiegesetz in diesem Frühjahr auf den Weg gebracht wird.
Habeck betonte, dass es Quatsch sei, von einem Heizungsverbot zu sprechen, da niemand das Heizen verbieten wolle, im Gegenteil. Er glaubt, dass gesellschaftliche Fragen berechtigt sind. Habeck ist der Meinung, dass alle Fragen zum neuen Gesetz beantwortet werden müssen, einschließlich derjenigen nach dem Nutzen.
Expert kritisiert Habecks Heizhammer als unnötig und ungerechtfertigt.
Manuel Frondel, seit 2003 Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und seit 2009 außerplanmäßiger Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum, sagte zu Habecks Gesetzentwurf: „Die Novellierung des GEG ist überhaupt nicht notwendig und durch nichts gerechtfertigt“.
Der Experte betont, dass es in Deutschland bereits fast 40 Instrumente und Maßnahmen zur Regulierung des Wärmesektors gibt. Als Beispiel nennt Frondel die nationale CO₂-Bepreisung, die Heizöl, Erdgas, Diesel und Benzin aufgrund des Klimaschutzes teurer macht. Aktuell beträgt der Preis 30 Euro pro Tonne CO₂, was bei Heizöl einen Aufpreis von 9 Cent pro Liter inklusive Mehrwertsteuer bedeutet. Der Preis wird voraussichtlich weiter steigen, was aus Frondels Sicht ein deutliches Signal dafür ist, dass das Heizen mit Öl und Gas allmählich teurer wird. Es macht also durchaus Sinn, auf eine klimafreundlichere Alternative umzusteigen, wenn die alte Heizung kaputtgeht. Aber dies kann nicht von heute auf morgen geschehen, also nicht von 2023 auf 2024, wie es das GEG vorsieht, das vom Kabinett in seiner derzeitigen Form beschlossen wurde.
Experte kritisiert Verbotspolitik: Emissionshandel als besseres Mittel zur Reduktion von CO₂-Ausstoß im Wärmesektor
Manuel Frondel betont, dass sehr hohe Investitionen im Wärmesektor nötig sind und der Umstieg die Immobilienbesitzer viel Geld kostet. Daher geht die energetische Modernisierung kaum voran und die Rate liegt seit Jahrzehnten bei einem Prozent. Frondel ist der Meinung, dass Politik mit einem Verbot der falsche Ansatz ist. Stattdessen sieht er den bereits existierenden und künftig noch umfangreicheren Emissionshandel als das Mittel der Wahl, um den CO₂-Ausstoß zu senken. Der Europäische Emissionshandel ist seit 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. Ab 2027 kommen auch die Sektoren Verkehr und Wärme hinzu. Frondel ist überzeugt, dass dies zu einer weiteren Reduktion der Emissionen führen wird, insbesondere für Heizöl, da die Preise steigen werden. Er fragt sich, warum man nicht auf dieses funktionierende Instrument setzt und stattdessen Wärmepumpen durch eine Verbotspolitik auf den Markt drückt, koste es was es wolle.
Frondel ist der Meinung, dass Menschen durchaus bereit sind, in den Klimaschutz zu investieren und wissen, dass das Geld kostet. Aber er sagt auch, dass sich die Bevölkerung nicht bevormunden lassen will. Insbesondere nicht mit dem Argument der Bundesregierung, dass Heizen mit Öl und Gas aufgrund der CO₂-Bepreisung irgendwann zu teuer wird und deshalb verboten werden sollte, um den Menschen die Entscheidung abzunehmen. Frondel glaubt nicht, dass die Heizwende nach Habeck im besten Interesse der Bürger ist, da Wärmepumpen Strom benötigen und Strom teuer ist. Er ist überzeugt, dass der Strompreis in nächster Zeit steigen wird und sich eine Investition in eine Wärmepumpe im Vergleich zu Erdgas nicht lohnt.
Experte prognostiziert steigende Strompreise aufgrund des knapper werdenden Stromangebots
Durch den Kernenergieausstieg und den bevorstehenden Kohleausstieg bis spätestens 2038, möglicherweise sogar schon 2030, wird das Angebot an Strom knapp. Gleichzeitig geht der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht schnell genug voran.
„Das bedeutet, dass im Winter, wenn es dunkel ist und die Photovoltaikanlagen keinen Strom produzieren und auch die Windkraftkapazitäten nicht ausreichen, die Strompreise jeden Abend in die Höhe schnellen werden“, sagt der Experte voraus.
Frondel glaubt nicht, dass der Strompreis durch den Ausbau erneuerbarer Energien früher als in ein bis zwei Jahrzehnten günstiger wird. Die erwarteten höheren Strompreise hängen auch mit dem Ausbau der Netze zusammen. „Hunderte Milliarden Euro müssen hier investiert werden, was zu steigenden Netznutzungsentgelten führen wird.“
Mit dem Heizhammer trifft die massiv steigende Nachfrage durch Wärmepumpen und Elektromobilität auf ein sinkendes Angebot, so der Fachmann. „Wie soll der Strompreis unter diesen Bedingungen günstiger werden?“, fragt Frondel.
Frondel kritisiert deutsches Klimaschutzvorgehen und betont Bedeutung von Akzeptanz in der Bevölkerung
Frondel betont, dass die Kosten einerseits und der Klimaschutz andererseits zu betrachten sind. Zwar werde der Strom grüner und erneuerbare Energien machten etwa 50 Prozent des Strommixes aus. Doch letztlich sei der Primärenergiemix entscheidend, und hier hätten erneuerbare Energien nur einen Anteil von 16 Prozent, wobei fast die Hälfte aus Biomasse bestehe. Eine vollständige Umstellung auf Sonne und Wind sei nicht möglich.
Frondel ist überzeugt, dass die Heizwende das Klima kaum beeinflussen werde. Deutschland sei nur für etwa 2 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich und somit für die Gesamtrechnung unbedeutend. Doch wenn Deutschland vorbildlich den CO₂-Ausstoß reduzieren würde, könne es als Vorbild für andere Länder dienen. Die Bevölkerung müsse mitziehen und es gerne tun, um Verwerfungen zu vermeiden.
Frondel sieht das derzeitige Vorgehen Deutschlands im Bereich Klimaschutz als nicht vorbildlich an. Es fehle an Akzeptanz in der Bevölkerung und werde deshalb weltweit nicht umgesetzt werden können, um Einfluss auf das Klima zu nehmen.
Geplante Umstellung auf Wärmepumpen zu teuer
Der Umstieg von Gas auf Wärmepumpen würde laut Frondel zusätzliche Kosten in Höhe von 225 Milliarden Euro bis 2045 verursachen, wenn man für defekte Gasheizungen neue Wärmepumpen einbaut. Die Bundesregierung argumentiere zwar, dass sich diese Investition aufgrund sinkender Strompreise langfristig auszahlen werde, aber Frondel ist überzeugt, dass diese Rechnung mit Habecks Heizhammer nicht aufgehe.
Deshalb hofft er, dass das entsprechende Gesetz nicht verabschiedet wird, da die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Frondel befürchtet, dass Deutschland im Ausland verspottet wird.
Geplante Heizwende senkt CO₂-Ausstoß nur minimal
Laut einer Anfrage des Linken-Fraktionschefs im Bundestag, Dietmar Bartsch, wird die geplante Abkehr von Öl- und Gasheizungen den Kohlendioxid-Ausstoß nur langsam senken. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) schätzt, dass die Heizwende im kommenden Jahr die Emissionen des schädlichen Klimagases um 1,7 Millionen Tonnen senken wird.
In den folgenden Jahren wird der Rückgang schrittweise auf bis zu 10,5 Millionen Tonnen im Jahr 2030 ansteigen. Insgesamt sollen durch den Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen von 2022 bis 2030 43,8 Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden. Im Vergleich dazu betrug der Gesamtausstoß an Treibhausgasen im Jahr 2022 761 Millionen Tonnen.
Geplanter Heizhammer bringt nur bescheidene Klimabilanz
Bartsch kommentierte das Vorhaben mit den Worten: „Die Klimabilanz der geplanten Heizvorgaben ist ausgesprochen bescheiden: 1,4 Prozent weniger CO₂-Ausstoß im Jahr 2030 im Vergleich zu heute. Alle Jahre bis 2030 zusammen sind es 5,6 Prozent Ersparnis.“ Er bemängelt auch den höheren Stromverbrauch, der bis mindestens 2030 nicht grün sein werde.
Sein Fazit: „Das Heizgesetz ist klimapolitisch vielfach heiße Luft. Die aktuelle Debatte und der tatsächliche Klimaeffekt stehen in einem krassen Missverhältnis. Die Pläne spalten das Land und verunsichern die Menschen.“
Laut einer Sprecherin des BMWK entfaltet das Gesetz seine volle Wirkung erst über einen längeren Zeitraum. Da Investitionszyklen im Gebäudebereich jedoch lang sind, müssten der Staat die Weichen bereits jetzt stellen, um das Ziel 2045 zu erreichen. Zusätzliche Einsparungen sollen vor allem durch Förderprogramme und einen steigenden CO₂-Preis im Gebäudesektor erreicht werden. Somit bestätigt das Ministerium indirekt, dass steigende CO₂-Preise den Heizhammer eigentlich überflüssig machen würden.