Italien wollte mit dem „Superbonus 110“ in der Coronakrise die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig den Klimaschutz vorantreiben. Doch der Klimabonus entwickelte sich zu einem finanziellen Albtraum. Milliarden an Steuergeldern flossen in ein System, das nicht nur massive Kosten verursachte, sondern auch Betrug in großem Stil ermöglichte. Erst jetzt zeigt sich das volle Ausmaß des Schadens (welt: 01.02.25).
Ein Subventionsprogramm mit fatalen Folgen
Die italienische Regierung verabschiedete im Mai 2020, mitten in der Pandemie, ein gewaltiges Wirtschaftspaket. Ziel war es, die Bauindustrie zu stärken und Handwerksbetriebe zu fördern. Hausbesitzer erhielten die Möglichkeit, energetische Sanierungen vollständig steuerlich geltend zu machen. Zusätzlich wurden zehn Prozent der Kosten als Bonus ausgezahlt.

Die Europäische Union stellte Milliarden für Klimaschutz- und Digitalisierungsmaßnahmen bereit. Italien wurde zum größten Empfänger dieser Mittel. Doch statt effizienter Klimapolitik entstand ein steuerliches Fiasko. Der „Superbonus 110“ ermöglichte es Hausbesitzern, Sanierungen kostenfrei durchzuführen. Banken finanzierten die Vorhaben, indem sie die Steuervergünstigungen kauften. Damit wurde das Programm zu einem Selbstbedienungsladen für Bauunternehmen und Betrüger.
Klimabonus als Einladung zum Missbrauch
Die Möglichkeit, Immobilien ohne Eigenkapital zu modernisieren, lockte zahlreiche Hausbesitzer. Dächer erhielten Solaranlagen, Wände wurden gedämmt, Heizsysteme ausgetauscht. Theoretisch konnten Eigentümer sogar Gewinne erzielen. Die Maßnahme umfasste nahezu alle Wählergruppen, sogar Sportvereine profitierten.
Nach einer zögerlichen Anfangsphase beschleunigte sich die Nutzung rasant. Innerhalb kurzer Zeit explodierte die Zahl der Bauanträge. Baustellen prägten das Stadtbild in Rom, Mailand und anderen Metropolen. Doch nicht nur ehrliche Hausbesitzer nutzten das Programm. Kriminelle Netzwerke und dubiose Firmen erkannten die enormen Gewinnmöglichkeiten.
Betrug in Milliardenhöhe
Der „Superbonus 110“ erleichterte betrügerische Abrechnungen. Baufirmen stellten überhöhte Rechnungen aus oder berechneten Leistungen für nicht existierende Gebäude. Mafia-Gruppen nutzten das System, um fiktive Sanierungen abzurechnen. Ermittlungen ergaben, dass allein die organisierte Kriminalität rund zwei Milliarden Euro abschöpfte.
Laut Kriminalbehörden entstanden bis Ende 2023 fast 11.000 Firmen, die eigens zur Ausnutzung der Subventionen gegründet wurden. Viele verschwanden nach kurzer Zeit wieder. Im zweiten Halbjahr 2021 wurden täglich 64 neue Bauunternehmen registriert – ein deutliches Indiz für organisierte Betrugsstrukturen.
Die Steuerbehörden reagierten erst spät. Inzwischen laufen zahlreiche Verfahren, 2,5 Milliarden Euro wurden gesichert. Bereits 2022 sprach der damalige Finanzminister Daniele Franco von einem der größten Betrugsfälle in der Geschichte Italiens. Ex-Premierminister Mario Draghi kritisierte das Programm scharf, konnte es jedoch nicht stoppen. Erst unter Giorgia Meloni erfolgten im Jahr 2023 erste Reformen – zu einem Zeitpunkt, als der Großteil der Gelder längst verteilt war.
Finanzielle Katastrophe für Italien
Besonders problematisch war die Konstruktion der Steuererstattung. Anstatt über Jahre verteilt steuerlich geltend gemacht zu werden, ließen sich die Gutschriften sofort verkaufen. Banken und Handwerker handelten mit diesen Vergünstigungen, die sich wie eine Parallelwährung entwickelten.
Ein erheblicher Teil der Gelder floss nicht in nachhaltige Sanierungen, sondern in Kryptowährungen oder ins Ausland. Der geschätzte Betrugsschaden liegt laut Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti bei mindestens 16 Milliarden Euro. Doch selbst ohne Betrug stellt das Programm eine enorme Belastung dar.
Statt der ursprünglich geplanten 35 Milliarden Euro kostete der „Superbonus 110“ bislang 119 Milliarden Euro – fünf Prozent der gesamten italienischen Wirtschaftsleistung. Allein 2023 verschlang das Programm vier Prozent des Haushaltsbudgets und trieb das Defizit auf über sieben Prozent. Doch trotz der massiven Kosten blieb der wirtschaftliche Effekt gering: Die italienische Wirtschaft wuchs zwischen 2021 und 2023 insgesamt nur um zwei Prozent.
Eine der schlechtesten steuerpolitischen Maßnahmen Europas
Ökonomen kritisieren das Programm scharf. Nicola Nobile von Oxford Economics bezeichnet es als „die wahrscheinlich schlechteste steuerpolitische Maßnahme der letzten zehn Jahre in Italien“. Zwei Analysen der italienischen Zentralbank zeigen, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile weit hinter den immensen Kosten zurückblieben.
Ein Grund dafür liegt in den gestiegenen Baukosten. Durch den Klimabonus verteuerten sich Bauleistungen um 20 Prozent, nach September 2021 kamen weitere 13 Prozent hinzu. Allein die Preise für Baugerüste stiegen um 400 Prozent. Besonders hart traf es Eigentümer, die andere Sanierungsmaßnahmen durchführen mussten, für die keine Subventionen vorgesehen waren.
Auch der Internationale Währungsfonds sieht gravierende Mängel. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis fällt extrem ungünstig aus. Höhere Gewinnmargen für Baufirmen, verdrängte Investitionen und weitverbreiteter Betrug verhinderten die erhofften positiven Effekte.
Der finanzielle Aufwand übersteigt sogar die 69 Milliarden Euro, die Italien aus dem EU-Wiederaufbaufonds erhielt. Nur ein Bruchteil dieser Mittel war für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen. Ein Viertel der Kosten trägt indirekt der deutsche Steuerzahler. Die Europäische Kommission hatte den Klimabonus 2020 genehmigt und sogar positiv bewertet. Man hielt das Modell für übertragbar auf andere EU-Staaten. Heute dürfte Erleichterung darüber herrschen, dass es keine Nachahmer fand.
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