EU hält trotz Krise am CO2-Handel fest – Kritik an von der Leyens Kurs wächst

Europa ringt um den richtigen Kurs beim CO2-Handel, der als Herzstück der europäischen Klimapolitik gilt. Während die Energiepreise steigen, die Inflation anhält und die Wirtschaftsleistung vieler Mitgliedsstaaten sinkt, betont die Kommission ihre ehrgeizigen Klimaziele. Ursula von der Leyen verteidigt den Handel als unverzichtbares Instrument für eine sichere Energieversorgung, doch Kritiker sehen darin ein gefährliches Experiment mit unkalkulierbaren sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Inmitten einer schwachen Konjunktur und wachsender Unzufriedenheit gerät die Klimapolitik der Kommissionspräsidentin zunehmend unter Druck.


Streit um den Start des CO2-Handels

Der geplante CO2-Handel für Verkehr und Gebäude soll im Januar 2027 starten. Er ersetzt in Deutschland die bestehenden CO2-Preise auf Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas. Experten erwarten einen Einstiegspreis zwischen 50 und 75 Euro je Tonne CO2, doch langfristig dürfte er deutlich höher liegen. Schon jetzt warnt eine Reihe von EU-Staaten vor gravierenden Folgen. Polen, Ungarn, die Slowakei und Zypern drängen auf eine Verschiebung des Starts. Sie fürchten, dass höhere Energiepreise und die schwache Konjunktur ihre Volkswirtschaften zusätzlich belasten.

Der EU droht mit dem CO2-Handel ein teures Experiment. Inflation, Energiepreise und sinkende Wirtschaftsleistung verschärfen die Kritik
Der EU droht mit dem CO2-Handel ein teures Experiment. Inflation, Energiepreise und sinkende Wirtschaftsleistung verschärfen die Kritik

Der gemeinsame Brief an Brüssel spricht eine klare Sprache. Die Kombination aus hoher Inflation, geringen Reallöhnen und sinkender Wirtschaftsleistung bedrohe die soziale Stabilität. Viele Haushalte könnten Heizkosten und Mobilität kaum noch finanzieren. Dennoch hält von der Leyen an ihrem Plan fest. Für viele Beobachter ist das ein Zeichen politischer Sturheit – nicht von Führungsstärke.

Symbolpolitik statt wirtschaftlicher Vernunft

Ursula von der Leyen verteidigt ihren Kurs mit dem Argument, Klimaschutz verlange Konsequenz. Doch Kritiker bemängeln, dass sie ökonomische Realitäten ignoriert. Der Markt für Emissionszertifikate sei noch nicht ausgereift, die sozialen und wirtschaftlichen Folgen kaum abschätzbar. Trotzdem setzt die Kommission auf ein Instrument, das Haushalte und Unternehmen weiter belastet.

Die Marktstabilitätsreserve, die Preisspitzen dämpfen soll, bietet nur kurzfristige Entlastung. Ab einem CO2 Preis von 45 Euro sollen zusätzliche Zertifikate den Markt beruhigen. Doch das senkt die Preise nur minimal, während die Kosten für Verbraucher weiter steigen. Von der Leyens Ankündigung, Einnahmen aus dem CO2-Handel vorzuziehen und in einen Klimasozialfonds zu stecken, wirkt auf viele wie ein politisches Trostpflaster. Sie will Kritik mit Geld besänftigen, anstatt das System grundsätzlich zu überdenken.

Milliarden gegen Akzeptanzverlust

Bernd Weber von der Denkfabrik Epico rechnet vor, dass bis 2027 rund 50 Milliarden Euro mobilisierbar sind, wenn Einnahmen aus späteren Jahren vorgezogen werden. Doch diese Strategie gleicht einem Kredit auf die Zukunft. Geld, das jetzt in Förderprogramme fließt, fehlt später für langfristige Investitionen. Kritiker sprechen von einem riskanten Taschenspielertrick, der die Schuldenlast erhöht, ohne strukturelle Probleme zu lösen.

Die EU riskiert, den Rückhalt in der Bevölkerung zu verlieren. Schon jetzt sinkt das Vertrauen in die Klimapolitik, die zunehmend als Belastung empfunden wird. In vielen Mitgliedsstaaten schrumpft die Wirtschaftsleistung, während Unternehmen über Standortnachteile klagen. Ein wachsender Teil der Bürger betrachtet den CO2-Handel nicht mehr als Klimaschutzmaßnahme, sondern als neue Steuerquelle.


Belastung für Industrie und Energieversorgung

Auch die Industrie steht unter Druck. Der bestehende Emissionshandel für Energie und Industrie verliert an Akzeptanz. Mit dem Auslaufen kostenloser Zertifikate drohen den Unternehmen milliardenschwere Zusatzkosten bei der Energieversorgung. Der neue CO2 Grenzausgleich CBAM soll zwar Importe ausgleichen, doch Experten halten ihn für bürokratisch und schwer umsetzbar.

Die europäische Energieversorgung leidet zusätzlich unter hohen Beschaffungskosten und politischer Unsicherheit. Viele Betriebe drosseln ihre Produktion oder verlagern sie ins Ausland. Anstatt Entlastung zu schaffen, verschärft Brüssel die Lage mit immer neuen Auflagen. Die Kluft zwischen politischen Ankündigungen und wirtschaftlicher Realität wächst.

Europa am Scheideweg

Die EU will ihre Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent senken. Doch der Weg dorthin führt über steigende Kosten und sinkende Wettbewerbsfähigkeit. Der CO2-Handel droht, zum Symbol einer Politik zu werden, die an den Bedürfnissen der Bürger vorbeigeht. Während die Inflation anhält und die Energiepreise weiter steigen, fehlt vielen Menschen das Vertrauen in die Führungsfähigkeit der Kommission.

Ursula von der Leyens Linie steht sinnbildlich für eine technokratische Politik, die sich auf Zahlen statt auf Menschen konzentriert. Ohne eine realistische Anpassung der Klimapolitik droht der CO2-Handel mehr zu zerstören, als er schützt – wirtschaftlich, sozial und politisch. (KOB)

Lesen Sie auch:

Nach oben scrollen