Die Stromerzeugung aus Atomkraft und Erdgas sinkt in Deutschland. Aber der Energieverbrauch bleibt weiterhin fossil geprägt. Laut neuesten Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) für das Jahr 2023 ging der Primärenergieeinsatz im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit 1990 zurück. Dies kann auf effizientere Energieumwandlung, geringeren Energieverbrauch oder den Einsatz effizienterer Energieträger zurückzuführen sein. Allerdings spielt dabei auch das milde Wetter, der verhaltene Konjunktur und ein paar statistischen Feinheiten eine Rolle. Trotz niedrigerem Energiebedarf stiegen aber die Emissionen gegenüber dem Vorjahr an.
Deutschlands Klimaziele wieder verfehlt: Stagnierende Emissionen trotz sinkendem Energiebedarf
Doch trotz sinkendem Energiebedarf stagnieren die Treibhausgasemissionen, wie der Think-Tank Agora Energiewende berechnet hat (Agora-Energieqwende: 04.01.23). Ursache dafür ist die Reaktivierung bereits abgeschalteter Braun- und Steinkohlekraftwerke. Insgesamt sind im Jahr 2022 mehr als 761 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente in die Luft geblasen worden.
Damit hat Deutschland seine Klimaziele erneut verfehlt. Der Rückgang der Emissionen betrug 39 % seit 1990 statt dem angestrebten Wert von 40 Prozent. Trotzdem hat man das Ziel im Jahr 2020 unerwartet erreicht, aber nur aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Im Jahr 2021 stiegen die Emissionen wieder über die Zielmarke.
Treibhausgasemissionen steigen trotz detailliertem Klimaschutzplan
Es gibt jetzt einen detaillierten Plan mit jährlichen Minderungszielen für verschiedene Sektoren. Laut Klimaschutzgesetz sollten 2022 insgesamt 756 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen vermieden werden (gesetze-im-internet). Doch dieses Ziel wurde trotz geringerem Energiebedarf nicht erreicht. Konventionelle Kraftwerke erzeugten insgesamt 302 TWh Strom. Braunkohlekraftwerke trugen den größten Teil mit 109 TWh bei (7 % mehr als 2021). Steinkohlekraftwerke lieferten mit 60 TWh 20 % mehr Strom als im Jahr 2021. Die Stromproduktion aus Gaskraftwerken sank um 16 % auf 75 TWh. Nachdem Ende 2021 insgesamt 4 GW Kernkraft vom Netz gegangen war, produzierten Kernkraftwerke im vergangenen Jahr mit 33 TWh 50 % weniger als ein Jahr zuvor. Ursache für den Anstieg der CO₂-Emissionen ist damit hauptsächlich die vermehrte Stromerzeugung durch Kohle. Als Reaktion auf die Gas-Versorgungsengpässe hat die Regierung im Jahr 2022 Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 2 Gigawatt aus der Reserve zurück ans Netz gebracht.
Kernkraftabschaltung und stagnierender Ausbau erneuerbarer Energie führt zu steigenden Emissionen
Trotz gestiegener Treibhausemissionen hält die Regierung an der Abschaltung der letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke fest. Damit stellt sie die Ideologie über den Klimaschutz. Um die Kernkraftwerke zu ersetzen, müssen weitere Kohlekraftwerke zurück ans Netz kommen, denn auch der Ausbau der erneuerbaren Energie stagniert und ist meilenweit hinter den Vorgaben des Wirtschaftsministers zurück. Damit ist heute schon abzusehen, dass auch im neuen Jahr die Klimaziele nicht erreichbar sind.
Lesen Sie auch:
- Veronika Grimm: Kernkraftwerke verlängern – Strompreise senken und CO2-Emissionen reduzieren
- Deutschlands CO2-Emissionen steigen an: Warum der Ausbau erneuerbarer Energien stagniert
- Grüner Ministerpräsident: „Tempolimit für Klimaschutz irrelevant“
- CO2-Grenzzoll: Bedrohung für die europäische Stahl- und Aluminiumindustrie? EU-Industrieverbände warnen vor schwerwiegenden Folgen
- Habeck vollzieht mit Zulassung der CCS-Technologie erneut eine Kehrtwende in der Klimapolitik