Die Bundesregierung stützt ihre Energiepolitik auf die Idee, dass erneuerbare Energien den Strom günstiger machen, da Wind und Sonne keine Rechnung schicken. Jedoch zeigen bisherige Daten ein anderes Bild. Unsichere Prognosen dienen heute als Grundlage für konkrete politische Entscheidungen. Dies betrifft sowohl das kontroverse Heizungsgesetz als auch die Vergabe verbilligter Strompreise an die Industrie (Welt: 15.06.23).
Regierung verspricht billigen Strom bis 2030 – aber ist das wirklich wahr?
Die Regierung verspricht, dass Strom bis 2030 billig sein wird, da erneuerbare Energien bis dahin 80 Prozent des Energiebedarfs decken sollen. Die Interpretation lautet, dass Wind und Sonne keine Rechnung stellen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bietet der Industrie nur zeitlich begrenzt verbilligten Strom an. Sein Konzept für Industriepreise, das er am 5. Mai vorgelegt hat, besagt, dass die Energiewende bald eine dauerhafte Versorgung energieintensiver Unternehmen mit erneuerbarem Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen gewährleisten wird. Lediglich für die Übergangsphase bis 2030 werden staatliche Subventionen in Form eines Brückenstrompreises benötigt.
Werden Gas- und Ölheizungen unbezahlbar? Die Prognose im umstrittenen Gebäudeenergiegesetz
Im umstrittenen Gebäudeenergiegesetz (GEG), das vorschreibt, Millionen von Gas- und Ölheizungen durch elektrische Wärmepumpen zu ersetzen, spielt eine weitere Prognose eine wichtige Rolle. Es wird behauptet, dass nicht nur der Strom immer billiger wird, sondern auch Gas- und Ölheizungen immer teurer werden, da ihr Brennstoff mit einer zunehmenden CO₂-Abgabe belastet wird.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte: „Mittel- bis langfristig ist eine Wärmepumpe günstiger als eine Gasheizung. Viele Menschen können sich noch nicht vorstellen, wie teuer Öl und Gas sein werden. Gleichzeitig wird mit dem Ausbau von Wind und Solar der Strom günstiger.“
Auch Katharina Dröge, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, verteidigt das Heizgesetz von Minister Habeck mit dem Hinweis auf steigende Klimaabgaben. Sie sagte im Deutschlandfunk: „Wir haben in Deutschland bereits einen CO₂-Preis, auf europäischer Ebene ab 2027 auch für Wärme, und dieser wird steigen. Dadurch wird das Heizen mit Erdgas immer teurer. Aus diesen Gründen müssen wir die Menschen davon abhalten, sich erneut für eine Gasheizung zu entscheiden.“
Das Beispiel Dänemark und die Realität der deutschen Energiewende
Die beiden Annahmen der deutschen Energiepolitik, dass Strom immer billiger wird und CO₂-Preise immer höher steigen, darf man aber durchaus infrage stellen. Es scheint kein Naturgesetz zu sein, dass Solar- und Windkraft den Strompreis senken. Ein Beispiel dafür ist Dänemark, das bereits rund 60 Prozent seiner Energie aus Wind und Sonne bezieht, aber dennoch die höchsten Strompreise weltweit hat. Mittlerweile denken die Dänen sogar über den Bau von Atomkraftwerken nach (Welt: 16.05.23)
Auch in Deutschland wurde das Versprechen von günstiger Elektrizität trotz 25 Jahren Energiewende bisher nicht erfüllt. Bereits im Jahr 2017 hatte Patrick Graichen, der damalige Chef der Denkfabrik Agora Energiewende, angekündigt, dass die Energiewende jetzt billig werde. Er betonte, dass Windstrom nur noch fünf bis sechs Cent pro Kilowattstunde koste und dass nun die „Erntejahre“ der Energiewende in Sicht seien.
Der Ukraine-Krieg führte zur Abschaltung von Atomkraftwerken und teuren Gaskraftwerken, was das Preisniveau beeinflusste. Sogar der Windstrom wurde teurer, da die Bundesnetzagentur die Einspeisegebote um 25 Prozent auf 7,35 Cent pro Kilowattstunde erhöhte. Im ersten Halbjahr 2023 zahlten die Deutschen mit 47 Cent den bisher höchsten Strompreis aller Zeiten, obwohl der angeblich kostengünstige Ökostrom bereits einen Marktanteil von 50 Prozent hat. Dieser Anstieg wurde von niemandem vorhergesehen. Die Zukunft ist unsicher.
Warum Strom trotz Ausbau erneuerbarer Energien nicht günstiger wird
Einige Unternehmensberatungen haben sich auf die schwierige Aufgabe spezialisiert, langfristige Energiepreis-Prognosen zu erstellen. Im September des vergangenen Jahres präsentierte die Prognos AG im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft eine Strompreis-Prognose bis 2040.
Selbst im besten Szenario werden die Großhandelsstrompreise bis 2040 voraussichtlich nicht unter 57 Euro pro Megawattstunde sinken. Dies liegt über dem Niveau vor der Krise. In einem mittleren Szenario könnten sogar 70 Euro erwartet werden. Zusätzlich zu den Großhandelspreisen kommen noch Kosten für Netzausbau und Systemstabilisierung hinzu. Daher wird es nicht billiger.
Die reinen Erzeugungskosten für Wind- und Sonnenstrom haben wenig mit dem Strompreis am Großhandelsmarkt zu tun. Dieser wird von einer Vielzahl von Faktoren bestimmt. Gaskraftwerke bestimmen immer noch in vielen Stunden an der Strombörse den Preis, basierend auf der Merit-Order, der Einsatzreihenfolge für Kraftwerke.
Wärmepumpen vs. Gasheizungen: Die unsichere Zukunft der Strompreise und CO₂-Abgaben
Auch im Jahr 2050 könnten Gaskraftwerke laut Holger Lichtschläger, Managing Director der Global Experts Energy Consulting GmbH (GEEC), immer noch einen erheblichen Einfluss auf den Marktpreis an den Börsen haben. Er schätzt sogar, dass die nominalen Strompreise am Großhandelsmarkt im Jahr 2050 noch höher sein könnten als von Prognos prognostiziert. Wenn der versprochene Preisverfall am Strommarkt ausbleibt, müssen Käufer von Wärmepumpen darauf vertrauen, dass sie verbilligte Sondertarife erhalten.
Die zweite Prognose besagt, dass steigende CO₂-Abgaben Gas- oder Ölheizungen langfristig teurer machen werden, um die Klimaziele zu erreichen. Der Staat erstattet den Bürgern die CO₂-Einnahmen durch ein Klimageld zurück, wobei insgesamt die untere Einkommenshälfte sogar profitiert. Es ist jedoch unsicher, ob die CO₂-Belastung stark genug ansteigt, um im Vergleich zur Wärmepumpe Öl- und Gasbrennstoffe unwirtschaftlich zu machen.
Derzeit zahlen die Deutschen eine Abgabe von 30 Euro pro Tonne CO₂ für den Verbrauch von Öl, Gas und Benzin. Gemäß dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) wird die Abgabe bis 2027 in einen Preiskorridor zwischen 55 und 65 Euro steigen. Dies verteuert Heizöl um 17,5 bis 20,6 Cent pro Liter, also etwa ein Fünftel.
CO₂-Abgabe auf Heizöl und Gas: Warum der Preis 2027 nicht weiter steigt
Ab Anfang 2027 wird die deutsche CO₂-Abgabe jedoch im europäischen Emissionshandel für Brennstoffe, dem sogenannten ETS 2, aufgehen. Hier haben die EU-Entscheidungsträger aus Rücksicht auf ärmere Bevölkerungsgruppen in Ost- und Südeuropa einen Höchstpreis von 45 Euro festgelegt. Das bedeutet, dass die CO₂-Abgabe auf Heizöl und Gas in Deutschland im Jahr 2027 nicht weiter steigen wird. Im Gegenteil: Sie wird vorerst auf das niedrigere europäische Niveau zurückfallen.
Ein Manager der Heizungsindustrie sieht das ähnlich. Selbst bei einer 40-prozentigen Förderung von Wärmepumpen könnten die Mehrkosten im Vergleich zum Ölkessel einschließlich Zinslast schnell 22.000 Euro oder mehr betragen. „Spare ich mir das, würde das Geld für 19.000 Liter Heizöl in 15 Jahren reichen, selbst wenn der Heizölpreis auf 1,20 Euro pro Liter steigt. Wegen solcher Realitäten entscheiden sich die Leute dann doch oft wieder für den Ölkessel.“
Fazit: Für den Einbau einer Wärmepumpe liefert der Klimaschutz gute Gründe. Wahrscheinlich steigt damit auch der Wert der Immobilie. Wer aber die Kaufentscheidung allein auf die vermutete Entwicklung von Strompreisen durch den Ausbau erneuerbarer Energien und CO₂-Berechtigungen gründet, steht auf unsicherem Grund.
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