Die rapide Expansion von Solaranlagen bringt Deutschlands Stromnetz an seine Grenzen. Bereits an Ostern könnten Überschüsse von Solarstrom so massiv ausfallen, dass regionale Netzabschaltungen unvermeidlich erscheinen. Statt als nachhaltige Energielösung gefeiert zu werden, entwickelt sich Solarenergie zunehmend zum Risikofaktor. Bereits in diesem Winter verursachten Dunkelflauten, also Perioden ohne Wind und Sonne, erhebliche Versorgungsengpässe. Markus Krebber, Chef des Energieunternehmens RWE, sprach von Situationen, in denen die Elektrizitätsversorgung kaum noch stabil zu halten war (welt: 07.01.25).
Überschüsse bedrohen Netzstabilität
Der Frühling könnte das Gegenteil zur Dunkelflaute bringen: eine „Ökostrom-Flut“. Laut Experten könnten Solaranlagen bei sonnigem Wetter mehr als 34 Gigawatt ins Netz einspeisen. Zusätzlich liefernde Anlagen anderer Energieformen verschärfen das Problem. Diese Überschüsse könnten die Frequenz im Stromnetz destabilisieren. Weicht sie vom Sollwert von 50 Hertz ab, drohen technische Probleme bis hin zu einem landesweiten Blackout.
Stefan Kapferer, Vorstand von 50Hertz, erklärte, dass der Netzbetreiber verschiedene Mittel zur Frequenzstabilisierung einsetzt, darunter das gezielte Abregeln von Anlagen. Da viele kleine Solaranlagen keine entsprechende Zugriffsmöglichkeit haben, seien auch temporäre regionale Netzabschaltungen denkbar. Diese sogenannten Brownouts könnten verheerende Folgen für das Vertrauen in die Energiewende haben und den Wirtschaftsstandort Deutschland schwächen.
Unkontrollierte Einspeisung und negative Preise
Ein weiteres Problem liegt in der mangelnden Steuerbarkeit vieler Solaranlagen. Bestimmte Anlagen produzieren Strom unreguliert, selbst wenn die Preise am Großhandelsmarkt auf historische Tiefstwerte sinken. Laut einem Szenario von CFP Flexpower könnte Ostern 2025 ein Überangebot von drei Gigawatt bestehen, das selbst durch Exporte und Regelenergie nicht ausgeglichen würde.
Der CFP-Geschäftsführer Amani Joas warnte vor potenziellen Netzproblemen, die zu Brownouts führen könnten. Negative Strompreise würden die Kosten weiter in die Höhe treiben. Hans-Josef Fell, Mitbegründer des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, hob hervor, dass solche Überschüsse nicht nur finanzielle Belastungen, sondern auch Blackout-Risiken bergen.
Speichermangel und politische Verzögerungen
Eine Speicherung des überschüssigen Solarstroms scheitert bisher an begrenzten Kapazitäten. Lion Hirth, Energieexperte an der Hertie School, betonte, dass Heimspeicher aufgrund ihrer Nutzung für Eigenverbrauch kaum zur Netzstabilität beitragen. Zur Mittagszeit, wenn die Sonneneinstrahlung am höchsten ist, sind die Batterien meist bereits vollgeladen.
Die Bundesregierung versucht, mit gesetzlichen Regelungen gegenzusteuern. Ein Entwurf von SPD und Grünen soll Solaranlagenbetreiber zur Drosselung ihrer Einspeisung bei Überproduktion motivieren. Allerdings gelten viele dieser Maßnahmen nur für Neuanlagen, während die Bestandsanlagen weiter unreguliert einspeisen.
Handlungsdruck vor Ostern
Ob das Gesetz rechtzeitig verabschiedet wird, bleibt fraglich. Ohne Einigung im Bundestag drohen unkontrollierte Netzprobleme. Die hohen Einspeisevergütungen der Vergangenheit hatten Solaranlagen einst attraktiv gemacht, doch die mangelnde Infrastruktur hinterlässt jetzt spürbare Lücken. An Ostern könnte sich entscheiden, ob die Energiewende in der Bevölkerung weiter auf Zustimmung trifft oder als unbeherrschbar wahrgenommen wird.
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