Der Elektroauto-Mythos als Umweltretter steht auf dem Prüfstand. Elektromobilität sollte die CO₂-Emissionen senken und die Welt klimafreundlich gestalten. Neue Berechnungen zeigen jedoch Zweifel. Statt zu sinken, könnten die Emissionen im Verkehrssektor sogar steigen. Der Elektroauto-Plan könnte scheitern (Welt: 21.09.23).
Elektromobilität in Deutschland: Subventionsende und ungewisse Zukunft
Der Einbruch der Elektromobilität in Deutschland ist nah. Wenn das Kraftfahrt-Bundesamt Anfang Oktober die Zulassungszahlen für den letzten Monat veröffentlicht, wird der Anteil reiner Elektroautos deutlich fallen.
Im August war knapp jedes dritte neue Auto ein Elektroauto, aber das lag an staatlichen Subventionen für Unternehmen, die im August endeten. Jetzt, da diese Subventionen wegfallen, werden gewerbliche Elektro-Neuzulassungen voraussichtlich stark zurückgehen.
Die Subventionen in Deutschland sind Teil eines globalen Systems, das Verbrennungsmotoren durch Elektroautos ersetzen will, um den CO₂-Ausstoß im Verkehr zu reduzieren. Ob dieser Plan aufgeht, ist jedoch fraglich.
Laut einer Schätzung von Boston Consulting könnten 2030 weltweit 42 Prozent aller Neuwagen Elektro- oder Brennstoffzellenautos sein. In diesem Fall würden die CO₂-Emissionen des Pkw-Verkehrs bis 2035 etwa gleich bleiben. Ein langsameres Wachstum der Elektroauto-Verkäufe könnte jedoch zu zusätzlichen Emissionen von Fahrzeugen in den nächsten zehn bis 20 Jahren führen.
Im Vergleich dazu betrug die CO₂-Emission des Straßenverkehrs in Deutschland 2021 142 Megatonnen pro Jahr. Es ist keine Rede von einem globalen Rückgang der CO₂-Emissionen in dem Bericht.
Dies liegt daran, dass die Gesamtzahl der Autos weltweit weiter steigt. Obwohl Verbrennerfahrzeuge effizienter sein könnten, werden sie auch nach 2030 weltweit immer noch die Mehrheit der Neuzulassungen ausmachen, außer in den USA, der EU und China.
Elektrische Revolution im Verkehr: Trotzdem bleiben CO₂-Emissionen stabil
Darüber hinaus wird weltweit mehr elektrisch gefahren, vor allem für Mitfahrgelegenheiten und Pendler. Trotzdem werden die CO₂-Emissionen von Leichtfahrzeugen bis 2035 voraussichtlich stabil bleiben.
In China könnten die Emissionen aufgrund des starken Einsatzes von Kohle bei der Stromerzeugung langsamer verbessert werden. In Europa haben einige Länder den Höhepunkt der Fahrzeugemissionen bereits erreicht, während dies in anderen Regionen wie Afrika frühestens 2040 der Fall sein könnte. Es ist klar, dass mehr Lösungen benötigt werden, um Netto-Null-Emissionen schnell zu erreichen.
Auch bei der Integration von Elektroautos in die Klimastrategie gibt es Probleme. Der britische Premierminister Rishi Sunak hat kürzlich angekündigt, das Verkaufsverbot für neue Benzin- und Dieselautos von 2030 auf 2035 zu verschieben, was dem Zeitplan der EU entspricht.
Diese Verbote und staatliche Vorgaben waren bisher treibende Kräfte bei der Elektrifizierung. In China dürfen beispielsweise Benzinautos nicht an allen Tagen in die Städte fahren, was dazu geführt hat, dass viele auf ein Elektroauto umgestiegen sind.
Elektroautos im Vormarsch: Verbote und Investitionen prägen die Zukunft des Automarktes
In Norwegen, wo ab 2025 keine Neuzulassungen von Verbrennern mehr erlaubt sind, machen Elektroautos bereits mehr als 80 Prozent des Marktes aus. Ähnliche Verbote sind für Kalifornien (2035) und die chinesische Halbinsel Hainan (2030) geplant.
Die negative Reaktion der britischen Autoindustrie auf die Pläne von Sunak zeigt, dass die Unternehmen bereits auf den Umstieg vorbereitet sind. Weltweit investieren sie beträchtliche Summen in die Entwicklung und Produktion von Elektroautos. Viele traditionelle Hersteller planen sich noch in diesem Jahrzehnt von Verbrennungsmotoren zu verabschieden, darunter Stellantis mit Marken wie Opel und Fiat.
Trotz des erwarteten Rückgangs auf dem deutschen Markt wird der Verkauf von Elektroautos in diesem Jahr weiterhin stark wachsen. Laut dem US-Analysehaus Gartner wird der Absatz von Elektroautos (einschließlich Plug-in-Hybriden) weltweit 2023 voraussichtlich rund 15 Millionen erreichen und im nächsten Jahr auf 17,9 Millionen steigen.
Dieser Anstieg ist nicht nur auf Subventionen und staatliche Vorschriften zurückzuführen, sondern auch auf Markteinflüsse. Im vergangenen Jahr haben 35 Länder weltweit einen Elektroanteil von mehr als fünf Prozent bei Neuzulassungen erreicht, ein wichtiger Wendepunkt, so Experten. Mehr als 65 Prozent des weltweiten Autoabsatzes erfolgen nun in solchen Ländern, einschließlich der USA. Die Herausforderungen Europas, wie hohe Strompreise und der Mangel an eigenen Rohstoffquellen für Batterien, betreffen nicht alle Regionen der Welt.
Die Zukunft der Elektromobilität in Europa: Neue Wege für erschwingliche Elektroautos gefordert
In Europa scheint die erste Welle der Elektrifizierung jedoch abzuflauen. Die BCG-Berater betonen die Notwendigkeit neuer und besserer Lösungen, um die nächste Verkaufswelle anzukurbeln.
Eine solche Lösung könnten erschwinglichere Elektroautos sein. In einer Umfrage von YouGov im Auftrag der Brüsseler Umwelt-Lobbyorganisation T&E gaben 39 Prozent der befragten Neuwagenkäufer in Deutschland an, dass sie im nächsten Jahr ein Elektroauto kaufen würden, wenn solche Fahrzeuge 25.000 Euro kosten würden. Bei den aktuellen Preisen wären nur 31 Prozent dazu bereit. T&E schätzt, dass auf diese Weise jährlich 212.000 Verbrenner durch Elektroautos ersetzt werden könnten, bedauert jedoch, dass europäische Hersteller solche Autos nicht anbieten.
Monika Schnitzer, Leiterin der „Wirtschaftsweisen“, warnt davor, dass Strafzölle gegen China, wie sie die EU prüft, preiswerte Elektroautos aus China vom europäischen Markt fernhalten könnten. Sie betont die Bedeutung der Produktion solcher Autos in Europa und weist darauf hin, dass einige chinesische Hersteller bereits nach Standorten auf dem Kontinent suchen.
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