Die reichen europäischen Industriestaate versuchen unabhängig von russischen Gaslieferungen zu werden. Dazu kaufen sie am Weltmarkt Flüssiggas aus allen verfügbaren Quellen und zahlen nahezu jeden Preis dafür. Das führt nicht nur zu einem explosionsartigen Preisanstieg, sondern auch zu massiven Versorgungsengpässen in den Schwellenländern. Diese sind durch die Aufkäufe einfach nicht mehr in der Lage, die durch die Europäer hochgetriebenen Preise zu bezahlen. Die Versorgungsrisiken in den Schwellenländern wachsen entsprechend. Der Gaskrieg zwischen Russland und Europa stürzt die Schwellenländer in eine Energiekrise.
Europäer kaufen Flüssiggas zu jedem Preis
Europa versucht mit allen Mitteln russisches Erdgas zu boykottieren. Dazu werden langfristige Verträge für Flüssiggas (LNG) mit Ländern wie die USA, Katar und Kanada abgeschlossen. Dazu kaufen die Europäer große Mengen LNG an den Spotmärkten und treiben damit die Preise von einem Rekord zum nächsten. Damit drängt man aber Schwellenländer, die dieses Gas vorher abgenommen haben, komplett aus dem Markt. Diese viel ärmeren Ländern können bei der Preistreiberei einfach nicht mehr mithalten. Deshalb droht in vielen Schwellenländern sich die Energieversorgung zu verschärfen. Dort war Flüssiggas bisher eine zuverlässige und billige Energiequelle.
Schwellenländer können nicht mehr mithalten
Das weltweite LNG Angebot ist begrenzt und lässt sich nicht so schnell erhöhen. Dazu fehlt es vor allem an entsprechenden Terminals zu Verflüssigung und an Transportkapazitäten. In ihrem neusten Bericht schreibt die Internationale Energieagentur (IEA) dazu (FAZ 05.07.22): „Europas steigende Nachfrage nach LNG als Ersatz für die russische Pipeline-Gasversorgung hat zu einem außergewöhnlich angespannten globalen Markt geführt“. Die Bereitschaft der Europäer, immer höhere Preise für LNG zu bezahlen, würden zwar neue Anbieter anziehen, aber auch ärmere Länder aus dem Markt drücken. Durch den zusätzlichen europäischen LNG-Bedarf würde die weltweite Nachfrage das aktuelle Angebot übersteigen.
Angebot wird Nachfrage noch jahrelang nicht decken können
Das Angebot wird laut IEA auch in den nächsten Jahren nicht so schnell wachsen wie die Nachfrage. Dies läge hauptsächlich daran, dass der Ausbau der dazu erforderlichen Infrastruktur und die Erschließung neuer Gasfelder nicht so schnell folgen kann. Die Verknappung von Flüssiggas durch den Aufkauf europäischer Staaten wirkt sich mittlerweile bereits auf asiatische Staaten aus. Dort kommt es bereits zu Gasknappheit und Stromausfällen. Die IEA geht davon aus, dass sich die Situation in den Schwellenländern noch weiter verschärfen wird. Viele dieser Länder, wie zum Beispiel Vietnam oder die Philippinen, hätten keine langfristigen Lieferverträge. Deshalb müssen sie in den kommenden Jahren mit den finanzstarken Europäern am Spotmarkt konkurrieren. In Pakistan, Myanmar und Bangladesch kommt es bereits zu langen Stromausfällen (Finanzmarktwelt: 07.07.22). Mittlerweile kommen die sechs größten Abnehmer von Flüssiggas aus Europa, dieses Gas wurde zuvor nach Asien verkauft und fehlt jetzt dort. Aufgrund fehlender Pipelines gibt es für die asiatischen Staaten auch keine andere Bezugsquellen. Das wird die Preise noch weiter nach oben treiben. Kaum eines dieser Schwellenländer wird in der Lage sein, in diesem Preiswettkampf mitzuhalten.
Der Gaskrieg wird nicht mit Waffen, sondern mit Geld geführt
Europa hat mit dem Versuch russische Erdgas zu boykottieren einen weltweiten Gaskrieg angezettelt. Leittragenden sind die Verbraucher, die immer weiter steigende Preise bezahlen müssen. Viel härter trifft es aber viele Schwellenländer, die bei diesem Preiskampf nicht mehr mithalten können. Dort wird der Gasmangel unweigerlich die Wirtschaft dieser Länder nach unten ziehen, denn diese ist dort genauso abhängig vom Gas wie die europäische Wirtschaft. Der Krieg um das Gas wird nicht mit Waffen, sondern mit Geld geführt.
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