Mit großen Erwartungen startete 2007 im Süden von Landau ein ehrgeiziges Projekt: das Geothermiekraftwerk, das Umweltfreundlichkeit mit lokaler Stromproduktion verbinden sollte. Damals galt die Technologie in Deutschland noch als exotisch. Drei Megawatt elektrische Leistung versprachen Versorgungssicherheit für rund 1.500 Haushalte. Doch nun kündigt sich das Aus für die Anlage an. Das Unternehmen Vulcan, neuer Eigentümer nach Übernahme der Geox GmbH, plant den Rückbau – laut Mitteilung voraussichtlich im kommenden Jahr (rheinpfalz: 09.04.25).
Fokuswechsel auf moderne Lösungen
Technisch wie wirtschaftlich erfüllt das Kraftwerk nicht mehr die Anforderungen. Laut Vulcan reiche die erzeugte Energie nicht aus, um das geplante Fernwärmeprojekt in Landau zuverlässig zu unterstützen.

Symbolbild
Deshalb entsteht auf dem Gelände D12 nahe der A65 eine neue Anlage. Dort kombiniert Vulcan Geothermie mit Lithiumgewinnung. Der Standort des bisherigen Geothermiekraftwerks bleibt jedoch nicht ungenutzt: Die bestehende Bohrung soll künftig mit dem neuen System verbunden sein.
Neue Projekte mit größerem Maßstab
Neben der neuen Hauptanlage plant Vulcan fünf zusätzliche Bohrungen. Diese befinden sich in der Umgebung von Landau: Trappelberg, Hasenberg, 40 Morgen, Schleidberg und Spreissgraben zählen dazu. Der Anschluss an das bestehende Geothermiekraftwerk im benachbarten Insheim ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Mit dem Gesamtprojekt lassen sich laut Unternehmensangaben bis zu 90.000 Haushalte mit Fernwärme beliefern – bei 26.000 Haushalten in Landau also deutlich mehr als lokal nötig. Gleichzeitig verfolgt die Stadt das Ziel, ein flächendeckendes Fernwärmenetz über die Stadtwerke aufzubauen. In einigen Stadtteilen plant man dezentrale Systeme wie Wärmepumpen.
Der Druck aus Berlin spielt dabei eine zentrale Rolle. Ab 2045 sollen keine Gas- oder Ölheizungen mehr verbaut sein. Damit verbunden sind umfangreiche Bauarbeiten: Fast jede Straße in Landau muss für den Leitungsausbau geöffnet werden. Die Geothermie liefert dabei die nötige Wärme – spielt für Vulcan jedoch nicht die Hauptrolle. Im Mittelpunkt steht das Lithium, ein Schlüsselmaterial für Elektrofahrzeuge. Die Geothermie dient in erster Linie als Mittel zum Zweck, um das Metall aus dem Tiefengestein zu gewinnen.
Eine Geschichte voller Störungen
Aktuell ruht der Betrieb im Landauer Kraftwerk. Vulcan kündigt jedoch einen Neustart für Mitte April an, mit zunächst zwei Megawatt Strom täglich. Gleichzeitig rückt das Ende der Anlage näher – der Rückbau ist für 2026 vorgesehen. Damit schließt sich auch ein Kapitel voller Rückschläge.
Schon kurz nach der Inbetriebnahme kam es zu ersten Problemen. Im Jahr 2009 bebte die Erde in der Umgebung. Eine Expertenkommission des Landes Rheinland-Pfalz sprach von einem „sehr wahrscheinlichen Zusammenhang“ zwischen den Erschütterungen und dem Betrieb der Anlage. Vier Jahre später die nächste Krise: Im Zuge der Vorbereitungen zur Landesgartenschau fiel auf, dass sich der Boden rund um das Gelände angehoben hatte. Risse in Straßen und Gebäudeversatz wurden dokumentiert. Ursache vermutlich: ausgetretenes Thermalwasser durch undichte Bohrverbindungen. Die Folge: eine jahrelange Abschaltung der gesamten Anlage.
Zweifel an der Technologie
Der Fall fand überregionale Beachtung. Medienberichte sprachen von einer potenziell umweltschonenden Technik – mit beunruhigendem Risikopotenzial. Auch nach Wiederaufnahme des Betriebs 2017 gelang keine Rückkehr zur Normalität. Technische Ausfälle, lange Stillstände und eine instabile Leistung verschärften den Eindruck einer fehlgeschlagenen Pionierarbeit. Das Vertrauen der Bevölkerung litt – ebenso wie das Image der Geothermie.
Trotz ambitionierter Ziele und innovativer Ansätze blieb die Anlage in Landau stets hinter den Erwartungen zurück. Der Rückbau markiert nicht nur das Ende eines technischen Experiments, sondern auch das Eingeständnis, dass Nachhaltigkeit allein nicht genügt – ohne Verlässlichkeit, Akzeptanz und wirtschaftliche Tragfähigkeit verliert jede Technik ihre Zukunft.
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