Der Vorsitzende der Dänischen Volkspartei, Morten Messerschmidt, bringt eine kontroverse Idee ins Spiel: Dänemark könnte das abgeschaltete Kernkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein erwerben und erneut betreiben. Dieser Vorschlag kommt, während Deutschland seinen Atomausstieg bereits abgeschlossen hat. Brokdorf wurde am 31. Dezember 2021 endgültig stillgelegt (jyllands-posten: 30.12.24).
Kernkraft als Übergangstechnologie
Messerschmidt sieht in der Reaktivierung des deutschen Kraftwerks eine pragmatische Lösung, um Zeit zu gewinnen. Der Aufbau neuer Kernkraftwerke in Dänemark gestalte sich langwierig. Brokdorf könnte diese Lücke füllen, bis moderne Nukleartechnologien verfügbar sind. In einem Interview mit der „Jyllands-Posten“ erklärte er, dass Dänemark bereit sei, einen hohen Preis zu zahlen. „Wenn der Scheck groß genug ist und wir die Energie nur vorübergehend benötigen, warum sollten die Deutschen ablehnen?“, argumentierte er.
Sein Plan sieht vor, die Verhandlungen mit der nächsten deutschen Bundesregierung aufzunehmen. Dabei möchte er finanzielle Anreize schaffen, um den Kauf für Deutschland attraktiv zu machen.
Kritische Stimmen aus Dänemark
Der dänische Energieminister Lars Aagaard betrachtet diesen Ansatz skeptisch. Er stellte die Frage, welche Kosten und Aufwände tatsächlich notwendig wären, um Brokdorf wieder in Betrieb zu nehmen. Gleichzeitig verwies er auf den schleppenden Ausbau der Offshore-Windkraft in Dänemark. Dennoch sei die Rückkehr zur Atomenergie für ihn keine sinnvolle Alternative.
Aagaard betonte, dass der Fokus weiterhin auf erneuerbaren Energien liegen müsse. Für ihn bleibt die Wiederinbetriebnahme eines stillgelegten Kernkraftwerks eine Entscheidung mit hohen Risiken und begrenzten Vorteilen.
Herausforderungen und offene Fragen
Die Idee, ein stillgelegtes Atomkraftwerk zu kaufen und erneut zu betreiben, bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Genehmigungsverfahren, technische Modernisierungen und strenge Sicherheitsstandards machen das Vorhaben komplex. Auch auf deutscher Seite dürften politische Widerstände auftreten. Deutschland hat sich mit dem Atomausstieg klar positioniert, sodass ein Verkauf an Dänemark ein politisches Novum darstellen würde.
Dänemarks Energiepolitik am Scheideweg
Die Diskussion um Brokdorf wirft ein Schlaglicht auf die dänische Energiepolitik. Während der Ausbau von Wind- und Solarenergie langsamer voranschreitet als geplant, wächst der Druck, alternative Lösungen zu finden. Messerschmidt setzt dabei auf Kernenergie als Übergangstechnologie. Seine Idee polarisiert jedoch sowohl in Dänemark als auch im internationalen Kontext.
Der Kauf und die Reaktivierung des KKW Brokdorf könnte zu einem Symbol für die Spannungen zwischen pragmatischen und ideologischen Ansätzen in der Energiepolitik werden. Ob Dänemark tatsächlich diesen ungewöhnlichen Schritt wagt, bleibt ungewiss. Klar ist jedoch, dass die Debatte über die künftige Energieversorgung Europas an Dynamik gewinnt.
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