Die Geschichte der Commerzbank, einst eine bedeutende Institution in der deutschen Finanzwelt, nähert sich ihrem Ende. Italiens größte Bank, Unicredit, zeigt Interesse an einer Übernahme der Commerzbank, was das Aus für die Selbstständigkeit der zweitgrößten Deutschen Bank bedeuten könnte. Die Entscheidung der Bundesregierung, ihre Anteile von 16,5 Prozent an der Commerzbank zu verkaufen, hinterlässt jedoch einen bitteren Beigeschmack: Die während der Finanzkrise investierten Milliarden kommen nicht vollständig zurück. Der Staat stieg einst ein, um die Bank zu retten, doch der Verkauf wird nun weit unter dem damaligen Wert abgewickelt. Die Steuerzahler müssen einen Verlust von etwa 2,5 Milliarden Euro verkraften. Langfristig profitieren nicht die Steuerzahler, sondern womöglich Unicredit, die ihr Interesse an der Übernahme verstärkt (focus: 13.09.24).
Ein historischer Rückblick
Gegründet im Februar 1870 als „Commerz- und Disconto-Bank in Hamburg“, blickt die Commerzbank auf eine lange Tradition zurück. Doch im September 2024 arbeiten Entscheidungsträger daran, die letzten Kapitel dieser Geschichte zu schreiben. Eine weitere deutsche Ikone droht zu verschwinden, ähnlich wie das Unternehmen Miele, das kürzlich einen Teilumzug nach Polen angekündigt hat.
Auch bei Volkswagen und ThyssenKrupp gab es in den letzten Jahren Pläne, die zu einem Teilverlust ihrer deutschen Wurzeln führen könnten. So steht die Commerzbank heute kurz davor, zu einer Tochter der italienischen Unicredit zu werden.
Milliardenverlust für Steuerzahler
Ein erstes Indiz für diese Entwicklungen kam in der vergangenen Woche, als die Bundesregierung ankündigte, ihre Anteile an der Commerzbank, etwa 16,5 Prozent, zu veräußern. Diese Beteiligung entstand in der Finanzkrise, als der Staat einspringen musste, um die Bank vor dem Kollaps zu bewahren. Der Verkauf wird jedoch nicht den gesamten Einsatz zurückbringen. Ein Verlust von etwa 2,5 Milliarden Euro bleibt bestehen, da der Verkaufspreis weit unter dem damaligen Einstandspreis liegt.
Als sich dann am Montag nach dem Wochenende die Meldung verbreitete, dass Manfred Knof, der noch bis vor wenigen Tagen als fester Bestandteil der zukünftigen Bankführung galt, überraschend seinen Rücktritt erklärte, wurde klar, dass hier größere Mächte im Spiel sind. Knof hatte in den letzten vier Jahren einen harten Sanierungskurs gefahren und galt als Garant für Stabilität.
Übernahme durch Unicredit wahrscheinlich
Kurz darauf wurde bekannt, dass alle bisher vom Bund verkauften Anteile von Unicredit aufgekauft wurden. Die italienische Großbank hält damit nun neun Prozent der Anteile an der Commerzbank und kündigte Gespräche über eine mögliche Fusion an. Die Selbstständigkeit der Commerzbank steht damit auf der Kippe, und es könnte schon bald zu weiteren Anteilsverkäufen kommen. Damit würde die Commerzbank zu einem Teil der italienischen Unicredit und hätte ihren Status als deutsche Großbank endgültig verloren.
Bereits jetzt wird über die Nachfolge von Manfred Knof spekuliert. Bettina Orlopp, die derzeitige Finanzchefin, könnte seinen Posten übernehmen. Sie gilt als erfahrene Managerin und verfügt über Expertise im Bereich Übernahmen, was in dieser Situation von großem Vorteil wäre.
Die Lehren aus der Hypo-Vereinsbank
Ein Blick auf die Entwicklung der Münchner Hypo-Vereinsbank zeigt, was dies für die Commerzbank bedeuten könnte. Nach ihrer Übernahme durch Unicredit im Jahr 2005 verlor die Bank schrittweise ihre Eigenständigkeit. Entscheidungen wurden zunehmend in Mailand getroffen, und die Münchener Bank verlor ihren Status als eigenständige Institution. Im vergangenen Jahr firmierte sie schließlich nur noch unter dem Namen „UniCredit Bank GmbH“. Diese Entwicklung zeigt deutlich, was die Commerzbank nach einer möglichen Übernahme erwarten könnte.
Die Commerzbank spielt eine zentrale Rolle im deutschen Mittelstand. Sie gilt als eine der Banken, die eng mit mittelständischen Unternehmen wie Miele oder Stihl verbunden sind. Dieser Bereich macht die Commerzbank für Unicredit besonders attraktiv. Sollte es zur Übernahme kommen, würde dies nicht nur das Ende einer Bank, sondern auch das Ende eines wichtigen Kapitels der deutschen Wirtschaftsgeschichte bedeuten.
In den Trümmern des Zweiten Weltkriegs war die Commerzbank eine von drei verbliebenen Regionalbanken, die später 1958 zur Commerzbank Aktiengesellschaft mit Sitz in Düsseldorf fusionierten. Diese Bank wurde schließlich zu einem internationalen Konzern und fusionierte 2009 mit der Dresdner Bank. Doch all diese Entwicklungen führen nun möglicherweise zu einem endgültigen Verlust ihrer Eigenständigkeit.
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