Die Bundesnetzagentur plant eine bedeutende Änderung im Umgang mit Solaranlagen. Um das Stromnetz zu stabilisieren und Blackouts zu verhindern, sollen Netzbetreiber künftig die Möglichkeit haben, Solaranlagen in kritischen Zeiten abzuschalten. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, äußerte im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, dass Verteilnetzbetreiber in die Lage sein müssen, Solaranlagen bei Bedarf zu steuern. Dies sei notwendig, um die Netze stabil zu halten und das Risiko von Überlastungen zu minimieren. Zudem will Müller die Einspeisevergütung bei negativen Marktpreisen abschaffen, um die Belastung für die Steuerzahler zu verringern (noz: 31.08.24).
Bundesnetzagentur fordert: Solarparks abschalten, wenn Strom niemanden interessiert – Millionenverluste stoppen
Müller betonte die Dringlichkeit dieser Maßnahmen und forderte, dass der Bundestag bereits ab diesem Herbst entsprechende Gesetzesänderungen verabschieden sollte. Dies sei erforderlich, damit Netzbetreiber und alle weiteren Beteiligten die neuen Regelungen schnell umsetzen können. Der Anlass für diese Forderungen ist der massive Ausbau von Solaranlagen in Deutschland.
Obwohl dieser Ausbau begrüßenswert ist, stellt er gleichzeitig eine Herausforderung dar, da der notwendige Ausbau der Netzinfrastruktur vielerorts nicht mithalten kann. Daher ist es aus Sicht der Bundesnetzagentur notwendig, dass Solarparks nicht nur bei kritischen Netzsituationen von den Netzbetreibern abgeschaltet werden können, sondern auch dann, wenn niemand den erzeugten Strom abnehmen will. Die Vergütungen sollen sich künftig stärker an den Marktpreisen und dem tatsächlichen Bedarf orientieren.
Aktuell erhalten Betreiber von Solarparks garantierte Preise für ihren Strom, selbst wenn die Marktpreise negativ sind und der Strom nicht benötigt wird. Diese Praxis belastet den Staatshaushalt erheblich, da sie den Steuerzahler jährlich Millionen kostet.
Solar- und Windkraft: Netzagentur drängt auf schnelle Optimierung
Der Präsident der Bundesnetzagentur stellte jedoch klar, dass es nicht darum gehe, den Ausbau von Solarenergie zu bremsen. Vielmehr müsse das System so optimiert werden, dass die technischen Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden. So könnten etwa Solaranlagen um Speicher erweitert werden, um überschüssigen Strom aufzunehmen, anstatt ihn abzuschalten. Es sei wichtig, die Interessen der Investoren besser mit den Anforderungen des Versorgungssystems abzustimmen. Müller räumte ein, dass dies eine schwierige Aufgabe für alle Beteiligten sei, betonte aber die Notwendigkeit, jetzt zu handeln.
Ein weiteres zentrales Anliegen ist der Ausbau des Stromnetzes, insbesondere die Übertragung von Windstrom aus dem Norden in den Süden Deutschlands. Dafür sind in den kommenden Jahren Tausende Kilometer neuer Überland-Stromleitungen geplant, ein Großteil davon als Erdkabel. Trotz politischer Sparvorschläge, die stattdessen Freileitungen bevorzugen, hält die Bundesnetzagentur an diesen Plänen fest. Müller unterstrich, dass man den aktuellen Kurs beibehalten solle, um Verzögerungen und zusätzliche Kosten zu vermeiden.
Vor anderthalb Jahren hätte eine Entscheidung für Freileitungen 16,5 Milliarden Euro einsparen können. Allerdings hat man seitdem intensiv mit der Planung von Erdkabeln vorangemacht. Ein Wechsel des Kurses würde jetzt zu erheblichen Verzögerungen und Mehrkosten führen. Die Bundesnetzagentur schätzt das Gesamtvolumen der Investitionen in den Netzausbau bis 2045 auf rund 320 Milliarden Euro. Dieser Betrag umfasst auch die Anbindung von Offshore-Windparks. Laut Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums ist dazu der Bau und Verstärkung von etwa 18.000 Kilometer Stromleitungen erforderlich. Im Jahr 2023 habe sich die Zahl der neu in Bau gegangenen Trassenkilometer im Vergleich zu 2021 verdoppelt.
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