Bundeskartellamt kritisiert Konstruktionsfehler beim Tankrabatt

Der ab dem 1. Juni 2022 geltende Tankrabatt, den die Bundesregierung mit einer gigantischen Steuersenkung finanziert, führte tatsächlich zu sinkenden Preisen an der Zapfsäule. Allerdings fiel der Effekt etwas kleiner aus als geplant. Es sollten 35,2 ct/l weniger beim Benzin (Super E10) und 16,7 ct/l weniger beim Diesel werden.


Am Mittwoch, dem 1. Juni, waren die Preise für E10 im bundesweiten Durchschnitt um 27,3 ct/l, beim Diesel um 11,6 ct/l gesunken. Am Donnerstag waren sie schon wieder um zwei bis drei Cent gestiegen, obwohl der Ölpreis aktuell fällt, weil die OPEC die Fördermengen erhöht hat (Stand: 02.06.2022 abends). Das Bundeskartellamt hat nun aufgezeigt, dass im Rabatt ein grober Konstruktionsfehler enthalten ist.

Welchen Konstruktionsfehler meint das Kartellamt?

Das Bundeskartellamt verwies schon vor Inkrafttreten des Rabatts auf die juristische Besonderheit der Maßnahme hin: Die Mineralölsteuer wird bei den Mineralölkonzernen erhoben. Diese sind in ihrer Preisgestaltung ebenso frei wie die Tankstellenbetreiber. Beide Parteien in der Lieferkette für Kraftstoffe können daher auch vollkommen frei entscheiden, ob sie eine Steuersenkung vollumfänglich an die Endverbraucher weitergeben oder nicht.

Seit dem 1. Juni 2022 gilt der neue Tankrabatt. Das Bundeskartellamt sieht im Rabatt einen groben Konstruktionsfehler.
Seit dem 1. Juni 2022 gilt der neue Tankrabatt. Das Bundeskartellamt sieht im Rabatt einen groben Konstruktionsfehler.

Der Effekt ist eigentlich aus der jüngsten Geschichte bekannt, nämlich von der Senkung der Mehrwertsteuer wegen des Wirtschaftseinbruches durch Corona. Diese Steuersenkung vom 01.07. bis zum 31.12.2020 führte zwar zu einer enormen Bürokratie, aber keinesfalls überall zu sinkenden Preisen, weil manche Anbieter ihre Nettopreise um den gesenkten Mehrwertsteuersatz erhöhten (oder leicht nach oben anpassten).

Dasselbe geschieht nun wieder beim Tankrabatt. Der Chef des Kartellamtes Andreas Mundt merkte dementsprechend an, dass dieser Rabatt in die Kategorie des „gut Gemeinten, schlecht Gemachten“ falle. Es gebe faktisch kein Gesetz, dass die Unternehmen zur Weitergabe der Steuersenkung an ihre Kunden zwinge. Es stellt sich die Frage: Wusste das niemand in der Ampelkoalition?


Alles nicht so schlimm?

Bemerkenswert erschienen die zuletzt leicht panisch anmutenden Aussagen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am 30. und 31. Mai: Er hatte allen Ernstes verkündet, dass die Preise ab dem 1. Juni schlimmstenfalls sogar noch weiter steigen könnten, weil a) die Tankstellen noch zuvor teuer eingekauften Sprit zum alten Preis verkaufen würden und es b) einen derartigen Run auf die Tankstellen geben werde, dass die drastisch erhöhte Nachfrage nach den Gesetzen der Marktwirtschaft den Preis in die Höhe treiben müsse. Dies war ein Irrtum, wie wir jetzt wissen. Daher macht sich überall erleichtertes Aufatmen breit, das Grundgefühl ist: Es kam alles nicht so schlimm wie befürchtet.

Doch stimmt das? Die Wahrheit ist: Die Spritpreisbremse greift. Der im Vorfeld errechnete Effekt tritt aber nicht ein. Es war auch allen Ernstes nicht zu erwarten, dass die Preise exakt um die vorab publizierte Spanne sinken würden, weil – siehe oben – die Anbieter bei der Preisgestaltung immer ein Wörtchen mitzureden haben und außerdem der Spritpreis stark vom schwankenden Weltmarktpreis für Öl abhängt. Niemand möchte Robert Habeck böse Absichten unterstellen, aber ganz objektiv betrachtet schürte er etwas Panik, um diesen Effekt des Aufatmens zu erzielen.


Kein richtiger Wettbewerb an den Tankstellen

Normalerweise hätte die Steuersenkung an den Tankstellen ein Selbstläufer für die Autofahrer sein müssen. In einer funktionierenden Marktwirtschaft herrscht schließlich reger Wettbewerb. Die Anbieter versuchen sich also preislich zu unterbieten. Wenn nun der Bezugspreis für den Kraftstoff durch die Steuersenkung fällt, müssten ihn eigentlich die Tankstellen 1:1 mit dieser Preisminderung weitergeben, um im Wettbewerb zu bestehen.

Allerdings herrscht an unseren Tankstellen von vornherein kein richtiger Wettbewerb. Autofahrer wissen es: Die Preise zumindest in einem Ort und einer Region ähneln sich stets. Sie fallen und steigen auch im Gleichklang. In der Rushhour verteuert sich der Sprit, um die Mittagszeit lässt der Preis nach, vor dem Wochenende steigt er besonders heftig. Kartellamtschef Andreas Mundt nennt das eine „eingeschränkte Wettbewerbsintensität auf dem Kraftstoffmarkt.“ Kurz gesagt: Einen echten Preiskampf liefern sich die Mineralölkonzerne nicht. Daher ist durchaus zu befürchten, dass sie trotz der Steuersenkung die Preise sukzessive und gemeinsam wieder anziehen. Das Kartellamt will dies genau beobachten. Dies ist seine Aufgabe. Illegale Preisabsprachen muss es unterbinden und nötigenfalls mit Bußgeldern ahnden. Doch ein entsprechender Nachweis gelingt nur selten.


Fazit

Fachleute halten es fahrlässig, dass die Ampelregierung rund drei Milliarden Euro für die temporäre „Spritpreisbremse“ ausgibt. Wahrscheinlich erhöht sie damit Gewinne der Ölkonzerne. Der Ökonom Clemens Fuest bringt es knapp auf den Punkt: Der Tankrabatt ist „großer Quatsch.“ Die Inflation dürfte durch die hohen Energiekosten weiter steigen, dabai ist kein Ende in Sicht.

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