Bulgarien stoppt geplanten Verkauf russischer Atomreaktoren an die Ukraine

Bulgarien hat sich überraschend gegen den Verkauf zweier russischer Atomreaktoren an die Ukraine entschieden. Die Anlagen stammen aus dem gescheiterten Projekt Belene und liegen seit Jahren ungenutzt in Lagern. Trotz konkreter Kaufabsichten aus Kiew bleibt Sofia bei den Reaktoren. Maßgeblichen Einfluss auf diese Entscheidung nahm die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP), die mit ihrer pro-russischen Haltung in der Koalition Druck ausübte (euractiv: 16.04.25).


Regierung erklärt Reaktoren zur strategischen Ressource

„Diese Reaktoren stehen nicht zum Verkauf. Sie gehören zu den strategischen Reserven Bulgariens und sichern unsere energiepolitische Unabhängigkeit“, so Atanas Zafirov, Vorsitzender der BSP und Vize-Ministerpräsident. Neben den beiden VVER-1000-Reaktoren lagern auch vier Dampfgeneratoren und mehrere Umwälzpumpen. Ursprünglich sollten sie im inzwischen eingestellten Belene-Projekt eingesetzt werden.

Bulgarien stoppt den Verkauf zweier russischer Atomreaktoren an die Ukraine. Die Regierung setzt auf nationale Energiesouveränität
Bulgarien stoppt den Verkauf zweier russischer Atomreaktoren an die Ukraine. Die Regierung setzt auf nationale Energiesouveränität

Statt Belene setzt Bulgarien nun auf den Ausbau des bestehenden Kernkraftwerks Kozloduy. Dort entstehen zwei neue Reaktorblöcke mit US-amerikanischer AP1000-Technologie. Mit dieser Entscheidung rückt Sofia nicht nur von russischer Technik ab, sondern stärkt auch die energiepolitische Westbindung.

Ukraine plante Investition – Sofia schließt Verkauf aus

Die Ukraine hatte rund 600 Millionen Euro für die ungenutzten Reaktoren angeboten. Ein eigens verabschiedetes Gesetz sollte den Erwerb rechtlich ermöglichen. Die Hoffnung auf einen baldigen Deal galt lange als realistisch. Noch im Februar hatte Bojko Borissow, Vorsitzender der konservativen GERB und ehemaliger Ministerpräsident, die Verkaufsabsicht öffentlich bestätigt.

Borissow betonte, dass ein Verkauf die Staatskasse erheblich entlasten würde. Gleichzeitig ging er nicht von Widerstand innerhalb der Regierung aus. Die BSP hatte sich bis dahin nicht offen gegen den Deal positioniert, weshalb eine Einigung als wahrscheinlich galt.

Koalition schließt sich BSP-Kurs an

Zafirov stellte jedoch am Dienstag klar, dass alle Koalitionspartner sich auf einen Kurs gegen den Verkauf verständigt haben. „Wir haben eine gemeinsame Entscheidung über das Schicksal der beiden Reaktoren getroffen – sie werden nicht verkauft. Dies ist eine Entscheidung, die von allen Koalitionspartnern unterstützt wird. Ich danke unseren Partnern, dass sie geschlossen hinter dieser strategischen Entscheidung stehen.“

Diese Einigkeit innerhalb der Regierung bedeutet auch eine Abkehr von bisherigen wirtschaftspolitischen Überlegungen. Kurzfristige Einnahmen rücken in den Hintergrund, während energiepolitische Souveränität in den Vordergrund tritt.

Neues Kernkraftwerk bleibt langfristiges Ziel

Zafirov unterstrich zudem, dass Bulgarien über das notwendige technische Know-how verfüge, um ein weiteres Atomkraftwerk aufzubauen. Der Standort Belene sei dafür nach wie vor geeignet. Zwar hat die Regierung das Projekt offiziell aufgegeben, doch die vorhandene Infrastruktur könnte erneut genutzt werden. Mehr als eine Milliarde Euro flossen bislang in die Vorbereitungen – bislang ohne nutzbares Ergebnis.

Trotzdem gilt der Beschluss als Zeichen für langfristiges Denken. Bulgarien plant offenbar, seine Atomtechnologie künftig eigenständig und unabhängig zu nutzen. Der Verkauf an ein kriegsgeplagtes Nachbarland hätte möglicherweise kurzfristige Vorteile geboten, doch die politischen Risiken erscheinen der Regierung zu hoch.


Entscheidung stärkt energiepolitische Autonomie

Die Blockade des Reaktorverkaufs steht im Zeichen einer wachsenden sicherheitspolitischen Sensibilität. Die Ukraine hätte mit dem Kauf nicht nur ihre Energieversorgung gesichert, sondern auch ein starkes politisches Signal gesetzt. Bulgarien jedoch setzt lieber auf nationale Kontrolle und eigene Zukunftsperspektiven.

Die Reaktoren bleiben damit in bulgarischem Besitz – als Symbol einer energiepolitischen Neuausrichtung und als potenzielle Basis für ein eigenes, künftiges Atomkraftwerk.

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Zuletzt aktualisiert am Januar 14, 2025 um 21:39 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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