Die zu niedrigen Beamtengehälter rücken durch den immer kleineren Abstand zum Bürgergeld in den Fokus. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt plant eine umfassende Besoldungsreform, die rückwirkend für fünf Jahre greifen soll. Rund 200.000 Beamte profitieren davon, weil laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts ihre Beamtenbesoldung nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Besonders die unteren Einkommensgruppen liegen inzwischen gefährlich nah an der Grundsicherung. Für den Bundeshaushalt bedeutet die geplante Gehaltsanpassung eine gewaltige Herausforderung, während die Beamten auf eine gerechtere Alimentation hoffen (wiwo: 26.10.25).
Milliardenbelastung für den Bundeshaushalt
Die geplante Besoldungsreform hat ein enormes Finanzvolumen. Rund 1,2 Milliarden Euro zusätzlich müssen in die Staatsfinanzen fließen, um die rechtlichen Vorgaben zu erfüllen.

Das Geld soll ausgerechnet im Jahr 2027 aufgebracht werden, in dem bereits ein Defizit von 37 Milliarden Euro droht. Finanzminister Lars Klingbeil versucht, die Belastung abzufedern, doch verfassungsrechtliche Vorgaben lassen keinen Aufschub zu. Seit dem Urteil von 2020 gilt, dass Beamte mindestens 15 Prozent mehr als Empfänger von Grundsicherung erhalten müssen – eine Grenze, die längst unterschritten ist.
Beamtengehälter unter Druck durch Bürgergeld
Die kräftige Anhebung des Bürgergelds um zwölf Prozent zu Jahresbeginn 2024 verschärfte das Problem weiter. Der Abstand zwischen Sozialleistungen und Beamtengehältern schrumpfte rapide, wodurch das Alimentationsprinzip verletzt wurde. In vielen unteren Besoldungsgruppen reicht die Bezahlung kaum aus, um das geforderte Minimum zu gewährleisten. Einige Bundesländer haben ihre Systeme bereits angepasst, doch die Unterschiede bleiben groß. Mehrere Klagen beim Bundesverfassungsgericht zeigen, dass das Thema weiter brisant bleibt.
Schieflage zwischen den Besoldungsgruppen
Dobrindt muss nicht nur die unteren Stufen anheben, sondern auch die höheren. Das sogenannte Lohnabstandsgebot schreibt vor, dass zwischen den einzelnen Ämtern klare Gehaltsunterschiede bestehen. Durch frühere Tarifrunden und Gehaltsanpassungen schrumpfte dieser Abstand erheblich. Gewerkschaften hatten auf Sozialkomponenten bestanden, die vor allem den unteren Gruppen zugutekamen. Damit verlor das System der abgestuften Wertigkeit seine Balance. Eine faire Beamtenversorgung verlangt jedoch, dass auch Spitzenpositionen angemessen honoriert bleiben.
Politische Blockaden und neue Dynamik
Schon frühere Regierungen taten sich schwer mit diesem Thema. 2021 lehnte Olaf Scholz als Finanzminister eine Besoldungsreform ab. Im Ministerium hieß es, er wolle Beamtenfamilien nicht bevorzugen. Auch Nancy Faeser startete 2023 einen Versuch, doch Christian Lindner legte sein Veto ein. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition im selben Jahr verlor das Projekt an Schwung. Erst nach der Bundestagswahl 2025 griff Dobrindt das Vorhaben erneut auf und stieß die überfällige Gehaltsanpassung an.
Bedeutung der Alimentation im Staatsdienst
Das Berufsbeamtentum ruht auf dem Prinzip der Alimentation. Der Staat verpflichtet sich, Beamte und ihre Familien lebenslang zu versorgen – angemessen zu ihrem Rang und ihrer Verantwortung. Der Deutsche Beamtenbund betont, dass diese Beamtenversorgung ein Grundpfeiler der öffentlichen Verwaltung bleibt. Ohne sie wäre die Loyalität gegenüber dem Staat kaum sicherzustellen.
Ausblick: Gesetz steht kurz vor Verabschiedung
Aktuell stimmen die beteiligten Ministerien über den finalen Entwurf ab. Mitte November könnte das Bundeskabinett das Papier verabschieden und dem Bundestag vorlegen. Damit nähert sich eine historische Besoldungsreform dem Ziel. Für Dobrindt bedeutet das politischen Erfolg, für den Bundeshaushalt eine enorme Belastung. Doch nach Jahren der juristischen Unsicherheit scheint eine gerechtere Beamtenbesoldung endlich greifbar.
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