Das Wienerberger-Ziegelwerk im brandenburgischen Reetz steht still und zahlreiche Mitarbeiter mussten gehen. Aufgrund der Krise im Baugewerbe wird hier mittelfristig keine Poroton-Ziegelproduktion mehr stattfinden. Es bleibt ungewiss, ob der österreichische Konzern den Tagebau und den Ofen jemals wieder in Betrieb nehmen wird. Die anhaltende Flaute im Baugewerbe lässt wenig Hoffnung auf eine baldige Wiederaufnahme der Produktion (maz-online: 07.06.24).
Reetz: Ziegelwerk steht still – Mitarbeiter im Ungewissen
Fast alle Mitarbeiter erhielten die Kündigung. Der Betriebsrat erkämpfte gemäß Sozialplan immerhin gute Abfindungen. Rund 50 Kollegen bekamen das Angebot, vorübergehend in eine sogenannte Auffanggesellschaft zu wechseln. Dort werden sie auf neue Jobs vorbereitet. Etwa zwei Drittel der Mitarbeiter haben diese Möglichkeit angenommen und lassen sich nun durch einen Bildungsträger schulen.
Die noch nicht entlassenen Reetzer Beschäftigten sind aktuell nicht arbeitslos. Sie tauchen deshalb nicht in der Arbeitslosenstatistik auf. Stattdessen erhalten sie Transferkurzarbeitergeld von der Agentur, das 60 bis 67 Prozent der regulären Nettobezüge umfasst. Die Lohnnebenkosten sowie eine Aufstockung des Nettogehalts auf 80 Prozent trägt der Konzern. Seit 2022 klagt Wienerberger über einen drastischen Nachfragerückgang. Damals legte das Unternehmen eine Produktionspause ein, um den Ofen zu warten und zu reinigen, der normalerweise fast rund um die Uhr bei 970 Grad Celsius läuft. Es wurden zudem Reparaturen an Mechanik, Förderanlagen und Trocknern durchgeführt. Von Mai bis Juli des letzten Jahres lief die Arbeit im Zwei-Schicht-System. Zuletzt arbeiteten noch Verwaltungs- und Vertriebsmitarbeiter im Werk. Doch der Absatz der Poroton-Ziegel stagniert weiterhin. Deshalb erwägt Wienerberger auch die Schließung von Werken in Thüringen und Bayern.
Darum steht das Wienerberger Ziegelwerk still
Wienerberger äußerte sich zur Situation in Reetz und erklärte, dass die Absatzmärkte durch das herausfordernde makroökonomische Umfeld, steigende Kreditkosten und inflationäre Auswirkungen belastet sind. „Wienerberger hat sich auf das zu erwartende Marktumfeld eingestellt, die Produktionsplanung angepasst und setzt weiterhin Initiativen im Bereich Innovation sowie Nachhaltigkeit fort. Wir sehen unsere Aufgabe darin, unsere Präsenz in den regionalen Märkten weiter zu erhöhen und werden gemeinsam mit allen Kollegen für unsere Kunden die gewohnte Produkt-, Betreuungs- und Servicequalität bundesweit bereitstellen.“
Der aktuelle Zustand des Ziegelwerk-Standorts Reetz
Die Belegschaft wurde darüber informiert, dass das Werk zunächst für zwei Jahre „eingemottet“ wird. Schlosser und Anlagenfahrer sind auf dem lokalen Arbeitsmarkt gefragt. Verkaufsabteilung und Staplerfahrer sind aktuell noch vor Ort und verladen weiterhin vorproduzierte Ware, auch aus anderen Wienerberger-Werken. Der vor rund 30 Jahren von Röben aufgebaute und 2017 von Wienerberger übernommene Vorzeigebetrieb steht nun vor einer ungewissen Zukunft. Der Betrieb war ein bedeutender Gewerbesteuerzahler in der Gemeinde Wiesenburg/Mark.
Bürgermeister Marco Beckendorfs Position
Bürgermeister Marco Beckendorf von der Linken fühlt sich ebenfalls schlecht informiert. Der Verwaltungschef, der sich mit großem Engagement für die Revitalisierung von Brauerei- und Drahtzieherei-Gelände einsetzt, zeigt sich hinsichtlich der Krise beim Baustoffhersteller ratlos. „Die Entscheidungen werden ohne uns getroffen“, beklagt er.
Ein kleiner Vorteil für Reetz besteht darin, dass die Erschließung des Bergbaufeldes der zum Werk gehörenden Tongrube den Abbau im Betriebsplan bis 2040 ermöglicht.
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