Autozulieferer Webasto streicht jede sechste Stelle

Der Stellenabbau bei Webasto markiert einen weiteren Tiefpunkt in der angespannten Lage der Automobilindustrie. Inmitten sinkender Absatzzahlen und wachsendem Innovationsdruck trennt sich der bayerische Zulieferer in Deutschland von rund 650 Beschäftigten – das entspricht jeder sechsten Stelle. Sowohl die Verwaltungsbereiche, als auch die Entwicklungsabteilungen tragen den Hauptanteil der Kürzungen. Auch Produktionsstandorte in Gilching, Hengersberg, Neubrandenburg, Utting und der Unternehmenssitz in Stockdorf verlieren Arbeitsplätze (ntv: 02.04.25).


Strategische Neuausrichtung unter Druck

Die Entscheidung resultiert aus einem dramatischen Marktrückgang. Webasto kämpft mit der schwächelnden Nachfrage nach klassischen Automobilkomponenten wie Schiebedächern und Standheizungen. Vorstandschef Jörg Buchheim bezeichnete die Maßnahme als „unumgängliche Entscheidung“ angesichts der aktuellen Marktentwicklung. Die geplante Umsetzung solle sozialverträglich erfolgen und sich im Einklang mit der Unternehmenskultur bewegen.

Webasto streicht 650 Stellen in Deutschland. Der Autozulieferer reagiert auf die Absatzkrise der Branche mit einem harten Sparkurs
Webasto streicht 650 Stellen in Deutschland. Der Autozulieferer reagiert auf die Absatzkrise der Branche mit einem harten Sparkurs

Webasto gehört zu den traditionsreichsten Zulieferern in der Branche. Das Unternehmen geriet 2023 angesichts rückläufiger Aufträge und struktureller Veränderungen in der Fahrzeugproduktion unter erheblichen Druck. Die Unternehmensführung hatte im Dezember eine Stabilisierungsvereinbarung mit den größten Gläubigern geschlossen. Im selben Zuge verließ der langjährige Vorstandsvorsitzende Holger Engelmann das Familienunternehmen – auf Wunsch der finanzierenden Banken.

Eingeschränkte Produktionskapazitäten und Unsicherheit

Im Zuge der Umstrukturierung sollen nicht nur Verwaltung und Entwicklung schrumpfen. Auch in der Fertigung reduziert Webasto die Kapazitäten deutlich. Der Personalabbau ist Teil eines umfassenden globalen Sanierungsprogramms, das derzeit in finaler Abstimmung steht. Konkrete Details über die internationale Umsetzung fehlen bislang, doch der Fokus liegt klar auf einer drastischen Kostensenkung.

Ein zentraler Bestandteil der deutschen Maßnahmen ist die Einrichtung einer Transfergesellschaft. Betroffene Mitarbeiter erhalten dort für maximal zwölf Monate Unterstützung bei der Neuorientierung. Ziel bleibt eine möglichst schnelle Reintegration in den Arbeitsmarkt. Bereits 2023 hatte Webasto weltweit 1300 Stellen gestrichen – im Inland allerdings vorwiegend über natürliche Fluktuation. Diese Strategie reicht nun offenbar nicht mehr aus.

Führung unter externer Anleitung

Zur Umsetzung der Umstrukturierung holte sich das Unternehmen externe Unterstützung. Ein Restrukturierungsexperte von Alvarez & Marsal übernahm zu Jahresbeginn federführend die Steuerung des Prozesses. Die Maßnahme kam auf Drängen der Gläubigerbanken zustande, denn diese pochten angesichts der finanziellen Schieflage auf striktere Kontrolle.

Die Neuausrichtung bei Webasto steht exemplarisch für den tiefgreifenden Wandel in der Automobilbranche. Zulieferer geraten zunehmend zwischen die Fronten aus sinkender Nachfrage, Elektromobilität und unsicherer Konjunktur. Auch Webasto bleibt von dieser Entwicklung nicht verschont. Neben internen Umstellungen fordert die aktuelle Situation ein radikales Umdenken in Strategie und Struktur.


Konsequenzen für Standorte und Beschäftigte

Der harte Sparkurs trifft nicht nur einzelne Abteilungen, sondern auch ganze Standorte. Besonders betroffen sind die Niederlassungen in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. Langjährige Beschäftigte stehen vor einer ungewissen Zukunft. Auch wenn die Unternehmensleitung auf sozialverträgliche Lösungen setzt – für viele kommt die Entscheidung überraschend und stellt das bisherige Vertrauen in die Stabilität des Traditionsbetriebs infrage.

Mit einem klaren Sparkonzept, externer Beratung und reduziertem Personalbestand versucht Webasto nun, seine Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Ob dieser Kurs reicht, um sich in einem radikal veränderten Marktumfeld zu behaupten, bleibt offen. Die kommenden Monate dürften über die Zukunft des einst so erfolgreichen Zulieferers entscheiden.

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Zuletzt aktualisiert am Januar 14, 2025 um 21:39 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
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