Der Bundesrat der Schweiz plant, das Neubauverbot für Atomkraftwerke zu beenden. Mit einem Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» soll das Kernenergiegesetz geändert werden. Seit 2017 besteht ein Verbot für den Bau neuer Atomkraftwerke. Könnte dieser Schritt gelingen, wären neue AKW-Projekte wieder erlaubt. Die Initiative fordert den uneingeschränkten Einsatz aller klimafreundlichen Energiequellen, einschließlich der Kernenergie. Der Bundesrat lehnt die Initiative jedoch ab, da sie zu weit geht. Stattdessen hat er einen eigenen Vorschlag in die Vernehmlassung geschickt. Dieser zielt auf eine gezielte Modernisierung der Kernenergiepolitik ab (srf: 20.12.24).
Technologieoffene Energiepolitik
Das Ziel des Bundesrats ist eine flexible Energiepolitik. Erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und Wasser bleiben dabei prioritär. Dennoch soll Atomkraft als zusätzliche Option in Betracht kommen. Dies soll sicherstellen, dass die Stromversorgung stabil bleibt, auch wenn erneuerbare Energien ein Defizit aufweisen.
Ein Argument dafür ist die Versorgungssicherheit. Bei Schwankungen in der Produktion von Solar- oder Windstrom könnte die Kernenergie einspringen. Die Exekutive hält dies für notwendig, um einen Blackout zu verhindern. Zudem könnte die Schweiz unabhängiger von ausländischem Strom werden.
Modernisierung statt Stillstand
Der Gegenvorschlag zur Initiative sieht keine sofortigen Neubauten von AKW vor. Stattdessen geht es um die Möglichkeit, langfristig auf neue Technologien zurückzugreifen. Fortschritte in der Kerntechnik machen modernere und sicherere Reaktoren denkbar. Diese könnten als ergänzende Stromquelle dienen.
Die Modernisierung des Kernenergiegesetzes erlaubt es der Schweiz, flexibel zu bleiben. Ohne ein ausdrückliches Verbot könnten in Zukunft neue AKW gebaut werden, falls dies notwendig erscheint. Für die Umsetzung müssten allerdings zahlreiche Bedingungen erfüllt sein, darunter Sicherheitsstandards und gesellschaftliche Akzeptanz.
Kritische Stimmen
Trotz der geplanten Öffnung für Kernenergie gibt es Kritik. Gegner der Atomkraft warnen vor den Risiken und hohen Kosten. Die Entsorgung des radioaktiven Abfalls bleibt ungelöst. Zudem führen Gegner an, dass erneuerbare Energien in Kombination mit Speichertechnologien ausreichen könnten.
Befürworter hingegen betonen die Notwendigkeit einer diversifizierten Stromversorgung. Sie sehen in der Kernenergie eine sichere und klimafreundliche Option. Die Debatte um die Zukunft der Schweizer Energiepolitik ist damit erneut entfacht.
Die Entscheidung liegt beim Volk
Ob das Neubauverbot für AKW tatsächlich fällt, entscheidet letztlich das Volk. Sollte der Bundesrat seinen Gegenvorschlag durchsetzen, könnte dies die Energiepolitik der Schweiz nachhaltig verändern. Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich die Öffnung für neue Atomkraftwerke durchsetzt oder ob die erneuerbaren Energien allein das Rennen machen.
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