58 Prozent Ökostrom im ersten Halbjahr – Warum diese Erfolgsmeldung nur die halbe Wahrheit ist

In den letzten Wochen haben Medienberichte oft die beeindruckende Zahl von 58 Prozent bei der Ökostromproduktion betont (spiegel: 06.06.24). Diese Zahl repräsentiert den Anteil der Stromproduktion, die im gesamten ersten Halbjahr 2024 durch erneuerbare Energien produziert wurde. Diese Zahl vermittelt den Eindruck eines bedeutenden Fortschritts in Richtung einer nachhaltigen Energieversorgung. Doch eine nähere Betrachtung zeigt, dass diese Darstellung eine entscheidende Nuance außer Acht lässt: Wann genau wird dieser Strom produziert und wie passt er zum tatsächlichen Bedarf?


Warum Ökostrom nicht immer dann produziert wird, wenn wir ihn brauchen

Die Erzeugung von Ökostrom, insbesondere aus Wind und Sonne, ist stark schwankend und abhängig von Wetterbedingungen und Tageszeiten. Windkraftanlagen produzieren hauptsächlich nachts oder bei starkem Wind, während Photovoltaikanlagen tagsüber bei Sonnenschein Energie liefern. Der Strombedarf hingegen variiert stark und ist oft nicht synchron mit den Produktionsspitzen erneuerbarer Energien. In der Praxis bedeutet dies, dass zu Zeiten hoher Erzeugung, wie an stürmischen und sonnigen Tagen, ein Überangebot an Strom entsteht.

Warum Ökostrom nicht immer dann produziert wird, wenn wir ihn brauchen. Der Trugschluss der Prozent-Zahlen und der Betrachtungszeiträume
Warum Ökostrom nicht immer dann produziert wird, wenn wir ihn brauchen. Der Trugschluss der Prozent-Zahlen und der Betrachtungszeiträume

Betrachtungszeitraum und Versorgungssicherheit

Bei der oft zitierten Zahl von 58 Prozent handelt es sich um den Anteil der Stromproduktion, die im gesamten ersten Halbjahr 2024 durch erneuerbare Energien gedeckt wurde. Dieser Zeitraum von sechs Monaten vermittelt jedoch nur einen Durchschnittswert und berücksichtigt nicht die zeitliche Verfügbarkeit des Stroms. Die Stromversorgung muss aber zu jedem Zeitpunkt zuverlässig und stabil sein, nicht nur im Durchschnitt über einen längeren Zeitraum. Diese Schwankungen in der Erzeugung und die zeitlich begrenzte Verfügbarkeit von Ökostrom stellen daher eine erhebliche Herausforderung dar. Das Netz muss jederzeit in der Lage sein, den Bedarf zu decken, auch wenn die erneuerbaren Energiequellen zeitweise weniger Strom liefern. Die Schwankungen in der Erzeugung und die damit verbundene zeitlich begrenzte Verfügbarkeit von Ökostrom machen es schwierig, eine kontinuierliche und zuverlässige Stromversorgung sicherzustellen.

Das versteckte Problem: Warum wir überschüssigen Ökostrom zu Negativpreisen exportieren müssen

Ein bedeutendes Problem ist der Umgang mit Überschussstrom, dessen Produktion zu Zeiten stattfindet, wenn der Bedarf gering ist. Um das Netz stabil zu halten, muss dieser Strom entweder gespeichert oder exportiert werden. Da die Speichertechnologien noch nicht ausreichend entwickelt sind, fließt ein erheblicher Teil des überschüssigen Stroms ins Ausland – oftmals zu Negativpreisen.


Negativpreise: Ein zweischneidiges Schwert

Negativpreise mögen auf den ersten Blick vorteilhaft erscheinen, da sie bedeuten, dass Abnehmer Geld dafür bekommen, den überschüssigen Strom aufzunehmen. Doch dieser Mechanismus hat eine Kehrseite. Die durch Negativpreise entstehenden Kosten tragen letztlich die Verbraucher. Somit erhöhen die scheinbar positiven Negativpreise paradoxerweise die Belastung für die Verbraucher.

Rückläufige Industrieproduktion und gesunkener Gesamtstrombedarf

Ein weiterer entscheidender Faktor für die scheinbar hohe Deckung des Strombedarfs durch erneuerbare Energien ist die rückläufige Industrieproduktion. Im ersten Halbjahr 2024 ist der Gesamtstrombedarf um 7,5 Prozent gesunken. Diese Reduktion des Gesamtstrombedarfs führt automatisch zu einem höheren prozentualen Anteil des Ökostroms, auch wenn die tatsächliche Menge des erzeugten Ökostroms nicht gestiegen ist. Diese statistische Verzerrung trägt zur aktuellen Wahrnehmung bei, dass erneuerbare Energien wesentlich mehr Strom produzieren würden als zuvor.

Steigende Subventionskosten

Mit der steigenden Produktion von Ökostrom erhöhen sich auch die Kosten für Subventionen. Früher erfolgte die Finanzierung dieser Subventionen durch die EEG-Umlage, heute über Steuern. Diese Subventionen sollen die Produzenten von erneuerbarer Energie unterstützen. Bei vielen Anlagen ist ein wirtschaftlicher Betrieb bei den aktuellen Strompreisen nicht möglich. Daher sind diese finanziellen Hilfen noch für viele Jahre notwendig. Doch mit der wachsenden Menge an Ökostrom steigen auch die finanziellen Belastungen. Die für das gesamte Jahr vorgesehenen Mittel wurden im ersten Halbjahr bereits nahezu aufgebraucht. Der Staat braucht deshalb weitere 8,7 Milliarden Euro, um die Subventionen weiter zahlen zu können (Handelsblatt: 24.06.24). Diese Belastungen treffen den Staat und letztlich die Steuerzahler.

Der Trugschluss der Prozentzahlen

Die Zahl von 58 Prozent berücksichtigt nicht die Tatsache, dass ein großer Teil dieser Energie zu Zeiten produziert wird, in denen sie gar nicht benötigt wird. Dies führt zu einem verzerrten Bild der tatsächlichen Deckung des Strombedarfs durch erneuerbare Energien. Die kritische Frage ist daher nicht nur, wie viel Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, sondern auch, wie gut dieser Strom zeitlich mit dem Bedarf übereinstimmt.

Die Rolle der Energiespeicherung und Netzmanagement

Um die Diskrepanz zwischen Produktion und Bedarf zu beheben, sind erhebliche Investitionen in Speichertechnologien und ein intelligentes Netzmanagement erforderlich. Technologien wie Batteriespeicher, Pumpspeicherkraftwerke und Power-to-Gas bieten Ansätze zur Speicherung überschüssiger Energie, um sie bei Bedarf wieder ins Netz einzuspeisen.

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