Zwangsregelung von Wallboxen für ein stabiles Stromnetz

Die Bundesnetzagentur hat neue Vorschläge unterbreitet, mit denen sich das Stromnetz stabilisieren lässt. Die frühere Überlegung, Wallboxen und Wärmepumpen komplett aus der Ferne abzuschalten, kommt darin nicht mehr vor. Allerdings sollen diese Großverbraucher-Geräte durch die Netzbetreiber geregelt werden können (golem, 08.12.2022).


Fernregelung gegen den Blackout

Um Stromausfälle zu vermeiden, sollen die Netzbetreiber die Möglichkeit erhalten, große Verbraucher wie Wärmepumpen, Wallboxen für Elektroautos und Batteriespeicher online zu regeln. Das geht aus den Plänen der Bundesnetzagentur hervor, welche diese schon Ende November 2022 vorstellte und dabei Diskussionsbedarf sieht. Ihr Vorschlag lautet, nur so viel zu steuern, wie unbedingt erforderlich ist, um einen ungeplanten Stromausfall (Blackout) und sogar geplante Stromabschaltungen (Brownout) zu vermeiden. Der Komfort der Verbraucher solle aber möglichst wenig eingeschränkt werden.

Um Stromausfälle zu vermeiden sollen Wärmepumpen, Wallboxen für Elektroautos und Batteriespeicher online geregelt werden
Zwangsregelung von Wallboxen für ein stabiles Stromnetz

Immerhin handle es sich bei den genannten Großverbrauchern um wichtige Elemente des klimaschonenden Wirtschaftens. Daher solle der Steuerungsmechanismus von vornherein einzelne Verbrauchseinrichtungen niemals vollständig abschalten, sondern nur temporär ihren Strombezug reduzieren. Der Anspruch auf einen sofortigen Anschluss an das Stromnetz müsse überdies auch für Neukunden erhalten bleiben, die erst jetzt eine Wallbox, einen Batteriespeicher oder eine Wärmepumpe installieren lassen.


Zwangsregelung von Wallboxen als Spitzenglättung

Für die sogenannte Spitzenglättung, also das Vermeiden extremer Verbrauchsspitzen, die schlimmstenfalls zu Stromausfällen führen könnten, müssen die Netzbetreiber die Trafos überwachen. Für die Spitzenglättung gibt es Vorgaben und Vorschläge mit unterschiedlicher Zielrichtung, die dementsprechend zwischen den Netzbetreibern, den Stromlieferanten und der Automobilwirtschaft umstritten sind:

  • Die Netzbetreiber streben das sogenannte netzdienliche Lastmanagement an. Dieses soll ein Zusammenbrechen von Niederspannungsnetzen durch die gleichzeitige Nutzung sehr vieler Wallboxen und Wärmepumpen verhindern. Es ist in den nächsten Jahren ein starker Ausbau dieser Technologien zu erwarten.
  • Die Stromlieferanten wünschen sich ein marktgerechtes Lastmanagement. Das bedeutet: Sie möchten ihren Kunden immer dann Strom liefern, wenn dieser gerade an der Strombörse wenig kostet.
  • Die Autoindustrie wünscht sich eine mehr oder weniger uneingeschränkte Nutzbarkeit von netzabhängigen Wallboxen. Sie befürchtet, dass die Akzeptanz der Elektromobilität sehr stark sinkt, wenn die Fahrer ihre Autos nicht jederzeit laden können.

Nun hat die Bundesnetzagentur das Thema der Spitzenglättung an sich gezogen. Die Vorgängerregierung hatte ein Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz geplant (SteuVerG), das aber wieder zurückgezogen wurde. Dieses Gesetz hätte den Netzbetreibern sehr viel Spielraum bei der Lastregelung gelassen. Sie hätten in großem Umfang den Stromverbrauch regulieren und möglicherweise punktuell auch ganz unterbinden können. Das war von vornherein umstritten, obgleich mit der beginnenden Energiekrise das Thema wieder sehr stark auf die Agenda rückte. Die Ampelkoalition hat aber mit ihren Änderungen der Energiepolitik im Osterpaket 2022 die Bundesnetzagentur beauftragt, sich um die Spitzenglättung zu kümmern. Diese hat nun hierfür die alleinige Verantwortung und legt dementsprechend Vorschläge vor. Ihr jüngster Entwurf soll bis zum 27.01.2023 in Konsultationen diskutiert werden. Am 01.01.2024 treten allerdings neue Regelungen in Kraft, dies ist jetzt schon in § 14a EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) festgeschrieben.


Ziel der Konsultationen

Die BNetzA möchte die widerstreitenden Interessen berücksichtigen, soweit dies möglich ist. Im besten Fall gelingt ihr das, wie aus dem gegenwärtigen Entwurf hervorgeht. Dieser könnte tatsächlich die berüchtigten drei Fliegen mit nur einer Klappe schlagen:

  1. Verbraucher können mit der Zusicherung des sofortigen Anschlusses jederzeit ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe anschaffen, weil Engpässe im Netz per Gesetz unterbunden werden. Es müssen stets ausreichend viele Anschlussmöglichkeiten geschaffen werden.
  2. Das System kann durchaus eine marktgesteuerte Betriebsweise ermöglichen. Die Verbrauchseinrichtungen sollen vorrangig bei einem niedrigen Strompreis betrieben werden. Dieser sinkt immer dann, wenn es hohe Einspeisungen von Solar- und Windenergie gibt.
  3. Die Netzbetreiber können entstehende höhere Gleichzeitigkeiten mit ihrem Lastmanagement regulieren. Für die Verbraucher sollte es dabei kaum Komforteinbußen geben. Gesteuert wird der Verbrauch nur, wenn es objektiv nötig ist.

Konkret könnten die Netzbetreiber nach diesem Vorschlag künftig den Verbrauch wahlweise dynamisch (nach der tatsächlichen Netzbelastung) oder übergangsweise statisch (nach den rechnerischen Anschlusswerten) steuern. Die dynamische Steuerung wäre nur zulässig, wenn die Gefahr einer Netzüberlastung besteht. Bei der statischen Steuerung sollen die Netzbetreiber Dunkelziffern von nicht angemeldeten Anschlüssen berücksichtigen dürfen. Der Vorschlag klingt zunächst sehr elegant, doch Kritiker weisen auf einen Haken hin: Bei einer andauernden Krise der Versorgungssicherheit wäre die dynamische Steuerung künftig nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Einen Ausweg böten allerdings ausreichend viele Batteriespeicher, die bei Produktionsspitzen durch erneuerbare Energien preiswert aufgeladen werden.

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