Wasserstoff-Traum geplatzt – Autobauer Stellantis zieht Notbremse

Noch im Frühjahr kündigte Stellantis den Serienstart wasserstoffbetriebener Transporter an. Acht Modelle standen bereit, die Produktion in Frankreich und Polen war vorbereitet. Doch kurz vor dem geplanten Marktstart bricht der Konzern abrupt ab. Die Reichweite der Fahrzeuge hätte bis zu 500 Kilometer betragen, die Tankdauer nur wenige Minuten. Nun liegt das Projekt auf Eis – und der Wasserstoff-Traum vieler Autohersteller gerät ins Wanken (welt: 16.07.25).


Strategiewechsel bei Stellantis trifft Wasserstoff-Branche hart

Der Rückzug von Stellantis kommt nicht überraschend: Fehlende Tankstellen, hohe Produktionskosten und fehlende Kaufanreize bremsen den Markt aus. Nutzfahrzeug-Chef Jean-Philippe Imparato nennt die Technologie ein „Nischensegment ohne Aussichten auf mittelfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit“. Damit kippt das Vorhaben, Wasserstoff-Transporter unter Marken wie Opel, Fiat und Peugeot europaweit anzubieten.

Stellantis stoppt seine Wasserstoffpläne. Die Technik bleibt teuer und unattraktiv. Der Rückzug trifft auch Zulieferer wie Symbio hart
Stellantis stoppt seine Wasserstoffpläne. Die Technik bleibt teuer und unattraktiv. Der Rückzug trifft auch Zulieferer wie Symbio hart

In Deutschland zeigt sich das Scheitern deutlich: Nur acht Wasserstoff-Pkw fanden im ersten Quartal 2025 den Weg auf die Straße. Insgesamt sind rund 1800 Fahrzeuge mit dieser Technik zugelassen. Die Nachfrage bleibt gering, der Marktdurchbruch rückt in weite Ferne.

Energiepreise und Elektrolyse erschweren Entwicklung

Ein zentraler Engpass bleibt die teure Herstellung. Wasserstoff entsteht per Elektrolyse – einem Verfahren, das viel Strom erfordert. In Deutschland kosten so erzeugte Mengen bis zu zehn Euro je Kilogramm. Grüner Wasserstoff entsteht nur, wenn Ökostrom zum Einsatz kommt – doch genau dieser treibt den Preis.

Andreas Feicht, Ex-Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, bringt es auf den Punkt: „Nördlich von 4 Euro pro Kilo ist Wasserstoff einfach nicht bezahlbar.“ Um als Alternative zu fossilen Brennstoffen zu gelten, müssten die Produktionskosten unter drei Euro sinken – eine derzeit unerreichbare Marke.

Ausbauziele weit verfehlt, Investoren zögern

Zudem bleibt fraglich, ob bis 2030 genug Kapazitäten entstehen. Das Ziel von 10.000 Megawatt Elektrolyseleistung steht – tatsächlich vorhanden sind gerade einmal 110 Megawatt. Der notwendige Ausbau innerhalb von fünf Jahren erscheint unrealistisch. Auch Importe scheitern oft an EU-Vorgaben und einer unklaren Definition dessen, was als „grün“ gilt. Neue Regelungen der EU-Kommission lockern zwar erste Hürden, doch der Rückstand bleibt.

Wissenschaft und Industrie testen derzeit alternative Produktionsmethoden. Günstigere Verfahren könnten mittelfristig helfen. Einige Hersteller halten deshalb an der Technologie fest – allerdings ohne flächendeckende Serienmodelle.


Einzelne Marken setzen weiter auf Wasserstoff

BMW plant den iX5 Hydrogen, jedoch nur in Kleinserie. Toyota bietet den Mirai weiterhin in Deutschland an, Hyundai entwickelt eine neue Generation des Nexo und verkauft bereits Wasserstoff-Lkw. Doch Projekte wie Clevershuttle oder Wasserstoffbusse im Nahverkehr endeten oft im Aus. Selbst auffällige Tankstellenprojekte, etwa in der Hamburger Hafencity, verschwinden zunehmend.

Trotzdem bleibt Wasserstoff für bestimmte Anwendungen relevant. Große Baumaschinen oder Nutzfahrzeuge mit hoher Last könnten langfristig profitieren. Dabei stehen nicht nur Brennstoffzellen im Fokus, sondern auch Motoren, die Wasserstoff direkt verbrennen. MAN treibt diese Ansätze gezielt voran.

Konsequenzen für Beteiligungen wie Symbio

Laut Stellantis bleibt die Entscheidung ohne Einfluss auf Arbeitsplätze. Ingenieure erhalten neue Aufgabenbereiche. Allerdings könnte das Ausstiegssignal Folgen für das Brennstoffzellen-Unternehmen Symbio haben. Stellantis hält ein Drittel der Anteile an dem Joint-Venture mit Michelin und Faurecia. Der Strategiewechsel schwächt das ohnehin fragile Vertrauen in die Wirtschaftlichkeit der Wasserstofftechnik erneut.

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