Ein internationales Industriekonsortium plant einen groß angelegten Importkorridor für Flüssigwasserstoff – mit Ursprung im Oman. Über den Hafen Duqm soll grüner Wasserstoff nach Amsterdam und weiter nach Duisburg transportiert werden. Beteiligt sind Unternehmen aus dem Oman, den Niederlanden und Deutschland, darunter Tata Steel Nederland und die HHLA. Der Energieträger entsteht mithilfe erneuerbarer Energien. Doch trotz ambitionierter Pläne bleiben zentrale Fragen zur Versorgungssicherheit, geopolitischen Risiken und wirtschaftlichen Tragfähigkeit unbeantwortet (reuters: 16.04.25).
Strategische Energiepartnerschaft mit dem Oman
Die Vereinbarung umfasst elf Partner und deckt die gesamte Lieferkette ab. Unterzeichnet wurde sie am 15. April 2025 im Rahmen des Staatsbesuchs Seiner Majestät des Sultans von Oman in den Niederlanden. Das Konzept sieht Verflüssigungsanlagen im Hafen Duqm vor, spezielle Transportschiffe sowie neue Import- und Umschlagkapazitäten in Amsterdam und Duisburg.

Gleichzeitig entstehen Pipelines und ein europaweites Schienennetz zur Verteilung des Wasserstoffs. Die HHLA bringt mit ihrer Bahntochter Metrans logistische Kompetenz ein. Energieminister Salim Nasser Al Aufi hebt hervor: „Diese Partnerschaft reflektiert Omans Verpflichtung, eine führende Rolle in der globalen Wasserstoffwirtschaft einzunehmen.“ Doch genau hier liegt eine der zentralen Schwächen des Projekts: Europa macht sich erneut abhängig – diesmal vom autoritär regierten Oman.
Wirtschaftlicher Kraftakt mit ungewisser Perspektive
Die geplante Lieferkette für Flüssigwasserstoff gilt als technologisch herausfordernd. Anlagen zur Verflüssigung und Lagerung sind teuer, der Transport erfordert Spezialtechnik, die es bislang kaum gibt. Zudem fehlen standardisierte Sicherheitsvorgaben für kryogene Transporte in großem Maßstab.
Trotzdem fließen Milliarden in das Projekt – getragen von der Hoffnung auf saubere Energie und neue Märkte. Die tatsächliche Skalierbarkeit bleibt ungewiss. Auch ist fraglich, wie viel von dem im Oman erzeugten Wasserstoff wirklich in Europa ankommt und zu welchem Preis.
Industrie will sich ein grünes Image verschaffen
Ein Profiteur des Projekts könnte Tata Steel Nederland sein. Der Konzern verhandelt seit Längerem mit der niederländischen Regierung über Subventionen zur Reduktion von Emissionen in seinem Werk in IJmuiden – einem der größten CO₂-Emittenten des Landes.
„In unserer Rolle als großer potenzieller Abnehmer können wir zur Entwicklung einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft in unserer Region beitragen“, erklärt CEO Hans van den Berg. Doch bislang bleibt unklar, ob die Umstellung auf wasserstoffbasierte Prozesse tatsächlich erfolgt oder nur als Vorwand für öffentliche Gelder dient. Ohne politischen Druck und stabile Liefermengen dürfte die Industrie beim fossilbasierten Status quo verharren.
Oman als Energiepartner: Hoffnungsträger oder Risikofaktor?
Laut Internationaler Energieagentur strebt der Oman eine Jahresproduktion von mindestens einer Million Tonnen grünem Wasserstoff bis 2030 an. Die IEA zählt das Sultanat zu den potenziell größten Exporteuren weltweit.
Diese Entwicklung bringt Chancen – aber auch strategische Abhängigkeiten. Europa verlagert seine Energieversorgung erneut in politisch fragile Regionen. Kontrollierbare Preisgestaltung, rechtliche Rahmenbedingungen und langfristige Versorgungssicherheit bleiben offen.
So entsteht zwar ein symbolträchtiges Projekt für die Energiewende, doch dahinter verbirgt sich möglicherweise ein kostspieliger Irrweg. Europas grüne Zukunft könnte erneut an fremden Interessen hängen – diesmal nicht an Pipelineventilen in Sibirien, sondern an Wasserstofftanks im Wüstenstaat Oman.
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