Der Umbau der Wirtschaft durch die grüne Transformation bietet eigentlich enorme Chancen für viele deutsche mittelständische Betriebe. Bundeskanzler Scholz hat vor kurzem sogar noch versprochen, dass die grüne Transformation ein neues Wirtschaftswunder auslösen wird. Doch um diese Chancen zu nutzen, setzt dies bei den politischen Entscheidungen wirtschaftliches Denken voraus. Der Fall Viessmann zeigt eindrücklich, dass die Bundesregierung, insbesondere der grüne Wirtschaftsminister, nicht gewillt oder eher nicht in der Lage ist, diese Chancen zu nutzen (Cicero: 28.04.23).
Diskussionen um den Verkauf von Viessmanns Climate Solutions an Carrier Global
Aufgrund der Entscheidung einer Eigentümerfamilie, ein florierendes Unternehmen mit glänzenden Wachstumsaussichten in einem hochprofitablen Markt zu verkaufen, sind intensive Diskussionen entstanden. Einige mutmaßen, dass es pure Gier sei, während andere es als strategische Weitsicht betrachten. Der Fall Viessmann wird von verschiedenen Perspektiven betrachtet, wie Matthias Huber, Professor für Energiesysteme, auf Twitter feststellt: „Jeder versucht den Deal unbedingt so darzustellen, dass er ins eigene Weltbild passt. Von ‚Zeichen für Leistungsfähigkeit deutscher Unternehmen‘ (Minister Habeck) bis zum direkten Untergang des Abendlandes ist alles dabei. Die Polarisierung schreitet voran“.
Der Verkauf des Kerngeschäfts Climate Solutions von Viessmann an die US-Firma Carrier Global, das für 85 Prozent des Umsatzes steht, ist bedauerlich für das hessische Familienunternehmen mit über 100-jähriger Tradition. Allerdings ist es nicht ungewöhnlich, dass Unternehmen ins Ausland verkauft werden, da auch deutsche Unternehmen im Ausland übernehmen. Es ist jedoch berechtigt, sich zu fragen, warum ein so zukunftsträchtiges Geschäft wie Wärmepumpen genau zu dem Zeitpunkt verkauft wurde, an dem die Bundesregierung mit dem geplanten Heizungsverbot dem Markt einen gewaltigen Schub verleiht.
Warum der Verkauf von Viessmanns Kerngeschäft Climate Solutions strategisch sinnvoll war
Es ist schwierig, diese Frage von außen zu beantworten, aber es gibt viele Anhaltspunkte dafür, dass es die beste Entscheidung war und der Zeitpunkt genau richtig war. Die Politik der Bundesregierung hat wahrscheinlich auch einen entscheidenden Anteil daran.
Wärmepumpen sind keine Wundertechnologie. Das erste Modell wurde von der deutschen Firma Viessmann im Jahr 1978 auf den Markt gebracht. Obwohl Deutschland der Marktführer ist, spielt es auf dem Weltmarkt keine große Rolle und wird es auch in Zukunft nicht sein, selbst wenn die Pläne der Bundesregierung umgesetzt werden.
Die Herstellungskosten sind ein entscheidender Faktor für den Erfolg im Wärmepumpenmarkt, trotz der technologischen Stärken der deutschen Anbieter. Die Kosten hängen stark vom Produktionsstandort ab, was ein Grund dafür sein könnte, dass Viessmann kürzlich ein neues Werk in Polen eröffnet hat. Zudem sind die Kosten auch von der Menge der produzierten Geräte abhängig, was man als sogenannte Skaleneffekte bezeichnet.
Je mehr Geräte produziert werden, desto niedriger sind die Kosten pro Stück. Dies liegt zum einen daran, dass bestimmte Kosten, wie z. B. Entwicklungskosten, auf eine größere Menge an Geräten verteilt werden können. Zum anderen spielen auch Erfahrungseffekte eine Rolle. Wer mehr Geräte produziert, lernt auch mehr über mögliche kleine Verbesserungen, die in der Summe viel ausmachen können. Daher ist es wichtig, eine möglichst große Menge an Wärmepumpen herzustellen, um im Markt bestehen zu können.
Finanzierung der Investitionen im Wärmepumpenmarkt: Herausforderungen und Rolle der Politik
Wenn ein Unternehmen im Wärmepumpenmarkt erfolgreich sein möchte, ist es notwendig zu investieren. Viessmann hat in den letzten Jahren erhebliche Investitionen getätigt, um die Gewinne in einem stark wachsenden Markt zu nutzen. Doch die Frage ist, ob ein Unternehmen in der Lage ist, die erforderlichen Investitionen zu finanzieren.
Es reicht nicht aus, dass das Geschäft an sich profitabel ist. In einem stark wachsenden Markt muss ein Unternehmen viel mehr Geld investieren, als es aus dem laufenden Geschäft erwirtschaftet, um neue Produktionskapazitäten zu schaffen. Das Geschäft mit Wärmepumpen ist ein solches Geschäft: Es ist zwar profitabel, aber „Cash-negativ“, da es mehr Geld benötigt, als es erwirtschaftet. Hier spielt die Politik eine wichtige Rolle, da die Heizwende der Bundesregierung den Kapitalbedarf massiv erhöht und die Finanzierung gleichzeitig erschwert hat.
Aufgrund der Heizwende der Bundesregierung wurde der Markt für Elektro-Wärmepumpen über Nacht und per Gesetz zum gesamten Markt. Obwohl sie nur in knapp drei Prozent der deutschen Häuser verbaut sind, lag ihr Anteil am jährlichen Absatz von Heizungen im Jahr 2022 erstmals bei über 20 Prozent. Diese Verfünffachung des Marktes erfordert erhebliche Kapazitätserweiterungen und lockt Wettbewerber an, die zuvor nicht im Fokus waren. Normalerweise hätten Viessmann und andere deutsche Hersteller ihre Kapazitäten sukzessive erhöht, um ihre Position im Markt zu verteidigen. Doch aufgrund der politischen Rahmenbedingungen war diese Chance hinfällig.
Verbot von Öl- und Gasheizungen erschwert Investitionen in Wärmepumpen
Das Verbot von Öl- und Gasheizungen war die zweite Wirkung der Politik. Obwohl Wärmepumpen profitabel sind, erfordern sie erhebliche Investitionen, um zu wachsen. Im Gegensatz dazu sind Öl- und Gasheizungen für Hersteller profitabel und erfordern keine oder nur geringe Investitionen. Betriebswirte sprechen von „Cashcows“, da sie zu einem deutlichen Zufluss an Liquidität führen, den Unternehmen nutzen können, um in neue, zukunftsfähige Bereiche zu investieren. Das Ziel der Politik war es vermutlich, die Liquiditätsüberschüsse aus dem traditionellen Bereich zu nutzen, um im Bereich der Wärmepumpen so groß zu werden, dass man mithalten kann.
Die Bundesregierung hat durch das Verbot der alten Heizungen die Strategie der Unternehmen, durch die Gewinne aus dem traditionellen Bereich in den Bereich der Wärmepumpen zu investieren, zerstört. Es ist nun ohne die Einnahmen aus diesem Bereich schwierig, den Umbau in Richtung Zukunft zu finanzieren. Viessmann war daher auf externe Finanzierung angewiesen und musste entscheiden, ob sie das Risiko eingingen, mithilfe von Dritten schnell genug zu wachsen oder das Geschäft aufgrund der starken Marktstellung in Deutschland zu verkaufen. Aufgrund der Risiken und Rahmenbedingungen in Deutschland – einschließlich hoher Energiekosten, demografischem Wandel und einer Politik, die den Standort Deutschland nicht priorisiert – wäre vernünftig gewesen, der Familie Viessmann zum Verkauf zu raten.
Bundesregierung leugnet Verantwortung für Verkauf von Viessmann-Produktionseinheiten
Die Bundesregierung weigert sich, jegliche Verantwortung für die Entwicklung zu übernehmen. Sogar die FDP behauptet, dass der Verkauf der Viessmann-Produktionseinheiten bedeute, dass ausländische Investoren Deutschland als interessanten Produktionsstandort betrachten. Diese Annahme ist jedoch falsch. Die Investoren zahlen für den besseren Zugang zu den Installateuren und Kunden und es ist absehbar, dass in einem Markt, wo es letztlich nur um Kosten geht, die Produktion nicht in Deutschland verbleibt.
Bundesminister Habeck geht noch weiter und behauptet, der Verkauf zeige, dass der Markt für Wärmepumpen so attraktiv sei, dass er Investitionen anzieht. In Wirklichkeit ist der Kauf vorhandener Kapazitäten jedoch keine Investition und die Tatsache, dass einem Unternehmen mit über 100-jähriger Tradition die Möglichkeit genommen wurde, aus eigener Kraft in dem Markt zu bestehen, ist das Gegenteil einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik.
Doch das ist noch nicht alles. Habeck behauptet, dass die von ihm verantwortete Energie- und Wärmewende große Werte und Wachstum schaffen würde. In Deutschland wird jedoch keine Wertschöpfung stattfinden, da Habeck und die Bundesregierung den hiesigen Herstellern jegliche Chance genommen haben, am Zukunftsmarkt teilzunehmen. Stattdessen werden Wärmepumpen aus ausländischer Produktion mit Kohlestrom betrieben, anstatt traditionelle Heizungen zu nutzen.
Grüne Transformation: Warum wirtschaftliches Denken erforderlich ist
Es kam nicht überraschend, dass Habeck und andere politische Entscheidungsträger mit den Risiken einer überstürzten Wende vertraut waren. Schon im Februar 2022 warnte Unternehmer Max Viessmann in einem Interview mit der FAZ deutlich vor den Gefahren und stellte die Aussagen der Studien der Agora-Energiewende zum Thema infrage. Ironischerweise wird diese Studie heute als Blaupause für die Heizungswende verwendet und von ehemaligen Mitarbeitern der Agora, die nun als Staatssekretäre im Ministerium für Klimaschutz und Wirtschaft tätig sind, mit Nachdruck durchgesetzt. Das Motto lautet: Klimaschutz vor Wirtschaft.
Wir können daraus lernen, dass die „grüne Transformation“ nicht automatisch ein Wirtschaftswunder hervorbringt, wie von Habeck und Co. behauptet. Zumindest nicht in Deutschland, wenn die grüne Transformation weiterhin auf diese Art und Weise gestaltet wird. Natürlich bietet die Umgestaltung der Wirtschaft enorme Chancen. Doch um diese zu nutzen, ist wirtschaftliches Denken erforderlich. Es ist bedauerlich, dass die Bundesregierung, insbesondere der grüne Wirtschaftsminister, weder willens noch fähig ist, dies zu tun, wie wir gerade erleben mussten.
Deutschland verliert erneut einen Industriezweig: Die Heizungstechnik
Leider ist es unwahrscheinlich, dass wir aus dem Verlust eines weiteren Industriezweigs nach der Photovoltaik lernen werden. Deutschland lebt von Branchen, die schon existierten, als es noch einen Kaiser gab. Wir haben bereits viele Branchen verloren, in denen wir einst Weltspitze waren, wie zum Beispiel Unterhaltungselektronik, Fotografie oder Pharmazie. Jetzt folgt unweigerlich die Heizungstechnik. Vermutlich wird auch die Automobilindustrie denselben Weg gehen. Chinesische Anbieter sind bereits in vielen Bereichen führend und die Politik hierzulande setzt alles daran, die Cashcow möglichst schnell zur Schlachtbank zu führen.
Natürlich geht das Abendland durch die grüne Transformation nicht unter. Aber eine Nation, die einst wohlhabend war, sieht ihre Zukunft darin, ausländische Industrien durch staatliche Subventionen und Verbote aufzubauen und eigene Industrien abzuwickeln. Das ist kein Zufall, sondern Absicht.