Volkswagen, Europas größter Autokonzern, steckt in einer tiefen Krise. Die schlechte finanzielle Lage zwingt das Unternehmen zu drastischen Einschnitten. Erstmals seit 30 Jahren könnte es in Deutschland zu betriebsbedingten Kündigungen und Werkschließungen kommen. Laut Finanzchef Arno Antlitz gibt der Konzern mehr Geld aus, als er einnimmt. Der Absatz von 500.000 Fahrzeugen fehlt, was den Produktionskapazitäten von zwei Werken entspricht. Der Sparkurs soll daher weiter verschärft werden, um die finanzielle Stabilität wiederherzustellen. Welche Werke und wie viele Stellen betroffen sind, bleibt jedoch unklar (merkur: 07.09.24).
Widerstand von Belegschaft und Gewerkschaften
Die angekündigten Sparmaßnahmen, die auch Werkschließungen betreffen könnten, sorgen bei Belegschaft und Gewerkschaften für erhebliche Unruhe. Betriebsratschefin Daniela Cavallo erklärte, es dürfe keine Lohnkürzungen oder Entlassungen geben.
Auch Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall, warnt vor heftigem Widerstand, sollte VW diese Pläne durchsetzen. Trotz der starken Ablehnung signalisiert die Gewerkschaft Gesprächsbereitschaft, um gemeinsam Lösungen zu finden. Die Unsicherheit unter den Beschäftigten wächst, denn ein Plan zur Sicherung der Arbeitsplätze fehlt bisher.
Kritische Fehler in der Unternehmensstrategie
Experten sind sich einig, dass Volkswagen strategische Fehler gemacht hat. Der Konzern habe den Umstieg auf Elektromobilität verschlafen, sagen Experten wie Beatrix Keim und Jens Südekum. Während andere Hersteller schneller auf Elektrofahrzeuge setzten, hielt VW lange am Verbrennungsmotor fest. Zudem setzte der Konzern stark auf den chinesischen Markt, wo die Konkurrenz mittlerweile auf Augenhöhe agiert. Auch die Bundesregierung trägt einen Teil zur Krise bei, da sie die Kaufprämie für E-Autos gestrichen hat, was zu einem Rückgang der Verkaufszahlen führte.
Zukunftsorientierte Lösungen wie die Einführung einer Vier-Tage-Woche könnten helfen Werkschließungen und Entlassungen zu vermeiden. Dennoch bleibt die Zukunft der deutschen Autoindustrie unsicher, insbesondere für Volkswagen. Die Herausforderungen, vor denen der Konzern steht, sind hausgemacht, aber externe Faktoren verstärken die Krise.
Staatliche Unterstützung? Experten fordern Eigenverantwortung
Die Frage, ob der Staat Volkswagen finanziell unterstützen sollte, wird kontrovers diskutiert. Experten wie DIW-Präsident Marcel Fratzscher sprechen sich dagegen aus. Sie betonen, dass es die Aufgabe des Managements sei, das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Staatliche Subventionen könnten nicht die Managementfehler der letzten Jahre ausgleichen. Stattdessen fordern sie Investitionen in Innovation, Digitalisierung und Fachkräfte, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Dividendenausschüttung. Trotz der Krise schüttete VW kürzlich 4,5 Milliarden Euro an Aktionäre aus, was bei vielen auf Unverständnis stößt. Der Porsche-Piëch-Clan, der 53 Prozent des Unternehmens hält, profitierte stark davon. Einige Experten sind der Meinung, dass diese Mittel besser in die Sicherung von Arbeitsplätzen und die technologische Weiterentwicklung des Unternehmens geflossen wären.
Strukturelle Probleme und notwendige Reformen
Die Krise bei VW hat auch strukturelle Ursachen. Kritiker bemängeln, dass viele Marken des Konzerns ineffizient geführt werden. Nur vier Marken – VW, Audi, Porsche und Bentley – gelten als wirklich profitabel. Eine Zusammenlegung der Vorstände kleinerer Marken könnte enorme Einsparungen bringen. Allein durch die Verschlankung der Führungsebene könnten laut Insidern sofort eine Milliarde Euro eingespart werden.
Die Zukunft des Konzerns hängt davon ab, wie schnell und entschlossen VW auf die Herausforderungen reagiert. Neben dem Stellenabbau muss sich das Unternehmen auch technologisch neu aufstellen, um im Bereich der Elektromobilität nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten.
Das Jahr 2025 wird für den Konzern entscheidend sein, denn es zeigt sich, ob Volkswagen aus seinen Fehlern gelernt hat oder ob die Krise sich weiter verschärft.
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