Mit dem steigenden Interesse an Wärmepumpen aufgrund des drohenden Verbots für Öl- und Gasheizungen drängen nun vermehrt ausländische Unternehmen auf den deutschen Heizungsmarkt. Bei den Herstellern von Wärmepumpen herrscht Goldgräberstimmung. Laut Informationen von zwei Personen aus dem Unternehmensumfeld bestätigte der hessische Heizungsbauer Viessmann jetzt, dass er beabsichtigt, seine Wärmepumpensparte in die USA zu verkaufen (WSJ: 24.04.23).
Viessmann in fortgeschrittenen Verhandlungen über Verkauf von Wärmepumpengeschäft an Carrier Global
Viessmann befindet sich nach Angaben von Insidern in fortgeschrittenen Verhandlungen mit dem Klimaanlagenhersteller Carrier Global aus Florida bezüglich des Verkaufs eines Unternehmensanteils im Geschäftsbereich Klimalösungen, zu dem auch die Wärmepumpenproduktion gehört. Die Bewertung des zum Verkauf stehenden Anteils beläuft sich auf etwa elf Milliarden Euro inklusive Schulden. Laut Informationen auf der Unternehmenswebsite von Viessmann ist dieser Bereich das „wirtschaftliche Herz“ der Viessmann Group und macht 85 Prozent des Umsatzes aus.
Voraussichtlich von dem Verkauf ausgenommen sind die Bereiche Kältelösungen, Investmentbeteiligungen, Real Estate, die Digitalsparte sowie Stiftungen. Insider erwarten, dass der Verkauf noch in dieser Woche offiziell verkündet wird. Laut Berichten wird die Viessmann-Familie den Kaufpreis teilweise in Aktien und teilweise in bar erhalten. Ein Sprecher von Viessmann wollte sich am Montagabend nicht zu den Informationen äußern. Als Reaktion auf die Berichte sank der Aktienkurs von Carrier Global in New York um knapp acht Prozent.
Viessmann verkauft Wärmepumpengeschäft: Ein Schritt im Wandel des deutschen Heizungsmarkts
Laut einer Quelle aus dem Unternehmensumfeld soll der Standort des Unternehmens und der Wärmepumpenproduktion in Allendorf in Hessen verbleiben. Viessmann beschäftigt derzeit rund 14.500 Mitarbeiter und gab an, dass der Umsatz im vergangenen Jahr um 19 Prozent auf vier Milliarden Euro gestiegen ist. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) betrug 2021 375 Millionen Euro. Seit seiner Gründung im Jahr 1917 befindet sich Viessmann nach wie vor in Familienbesitz, sowohl in Bezug auf den Vorstandsvorsitz als auch auf den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden.
Der nun vereinbarte Verkauf von Viessmann könnte auf den tiefgreifenden Wandel am deutschen Heizungsmarkt zurückzuführen sein. Wärmepumpen gelten in Deutschland als bevorzugte Heizungsoption der Zukunft, da die Bundesregierung im Zuge der Energiewende das Ende von Gas- und Ölheizungen anstrebt.
Traditionelle deutsche Heizungshersteller wie Viessmann waren lange Zeit führend im Bereich der Gasheizungen. Jedoch stehen sie bei Wärmepumpen im Wettbewerb mit asiatischen und amerikanischen Unternehmen.
Wärmepumpenmarkt im Wandel
Viessmann benötigt nicht unbedingt aus finanziellen Gründen einen ausländischen Investor, jedoch ist eine Konsolidierung auf dem Wärmepumpenmarkt absehbar. Asiatische Unternehmen haben aufgrund ihrer größeren Produktionskapazitäten und Skaleneffekte Vorteile und sind bereits seit Jahrzehnten in der Herstellung von Klimaanlagen tätig, die technisch den Wärmepumpen ähneln.
Im Gegensatz dazu haben deutsche Unternehmen, wie Viessmann, Vaillant oder Bosch Buderus im vergangenen Jahr aufgrund von Lieferkettenproblemen Schwierigkeiten gehabt, ihre Lieferfähigkeit aufrechtzuerhalten.
Asiatische Hersteller gewinnen an Bedeutung in Deutschland
Daikin, Mitsubishi, Samsung und Panasonic sind mittlerweile die wichtigsten Konkurrenten für deutsche Hersteller auf dem Wärmepumpenmarkt. Dennoch haben sie es immer noch vergleichsweise schwer, im deutschen Markt Fuß zu fassen. Dies liegt daran, dass der Vertrieb von Wärmepumpen in Deutschland über Handwerker läuft, und diese in der Regel an eine bestimmte Marke gewöhnt sind. Wenn ein Handwerker beispielsweise von Viessmann ausgebildet wurde, neigt er dazu, bevorzugt Viessmann-Geräte einzubauen, da er sich damit gut auskennt. Gleiches gilt auch für Unternehmen, die Heizungen warten.
Bisher wurden Wärmepumpen von asiatischen oder amerikanischen Herstellern deutlich seltener empfohlen und eingebaut. Jedoch hat sich dies in den letzten Monaten zunehmend geändert. Einige Handwerker haben erstmals asiatische Produkte in ihr Angebot aufgenommen, da deutsche Hersteller ihnen keine ausreichenden Lieferungen von Wärmepumpen zur Verfügung stellen konnten.
Nun jedoch erhält ein großer US-Klimaanlagenhersteller Zugang zum deutschen Markt und den deutschen Handwerkern. Von ihrem zuletzt gemeldeten Umsatz von 20,4 Milliarden Dollar stammen bisher 60 Prozent aus Nord- und Südamerika, während lediglich 23 Prozent aus Europa kommen. Doch in ganz Europa eröffnet sich derzeit ein riesiger Markt für Wärmepumpen.
Gemäß den Plänen der Bundesregierung soll ab 2024 jede neu installierte Heizung zu mindestens 65 Prozent auf erneuerbaren Energien basieren. In vielen Fällen wird dies daher auf den Einsatz von Wärmepumpen oder einer Kombination aus Wärmepumpe und Gasheizung hinauslaufen, wenn es um den Austausch von Heizungen geht.