Offshore-Windparks gelten als Motor der Energiewende. Doch ihr Einfluss auf die Meeresumwelt bleibt bislang unterschätzt. Neue Studien decken tiefgreifende Veränderungen auf. Die Anlagen bremsen Windgeschwindigkeiten, beeinflussen Strömungen und verändern biogeochemische Prozesse. Selbst Temperaturverläufe und Sauerstofftransport geraten aus dem Gleichgewicht (spektrum: 01.08.25).
Folgen für die Meeresumwelt: Strömungen im Wandel
Durch den Energieentzug verlieren Winde an Kraft, was großflächige Nachlaufeffekte auslöst. Diese Effekte breiten sich über Dutzende Kilometer aus. Dabei verändern sich nicht nur oberflächennahe Strömungen, sondern auch vertikale Wasserbewegungen. Messungen zeigen eine Reduktion der Strömungsgeschwindigkeit um bis zu zehn Prozent.

Diese Veränderungen betreffen auch den Austausch von Wärme, Gasen und Nährstoffen zwischen Atmosphäre und Ozean. Die physikalischen Verschiebungen greifen tief in bestehende marine Systeme ein. Besonders betroffen: empfindliche Schelfregionen mit stabiler Wasserschichtung.
Bauwerke im Meer stören natürliche Schichtung
Fundamente der Offshore-Anlagen verursachen zusätzliche Strömungsturbulenzen. Sie durchbrechen die Schichtung von warmem Oberflächenwasser und kalten Tiefenzonen. Dies beeinflusst den Nährstofftransport erheblich. Die sogenannte „anthropogene Durchmischung“ entsteht nicht durch Wetterphänomene, sondern durch die Technik selbst.
In der Nordsee veranschaulichen Modellrechnungen, wie massiv sich diese Prozesse auf die Meeresumwelt auswirken. Die ökologische Balance verschiebt sich. Mikroorganismen, Plankton und Fische reagieren empfindlich auf selbst kleinste Änderungen bei Temperatur oder Salzgehalt.
Biologische Prozesse unter Druck
Einige Studien belegen eine veränderte Produktivität im Planktonbereich – teils mit positiven, teils mit negativen Effekten. In bestimmten Regionen steigt die biologische Aktivität, in anderen fällt sie deutlich. Entscheidend ist dabei nicht nur der Standort, sondern auch die Jahreszeit und die jeweilige Meerestiefe.
Planktonarten wandern oder verschwinden, Sauerstoffwerte am Boden sinken. Die Meeresumwelt verändert sich mit jeder neuen Windkraftanlage unter Wasser. Noch fehlen allerdings langfristige Messdaten, um alle Zusammenhänge präzise einordnen zu können.
Langfristige Risiken unzureichend erforscht
Die ökologische Bedeutung kumulativer Effekte – etwa bei mehreren Windparks in Küstennähe – bleibt noch offen. Auch Rückbau und Alterung technischer Anlagen könnten die Meeresumwelt zusätzlich belasten. Trotz guter Modellierung mangelt es bislang an langfristigen Beobachtungen.
Die Energiewende verlangt nicht nur technologische Innovation, sondern auch ökologische Weitsicht. Die Meeresumwelt muss Teil der Planung sein – sonst drohen unbeabsichtigte Folgen für ein ohnehin sensibles System.
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